Im Mai sorgte eine Razzia gegen mutmaßliche Rechtsterroristen für Schlagzeilen – nicht nur wegen der Vorwürfe und ihrer Orientierung am Nationalsozialismus, sondern auch aufgrund des teilweise jugendlichen Alters der Verdächtigen.
Anklage erhobenWas plante die „Letzte Verteidigungswelle“?

Durchsuchungen in mehreren Bundesländern fanden im Mai statt – wie hier in Neubukow in Mecklenburg-Vorpommern.
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Die Bundesanwaltschaft hat Anklage gegen sieben mutmaßliche Mitglieder und einen Unterstützer einer rechtsextremistischen Terrorgruppe erhoben. Die Karlsruher Behörde wirft den zum Teil sehr jungen Beschuldigten größtenteils die Mitgliedschaft in einer inländischen terroristischen Vereinigung vor. Außerdem stehen versuchter Mord, Verabredung zum Mord und gefährliche Körperverletzung in der Anklage, die vor dem Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts Hamburg erhoben wurde.
Die Bundesanwaltschaft war im Mai mit Festnahmen und Durchsuchungen gegen die Gruppe vorgegangen, die sich selbst die „Letzte Verteidigungswelle“ nennt. In Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Hessen wurden fünf Verdächtige festgenommen. Die Polizei durchsuchte dort ebenso wie in Sachsen und Thüringen 13 Objekte. Drei weitere Beschuldigte saßen damals schon in Untersuchungshaft.
Was steckt hinter der „Letzte Verteidigungswelle“?
Die „Letzte Verteidigungswelle“ versteht sich laut Bundesanwaltschaft als letzte Instanz zur Verteidigung der „Deutschen Nation“. Ihr Ziel sei es gewesen, durch Gewalttaten vor allem gegen Migranten und politische Gegner einen Zusammenbruch des demokratischen Systems der Bundesrepublik herbeizuführen. Dazu zählten insbesondere Brand- und Sprengstoffanschläge auf Asylbewerberheime und linke Einrichtungen.
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Im Juli wurden aus einem Beschluss des Bundesgerichtshofs erstmals Details zu den Abläufen innerhalb der Gruppe öffentlich. Die Mitglieder planten demnach, „einen Rassenkrieg auszulösen, bei dem zum Erhalt der „weißen Rasse“ eine Gewaltspirale von Reaktion und Gegenreaktion in Gang gesetzt werden sollte, um im Ergebnis die liberale Demokratie zu beseitigen“. In sozialen Medien sollen sie rassistische und antisemitische Nachrichten gepostet und das „Dritte Reich“ und den Nationalsozialismus glorifiziert haben.

Neubukow: Polizei durchsucht Räume im Gebäude „Altes Postamt“.
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Das Dokument zeigte, wie eng sich die teils jugendlichen Beschuldigten an den Nationalsozialisten orientiert haben sollen. „Ziel war es, das „eigene Land“ in der Tradition der SA sowie im politischen Denken der NSDAP „zurückzuerobern“ und im gesamten Bundesgebiet bewaffnete Treffen abzuhalten“, hieß es. Einer der Beschuldigten wurde demnach zum „Propagandaminister“, ein zunächst mit 13 Jahren noch Strafunmündiger zum Leiter der „Gestapo“ ernannt.
Was ist über die Beschuldigten bekannt?
Zum Zeitpunkt der Razzia im Mai waren die Beschuldigten zwischen 14 und 21 Jahre alt. Aufgrund ihres Alters mussten einige von ihnen mit ihren Eltern zur Haftvorführung vor dem Ermittlungsrichter am Bundesgerichtshof in Karlsruhe erscheinen. Sie sitzen seitdem alle in Untersuchungshaft. Das Hamburger Gericht muss nun entscheiden, ob und wann es einen Prozess ansetzt. Die Bundesanwaltschaft wirft sieben der Beschuldigten vor, Mitglieder der jungen Terrorgruppe gewesen zu sein, drei davon sogar Rädelsführer. Dem Achten legen die Ermittler die Unterstützung der Vereinigung zur Last. Manchen wird zudem versuchter Mord, besonders schwere Brandstiftung und Sachbeschädigung vorgeworfen, anderen die Beihilfe zu diesen Taten.
Welche Anschläge soll die Gruppe verübt und geplant haben?
Drei brutale Anschläge und Anschlagspläne rechnet die Bundesanwaltschaft der Gruppe zu. Laut der Behörde sollen einige der Beschuldigten im Oktober 2024 unter anderem einen nächtlichen Brandanschlag auf ein Kulturzentrum in Altdöbern in Brandenburg verübt haben. In dem Gebäude wohnten Menschen, die demnach „lediglich durch Zufall“ nicht verletzt wurden. Weitere Beschuldigte sollen außerdem im Januar 2025 nachts Feuerwerkskörper auf eine Flüchtlingsunterkunft im thüringischen Schmölln geschossen haben. Das sei weitgehend folgenlos geblieben. Zudem gehe es um Anschlagspläne für eine Asylunterkunft im brandenburgischen Senftenberg. Mehrere Beschuldigte sollen zudem Überfälle auf Menschen verübt haben, die sie als „pädophil“ einstuften. Sie wurden durch Täuschung zu Treffen gelotst, bei denen sie geschlagen und getreten wurden.
Welche Möglichkeiten sieht das Strafrecht bei Jugendlichen vor?
Die gesetzliche Strafmündigkeit liegt bei 14 Jahren. Auch danach sind Jugendliche nicht per se strafbar. Das Jugendgerichtsgesetz verlangt zusätzlich eine „Verantwortungsreife“. Die Täter müssen also reif genug sein, um das Unrecht ihrer Taten zu erkennen und danach handeln zu können. Davon geht die Bundesanwaltschaft im Falle der minderjährigen Beschuldigten aus. Die Über-18-Jährigen gelten strafrechtlich als Heranwachsende.
Die Strafen, die ein Jugendgericht verhängen kann, umfassen sogenannte Erziehungsmaßregeln wie die Teilnahme an sozialen Trainingskursen beziehungsweise Anti-Aggressions-Trainings oder sogenannte Zuchtmittel wie die Reparatur oder das Ersetzen eines beschädigten Gegenstandes. Es kann aber auch eine Jugendstrafe von mindestens sechs Monaten bis zu höchstens zehn Jahren Haft verhängt werden. Bei Heranwachsenden, die nach Jugendstrafrecht verurteilt wurden, können es bis zu 15 Jahre sein. (dpa/mit afp)
