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Kindesentführung in der High SocietySteak-House-Erbin Christina Block drohen bis zu zehn Jahre Haft

Lesezeit 5 Minuten
Unter dringendem Tatverdacht: Christina Block soll die Entführung ihrer eigenen Kinder organisiert haben.

Unter dringendem Tatverdacht: Christina Block soll die Entführung ihrer eigenen Kinder organisiert haben.

Christina Block steht vor Gericht, weil sie die Entführung ihrer eigenen Kinder geplant haben soll. Der Prozess wird große Aufmerksamkeit erregen. Neben Christina Block sind auch sechs weitere Personen angeklagt. Der EntführungFall wird als „besonders schwer“ eingestuft.

Die Erbin der Restaurantkette Block House, Christina Block, wird wahrscheinlich ab Juli vor der Großen Strafkammer 32 des Hamburger Landgerichts stehen. Zwar hat das Gericht noch nicht abschließend über die Verfahrenseröffnung beschieden, doch nach Informationen unserer Redaktion laufen bereits die Vorbereitungen für den Mammutprozess, der bundesweit für Aufsehen sorgen wird. Auftakt soll wahrscheinlich am Freitag, 11. Juli, um 9.30 Uhr sein. Der Prozess könnte sich bis kurz vor Weihnachten 2025 hinziehen.

Christina Block wird von der Staatsanwaltschaft der schweren Entziehung Minderjähriger in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und Freiheitsberaubung beschuldigt. Es wird ihr laut Anklageschrift vorgeworfen, die Entführung ihrer beiden eigenen Kinder in der Neujahrsnacht von 2023 auf 2024 geplant und in Auftrag gegeben zu haben. Der Fall hatte deutschlandweit Schlagzeilen gemacht.

Dieser Prozess dürfte der vorläufige Höhepunkt eines Sorgerechtsstreits sein, der die High Society in Hamburg und darüber hinaus seit Jahren bewegt. Aus der geschiedenen Ehe von Christina Block und ihrem Ex-Mann Stephan Hensel sind insgesamt vier Kinder hervorgegangen. Um das Sorgerecht für zwei der Kinder haben die Eltern verschiedene gerichtliche Verfahren geführt, insbesondere um das Recht, deren Aufenthaltsort zu bestimmen. Der Junge und das Mädchen leben seit mehr als zwei Jahren beim Vater in Dänemark. Zuletzt hatte das Bundesverfassungsgericht eine Beschwerde Blocks abgewiesen.

Auch Ex-Sportmoderator Delling gehört zu den Beschuldigten

Neben der Steak-House-Erbin werden sich wahrscheinlich auch sechs weitere Beschuldigte vor der Großen Strafkammer verantworten müssen. So der Israeli Tal S.: Er soll an der Entführung in der Silvesternacht beteiligt gewesen sein. Der Mann war am 27. September 2024 bei seiner Einreise nach Zypern festgenommen und nach Hamburg ausgeliefert worden. Er sitzt seitdem in U-Haft. Weitere Tatverdächtige, die nach der Entführung von Frankfurt nach Israel ausgeflogen waren, sind weiterhin flüchtig.

Ex-ARD-Sportmoderator Gerhard Delling, der Lebensgefährte von Christina Block, wird der Beihilfe zur schweren Entziehung Minderjähriger beschuldigt. Delling sagte dem NDR, er habe in seinem ganzen Leben noch nichts Unrechtes getan. Angeklagt wird auch ein enger Vertrauter von Firmenpatriarch Eugen Block, Christinas Vater. Er steht im Verdacht, im Vorfeld der Tat Informationen beschafft und logistische Unterstützung geleistet zu haben.

Eine zentrale Rolle in dem Entführungsfall soll das Grand Hotel Elysée Hamburg spielen. In dem Fünf-Sterne-Hotel sollen die Entführer mit falschen Namen teilweise mehrere Wochen untergekommen sein. Laut Anklageschrift sollen dadurch allein für Unterkunft und Verpflegung Kosten in Höhe von 221.710 Euro entstanden sein.

Was geschah in der Silvesternacht?

Was sich in der Silvesternacht kurz nach dem Feuerwerk in dem dänischen Hafenstädtchen Grasten unweit der deutschen Grenze abspielte, lässt sich aus Dokumenten, die unserer Redaktion vorliegen, sowie der Anklageschrift rekonstruieren. Es gleicht einem Albtraum.

