Auto mit Beton übergossen

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BONN. Wenn in 300 Jahren Archäologen des Landschaftsverbandes Rheinland, der dann wahrscheinlich „Mittelbehörde West 2“ heißt, irgendwo in Bonn, sagen wir mal in der heutigen Colmantstraße, bei Ausgrabungen auf einen Betonklotz stoßen und sie ihn ganz sanft aufstemmen, dann stoßen sie vielleicht auf ein Auto und in dem Auto auf ein Dossier, das darlegt, wie der Verband damals in den ersten Jahren des 21. Jahrhunderts aufgestellt war. „Mensch, noch mit einem Landesdirektor als Chef . . .“, wird dann einer lachen, der seit Jahren seine Anweisungen per Satellitenschaltung erhält. Und erst das Auto: „Wie konnte da nur ein Mensch drinsitzen?“

Industrie

als Sponsor

Mag sein, dass es sich der Kölner Künstler Cornel Wachter so vorstellt, der gestern seinen roten Mercedes der A-Klasse vor dem Rheinischen Landesmuseum in der Colmantstraße einbetonieren ließ. „Hommage an Wolf Vostell“ nannte Wachter diese Aktion, die am Tag des 75. Geburtstages des Happening- und Fluxuskünstlers stattfand, dem das Landesmuseum noch bis zum, 25. November eine Retrospektive widmet. 1969 hatte Vostell seinen Opel Kapitän L in einem Betonmantel stillgelegt, der seitdem auf dem Kölner Hohenzollernring zu sehen ist. „Ruhender Verkehr“ heißt das Werk.

Soweit wollte nun Wachter nicht gehen und seine Skulptur ebenfalls so nennen, der Künstler an sich ist ja sensibel, wenn einer was nachmacht. Aber die Familie Vostell, versicherte Landesmuseums-Direktorin Gabriele Uelsberg, war einverstanden, dass hier einer auf den Spuren dessen wandert, den er „mein Vorvater“ nennt. 187 000 Kilometer hat Wachter mit seinem Mercedes A zurückgelegt. Michael Schumacher saß schon drin und Nick Heidfeld, auch Sigmar Polke und Inge Becker, Wachters und Vostells Galeristin.

Jetzt aber war ein Fahrzeugwechsel angesagt, Familie Wachter bekommt ein neues Gefährt. Wohin dann mit dem alten? Machen wir es zu Kunst.

Prima Idee, dachten nicht nur der Landschaftsverbhand und die Vostell-Erben, prima Idee meinten auch die Werbefachleute des „BetonMarketing West“ aus Beckum in Westfalen und die Firma Dyckerkoff, die gemeinsam die Aktion sponserten.

Ein blitzblanker Betonmischer rollte gestern vors Museum und entlud per Pumpe vier bis fünf Kubikmeter „selbst verdichtenden Beton mit hohem Mehrkornanteil“ in das hinter einer gläsernen Verschalung stehende Auto. Und während Trini Trimpop, Gründer der „Toten Hosen“, und Rüdiger Esch, Bassist der Gruppe „Kruppps“, am Plattenteller Musik der 60er und 70er Jahre auflegten, legte sich langsam die graue Masse des Betons um den roten Lack des Kleinwagens.

Bis Wachter „Stopp“ sagte, zum Megaphon griff und auf das Gerüst stieg. Er hatte nämlich einen Schlitz ins Autodach gefräst, durch den er er allerlei Beigaben ins Innere beförderte. Die Damenmannschaft des SC Fortuna Köln, die wegen des Happenings eigens ein Spiel gegen Brohltal verlegt hatte, reichte ihm unter anderem eine DVD der „Heute“-Sendung vom 24. August 2007 , die dpa-Tagesvorschau für den 14. Oktober und ein Exemplar des heute erscheinenden „Spiegel“. Das war Wachter in der Nacht per Kurier von der Druckerei in Itzehoe geliefert worden. Die Fußballerinnen selbst vertrauten der Zukunft einige Briefe an. Museums-Chefin Uelsberg schließlich überließ der Ewigkeit einen Film und eine Broschüre über den Landschaftsverband, bevor der Schlitz vernietet wurde.

Dann quoll wieder Beton auf Blech. Bis zum kommenden Freitag bleibt das Werk hinter der Verschalung, damit die Masse fest wird - und die Archäologen in 300 Jahren etwas zum Ausgraben haben.

Wer nicht so lange warten will: Seit gestern gibt es die „Hommage an Wolf Vostell“ als Miniaturausgabe für 99 Euro zu kaufen. Wachter hat ein Modellauto mit Beton umhüllt.

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