Ausstellung in WipperfürthAls der Kühlschrank noch Luxus war

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Ninon Noack, Volontärin beim Landschaftsverband Rheinland, hat die neue Dauerausstellung im Freilichtmuseum konzipiert. 

Lindlar – Frische Lebensmittel werden im Kühlschrank aufbewahrt, sind sie aufgebraucht, kauft man im Supermarkt neue. Das war nicht immer so. Erst in den 1950er Jahren hielt der Kühlschrank Einzug in die Küchen, sehr wohlhabende Familien konnten sich schon um die Jahrhundertwende moderne Eisschränke leisten, die Lebensmittel mit Natureis kühlten. Für die restliche Bevölkerung, vor allem auf dem Land, war es überlebenswichtig, das selbst Angebaute über einen längeren Zeitraum haltbar zu machen.

Mit diesem zentralen Thema der Konservierung von Lebensmitteln befasst sich eine neue Dauerausstellung im LVR Freilichtmuseum in Lindlar.

Herzstück der Ausstellung ist ein alter Dörrofen, der auf einem Bauernhof in Rösrath-Großhecken bis in die 20er Jahre des letzten Jahrhunderts dazu genutzt wurde, um Äpfel, Birnen und Pflaumen von den eigenen Streuobstwiesen zu trocknen und so nahezu unbegrenzt haltbar zu machen.

300 Kilo Obst passen in den Dörrofen

Beim Dörren wird den Lebensmitteln durch warme Luft Feuchtigkeit entzogen, im getrockneten Zustand sind sie weniger anfällig für Bakterien und Schimmelpilze. Rund sechs Zentner (300 Kilogramm) Pflaumen konnten in einem Arbeitsgang gleichzeitig im Dörrofen getrocknet werden, der Arbeitsgang konnte dann aber auch bis zu 48 Stunden dauern. Das Obst, darunter auch Fallobst und beschädigte Früchte, wurde auf Hurden, so wurden die Schubladen ähnlichen Fächer genannt, verteilt und in den Ofen geschoben. Feuer in der Brennkammer unter dem Ofen sorgte für die nötige Hitze, die allerdings auch nicht zu groß sein durfte.

Informationen für Besucher

Das LVR-Freilichtmuseum Lindlar hat aktuell täglich außer montags von 10 bis 18 Uhr für alle Besucher geöffnet, bis Ende Juni ist der Eintritt frei. Es sind nicht alle Häuser im Museum geöffnet, das gilt derzeit auch für die Scheune aus Rösrath. Besucher können die Ausstellungsobjekte aber von außen betrachten.

Auf dem Museumsgelände gelten die aktuellen Hygiene- und Abstandsregeln, in geschlossenen Gebäuden müssen Besucher eine medizinische Maske tragen. Veranstaltungen wird es im Freilichtmuseum vermutlich bis zum Ende der Sommerferien nicht geben. (ldi)

Eine verantwortungsvolle Aufgabe, die vor allem von Frauen bewältigt wurde. Weil im unteren Bereich des Ofens etwa 35 Grad Celsius herrschten, im oberen aber bis zu 60 Grad, mussten die Hurden immer herausgenommen und wieder umgesetzt werden. War der Prozess beendet, hatte man Dörrobst für den ganzen Winter.

„Und wenn das Obst doch nochmal ein bisschen Schimmel angesetzt hat, dann hat man es einfach nochmal gedörrt“, erklärt Ninon Noack.

Geschichte über mehrere Generationen

Sie arbeitet als wissenschaftliche Referendarin für Volkskunde im Museum und hat die Ausstellung konzipiert. Für ihre Texte und Bilder, die auch von der Geschichte des Hofes in Rösrath-Großhecken über mehrere Generationen erzählen, hat sie in Archiven recherchiert und viele Interviews geführt, unter anderem mit alten Nachbarn, die den Hof noch im Betrieb kannten und mit dem früheren Besitzer Richard Kröber, von dem die alte Scheune stammt, in der die Ausstellung Platz gefunden hat.

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Zahlreiche weitere Exponate zum Thema Konservierung von Lebensmitteln sind dort zu sehen, etwa alte Krautfässer, Steinguttöpfe und Einmachgläser, die anschaulich machen, wie man bis vor wenigen Jahrzehnten aufwändig das geregelt hat, was Kühlschrank und Supermarkt heute zur Selbstverständlichkeit machen.

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