Der Mord am rechten Aktivisten Charlie Kirk wird in den USA zur politischen Waffe. Noch bevor der Täter gefasst ist, instrumentalisiert Donald Trump die Tat für seinen Kampf gegen „die Linken“. Ein gefährliches Spiel mit dem Feuer.

Rechter AktivistMord an Charlie Kirk als amerikanischer Reichstagsbrand?

Blumen und Fotos liegen an dem Ort, an dem Charlie Kirk erschossen wurde.
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Es ist eine entsetzliche, unfassbare Tat. Wieder und wieder laufen die Bilder durchs Internet: Rechtsaußen-Aktivist Charlie Kirk wird auf offener Bühne von einem Schuss getroffen und bricht zusammen. Der Mord, per Videoaufzeichnung dokumentiert, hat das Potenzial, die politische Krise der USA entscheidend zu vertiefen.
US-Präsident Donald Trump sieht das Mordopfer als „Märtyrer für Wahrheit und Freiheit“. Von Wahrheit und Freiheit hat der Präsident bekanntlich ganz eigene Vorstellungen – aber eines ist klar: Trotz einiger Differenzen war Kirk für Trump und seine Anhänger eine zentrale Botenfigur. Kirk führte dem gelegentlich verwirrt auftretenden Polit-Senior Trump jugendliche Anhänger zu, er trug den Kulturkampf gegen „Wokeismus“, Migration und angebliche Umerziehung in jüngere Wähler-Jahrgänge. Um an Trumps religiös gefärbte Wortwahl anzuschließen: Als Apostel der Maga-Bewegung („Make America Great Again“) war Kirk eigentlich unersetzlich – jetzt soll er über seinen Tod hinaus als Märtyrer weiterwirken.
Bis zum Donnerstagmittag (Ortszeit) war nicht bekannt, wer das Attentat verübt hat. Über die Motive des Mörders konnte damit erst recht nichts gesagt werden. Trumps Anhänger aber verbreiten das Narrativ, das der Präsident selbst gesetzt hat: „Radikal Linke“ seien für das Attentat verantwortlich. Seine Anhängerin Laura Loomer, von der er sich im Frühjahr in Personaldingen hatte beraten lassen, verlangt, „die Linke mit der ganzen Macht der Regierung“ niederzuschlagen.
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Politische Instrumentalisierung
Schon den grauenhaften Messermord eines offensichtlich psychisch kranken Serientäters an einer jungen Ukrainerin in Charlotte (North Carolina) stellten Trumps Leute als Folge vermeintlich linker Politik dar. Wohlgemerkt: Linke sind in ihren Augen alle Anhänger der Demokratischen Partei des biederen Ex-Präsidenten Joe Biden. So verbindet sich die Agitation des Trump-Lagers mit der unter anderem von Stephen Miller, dem Stabschef im Weißen Haus, geführten Kampagne gegen die Demokraten als angeblich extremistische Organisation. Es geht um die Ausschaltung der Opposition.
Ganz sicher werden die Trumpisten nicht über jene absurden Gesetze sprechen wollen, die den Zugang zu Schusswaffen in vielen US-Staaten viel zu einfach machen. Und kaum jemand erinnert in den USA noch an den Doppelmord an der demokratischen Politikerin Melissa Hortman und ihrem Ehemann in Minnesota. Diese Bluttat im Juni wurde von einem radikalen Abtreibungsgegner begangen – Indiz für die aufgeheizte Stimmung im Land.
Aber anstatt die US-Amerikaner angesichts tödlicher Gewalt zur Einheit aufzurufen, haben Trump und seine Leute sich für die weitere Dämonisierung politischer Gegner entschieden. Rechtsaußen-Publizist Matt Forney spricht hoffnungsvoll vom „American Reichtstag Fire“. Also von einem Verbrechen, das als Legitimation für den Umbau des Staates zur Autokratie dienen soll. Es ist zu fürchten, dass Trumps Lager jetzt genau das versucht.