Maskierte Männer schlagen demnach Blocks Ex-Mann nieder. Stephan Hensel wird gewaltsam zu Boden gestoßen, geschlagen und getreten. Er erleidet blutige Abschürfungen und großflächige Hämatome im Gesicht, an den Schultern und Oberschenkeln, wie Bilder der dänischen Polizei beweisen.

Die beiden Kinder sind in Todesangst, nicht nur um sich selbst, sondern auch um ihren Vater. Sie werden gewaltsam in einen Citroën gezerrt. Die Tätergruppe flieht in zwei am Hamburger Flughafen angemieteten Wagen. Dem Mädchen wird der Mund mit Klebeband zugeklebt, um ihre Hilfeschreie zu unterbinden. Zusätzlich werden ihre Hände gefesselt.

Der Junge betätigt mehrfach einen Notfallknopf, den er schon seit Monaten trägt, nachdem es in Dänemark schon einmal einen mutmaßlichen Entführungsversuch gegeben hatte. Die dänische Polizei hatte die gesamte Familie wegen ihrer Gefährdung mit Notfallknöpfen ausgestattet, die auch Mikrofone besitzen.

Kinder in Todesangst versetzt

Die Grenze wird in einem Wäldchen zu Fuß passiert. Einer der Täter versucht die Kinder zu beruhigen, alles werde gut, sie kämen zu ihrer Mutter. Doch der Junge schreit, dass sie nicht zur Mutter wollen, weil diese ihnen wehtue. Als dänische Polizeibeamte mit Taschenlampen in der Ferne auftauchen, wird auch ihm der Mund mit Klebeband zugeklebt.

Das Mädchen, das sich an einem Baum festhält, wird weiter gezerrt. Die Täter drohen den Kindern, dass sie ihnen wehtun und sie töten können, wenn sie nicht tun, was sie sollen, wie aus der Anklageschrift hervorgeht. Um eine GPS-Ortung zu verhindern, werden dem Jungen seine Kette mit Notrufknopf und dem Mädchen eine Schmuckkette vom Hals gerissen und weggeworfen.

Die beiden Kinder wurden anschließend in einem Wohnwagen auf einen Bauernhof in Süddeutschland gebracht. Dort soll Christina Block sie laut Anklageschrift getroffen haben, um am 2. Januar mit ihnen nach Hamburg zurückzufahren. Das Entführungsdrama dauerte bis zum 5. Januar 2024 an. Damals entschied ein Hamburger Gericht, dass die Kinder zu ihrem Vater zurückkehren müssen.

Im Falle einer Verurteilung droht Christina Block eine Gefängnisstrafe. Der Strafrahmen für die schwere Entziehung Minderjähriger gemäß § 235 Abs. 4 StGB sieht eine Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren vor. Da die Staatsanwaltschaft von einem „besonders schweren Fall“ ausgeht und Christina Block darüber hinaus gefährliche Körperverletzung und Freiheitsberaubung vorwirft, muss die Block-House-Erbin im Falle einer Verurteilung fürchten, nicht mehr mit einer Bewährungsstrafe davonzukommen.

Verteidiger macht gestorbene Großmutter verantwortlich

Christina Block hatte bisher jede Schuld von sich gewiesen. Ihr Hamburger Verteidiger wollte nicht mit unserer Redaktion sprechen. In einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur hatte er Anfang Mai dieses Jahres die bereits gestorbene Großmutter der Kinder als Auftraggeberin für die Entführungsaktion beschuldigt.

„Nach den durch Frau Block und mich geführten Ermittlungen wurde festgestellt, dass die Großmutter, die ihre Enkel liebte, und unter der rechtswidrigen Entführung der beiden Enkel schwerste psychische Schäden erlitten hatte, den Auftrag wohl erteilt hatte, die Kinder aus Dänemark wieder zurückzuholen“, sagte Blocks Verteidiger demnach. Die Ehefrau von Steakhaus-Gründer Eugen Block war im Juli 2023 verstorben, also einige Monate vor der Entführung.

Der Bruder und die Schwester leiden bis heute unter den Folgen der traumatischen Entführung, wie aus psychologischen Gutachten hervorgeht. Die dänischen Behörden hatten sich um die beiden Kinder auch schon während des langjährigen Sorgerechtsstreits intensiv gekümmert.

Wiederholt hatten die Kinder gegenüber von Gutachtern und Familiengerichten klargestellt, dass sie Angst vor ihrer Mutter hätten und deshalb beim Vater bleiben wollten. Die Familie von Stephan Hensel lebt weiterhin unter Zeugen- und Opferschutz in Dänemark. Die Kinder besuchen mit neuen Identitäten die Schule.