Siegburg – Feuerkeulen wirbeln durch die Luft. Jongleur Lupus versteht sein Gauklerhandwerk. Ein paar Meter weiter arbeitet der Schmied, während an der Taverne die Becher klappern. Am Fuße des Siegburger Michaelsberges fühlt sich auch der Wanderer aus dem 21. Jahrhundert unwillkürlich zurückversetzt ins Mittelalter - und kann sich an einem der zahlreichen Feuer oder einem heißen Getränk aufwärmen.
Im Schatten der Stadtkirche St. Servatius haben in der Adventszeit scheinbar direkt aus dem Mittelalter entsprungene Händler, Handwerker und allerlei Unterhalter ihre Zelte und Stände aufgeschlagen.
Wer die heutige Wanderung am Siegburger Bahnhof beginnt, kann sie am Schluss auf dem mittelalterlichen Weihnachtsmarkt in der Dämmerung ausklingen lassen. Wer mit dem Auto an einem Adventswochenende anreisen möchte und dafür den etwas außerhalb liegenden Alternativ-Parkplatz Jägerstraße ansteuert (siehe Infos), sollte nach dem Marktbesuch Zeit für den Rückweg einplanen.
Nicht nur im Advent zeigt sich das Mittelalter in der Kreisstadt an der Sieg. An vielen Stellen verweisen Spuren auf diese Zeit. So war es der Kölner Erzbischof Anno II., der im 11. Jahrhundert nach erfolgreichem Kampf gegen die Pfalzgrafen der Ezzonen auf deren ehemaligem Burgberg ein Benediktinerkloster errichtete. Bis zum Bau der Abtei St. Michael im Jahr 1064 hieß die etwa 40 Meter hohe Erhebung im Siegtal noch Sygberg.
Wir sehen die vielfach umgebaute Klosteranlage wenige Wanderminuten, nachdem wir vom Bahnhof den Mühlengraben entlang gewandert sind. Dieser mehrfach verzweigte Wasserlauf passiert die historische Altstadt und verleiht ihr an manchen Stellen das Flair elsässischer Kleinvenedig-Viertel.
Auf dem Michaelsberg lebt - nachdem die Benediktiner ihre Abtei 2011 aufgelöst haben - seit September dieses Jahres eine Gemeinschaft indischer Mönche vom Orden der Unbeschuhten Karmeliten. Gut beschuht wandern wir weiter in den Siegburger Stadtteil Wolsdorf, wo uns neben einer Hubertuskapelle eine weitere Erhebung empfängt: Die "Wolsdorfer Brocken" zeugen von den vulkanischen Aktivitäten, denen auch das Siebengebirge seine Entstehung verdankt.
Zurück im Tal passieren wir das ehemals als Mühlenanwesen zur Abtei gehörende "Haus zur Mühlen". Seit 1930 gehört das spätere Rittergut den Alexianern, die hier unter anderem ein Seniorenheim betreiben. Über verwunschene Waldpfade bei Stallberg und breitere Wege im Lohmarer Forst gelangen wir in den Norden Siegburgs. Von dort führt uns bald ein Rad-Geh-Weg auf der Trasse der ehemaligen Bahnlinie von Lohmar bequem zurück ins Siegburger Zentrum - und ins lebendige Mittelalter.