Der „Renten-Aufstand“ in der Union offenbart drei entscheidende Schwächen im Regierungsstil des Kanzlers. Friedrich Merz muss dringend gegensteuern.
Debatte um RentenreformDrei Fehler, die Merz korrigieren muss

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) spricht beim Wirtschaftsgipfel der Süddeutschen Zeitung
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Die gute Nachricht vorweg: Dass die Koalition am Rentenstreit zerbricht, ist derzeit das entschieden unwahrscheinlichere Szenario. Nach allem, was man von Union und SPD hören kann, ist ihren Vertretern nur zu bewusst, dass sie zur Handlungsfähigkeit verdammt sind. Für Friedrich Merz heißt das, dass er wohl noch einige Zeit länger Kanzler sein kann. Und es sich für ihn insofern durchaus noch lohnen würde, an sich zu arbeiten.
Denn natürlich hat das Durcheinander, das gerade überall als „Renten-Rebellion“ junger Unionsabgeordneter beschrieben wird, viele Mütter und Väter, nicht allein Merz. Aber es legt eben auch mindestens drei Schwächen seines bisherigen Regierungsstils offen, die so kaum absehbar waren.
Punkt eins sind die wachsenden Zweifel an Merz' Fähigkeit als Deal-Maker. Schon beim Koalitionsvertrag keimte im Unionslager der Verdacht, SPD-Chef Lars Klingbeil habe Merz sowohl bei vielen Themen als auch bei der Postenverteilung über den Tisch gezogen. Auch jetzt bei der Rente wirkt Merz eher wie ein Getriebener von SPD und CSU als wie der Herr des Geschehens. Kein Wunder, dass der Unmut in den eigenen Reihen wächst.
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Ist der Kanzler ein Macher?
Zumal ja, Punkt zwei, nicht in allen politischen Fragen immer alle Antworten in gleicher Weise richtig sind – manchmal gibt es eben eine eindeutige Lage, die entschlossene Maßnahmen erfordert. Dass dem Rentensystem das Geld ausgeht, ist so ein Fall. Die Wähler haben Merz geglaubt, dass er ein Macher ist. Mit seiner Scheu, auch nur einen zarten Vorgeschmack auf eine echte Rentenreform seriös durchzusetzen, tendiert er gerade eher Richtung Drückeberger.
Und das, Punkt drei, heißt gerade nicht, dass der Kanzler jetzt zum Einzelkämpfer werden sollte, ganz im Gegenteil: Der Basta-Stil, den die Bundesregierung gegenüber den Bundestagsfraktionen an den Tag legt, muss so schnell wie möglich effizienten und respektvollen Sondierungen weichen.
Oder wie kann es sein, dass sowohl der Kanzler als auch sein Finanzminister bei der Rente einen Gesetzentwurf für unveränderlich erklären, bevor das Parlament (zur Erinnerung: der Gesetzgeber!) auch nur seine Beratungen dazu abgeschlossen hat? Mit solchen Tönen verprellt man selbst solche Abgeordnete, die es eigentlich gut mit einem meinen. Friedrich Merz braucht gerade exakt das Gegenteil.
