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Kommentar

„Papiertiger namens Putin“
Trumps späte Kehrtwende überzeugt nicht

Ein Kommentar von
2 min
US-Präsident Donald Trump und First Lady Melania Trump steigen am John F. Kennedy International Airport in die Air Force One.

US-Präsident Donald Trump und First Lady Melania Trump steigen am John F. Kennedy International Airport in die Air Force One.

Donald Trump überrascht mit einer radikalen Änderung seiner Russland-Politik: Statt auf Beschwichtigung setzt der US-Präsident nun auf markige Worte gegen Putin. Doch hinter der neuen Härte steckt vor allem ein Eingeständnis.

Meint er ernst, was er sagt? Und welche Halbwertzeit hat die Aussage? Bei Donald Trump weiß man nie. Seit Amtsantritt hatte der US-Präsident auf Beschwichtigung gesetzt, auf das Verhandlungsgeschick, das er sich selbst zuschreibt, um Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine zu beenden. Nun erklärt Trump den russischen Präsidenten Wladimir Putin plötzlich zum „Papiertiger“ und traut der Ukraine sogar zu, die von Russland besetzten Gebiete mit den Europäern zurückerobern zu können. Was steckt dahinter?

Hier zeigt sich ein Präsident, der gemerkt hat, dass seine halbgare Appeasement-Politik Putin nicht beeindruckt – und dass sich Russlands Provokationen, zuletzt mit wiederholten Verletzungen des Nato-Luftraums, nicht länger kleinreden lassen. Sein neuer Tonfall ist auch Ausdruck eines Eingeständnisses: Als Friedensbringer ist Trump krachend gescheitert, auch wenn er es öffentlich nie eingestehen würde.

Doch was folgt daraus? Muss Putin sich nun ernsthaft ängstigen? Wohl kaum. Trump sagt nicht, dass die USA bei einer Rückeroberung russisch besetzter Gebiete aktiv helfen werden. Und er legt sich weder politisch noch militärisch auf irgendetwas wirklich fest – außer darauf, weiter Waffen an die Ukrainer und deren Alliierte zu verkaufen. Was sie damit machten, sei deren Sache – und die der Nato.

Dass Trumps Bekenntnis eher aus Groll über die eigene Erfolglosigkeit als aus tiefer Überzeugung kommt, mindert die Tragweite seiner Worte aber nicht. Entscheidend ist, ob und welche Taten folgen. Wer, wie Trump, lange auf Nähe zu Putin setzte, muss sich daran messen lassen, ob die neue, zur Schau gestellte Härte mehr ist als Rhetorik.

Ob die Ukraine ihr seit 2014 verlorenes Territorium wirklich zurückgewinnen kann, bleibt indes mehr als fraglich. Aber dass der US-Präsident diesen Anspruch jetzt offensiv unterstützt, könnte ein Signal mit Wirkung sein. Es kann aber auch sein, dass Trump schon morgen wieder ganz anders denkt. Die Europäer sollten sich nicht einseifen lassen.