Sterne-Gastronom Vincent Moissonnier erklärtDarf der Hund mit ins Restaurant?

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Hund sitzt am Tisch im Restaurant

Hunde im Restaurant? Was es zu beachten gilt, erklärt Vincent Moissonnier.

Wie es um große und kleine Hunde steht und was Hundebesitzer beachten sollten, erklärt Vincent Moissonnier in seiner Kolumne.

Die Frage „Dürfen wir unseren Hund mitbringen?“ höre ich bei Reservierungen oft. Standard-Antwort ohne Wenn und Aber: einen kleinen Hund ja, sonst nein. Schon das gefällt nicht allen. Warum ich so restriktiv sei, wollen manche mit einer gewissen Gereiztheit in der Stimme wissen. Ganz einfach, sage ich dann: Weil es nur beschränkt Platz gibt – und Menschen, die Hunde im Restaurant nicht mögen.

Tatsächlich kenne ich viele Gäste, unter ihnen sogar welche mit eigenem Hund, die sich schon bei dem Gedanken daran schütteln, dass neben ihnen unter dem Tisch ein großer Dobermann oder Golden Retriever hechelt und sabbert. Zudem weiß jeder, wie unangenehm Hunde riechen können. Stellen Sie sich vor, draußen schüttet es, und ein Hundebesitzer kommt ins Restaurant: Garantiert ist das Fell seines Lieblings nass, so dass der sich erstmal ordentlich schütteln muss – und schon steht der Gestank im Raum.

Große Hund kommen mir nicht in die Gaststube

Und weil ich als Restaurantleiter bekanntlich die gleiche Aufgabe habe wie ein Flugkapitän, nämlich dafür zu sorgen, dass alle Passagiere gut starten und gesund landen, deshalb kommen mir große Hunde nicht in die Gaststube.

Für die Gäste mit den kleinen Hunden bemühen wir uns gleichwohl, einen Platz zu finden, an dem das Tier möglichst niemanden stört, aber auch selbst nicht befürchten muss, versehentlich auf den Schwanz getreten zu werden. Damit diese Platzierung reibungslos funktioniert, rate ich dazu, den vierbeinigen Begleiter unbedingt schon bei der Reservierung zu erwähnen und auch zu sagen, um was für einen Hund es sich handelt.

Viele Gäste schütteln sich schon bei dem Gedanken daran, dass neben ihnen unter dem Tisch ein großer Dobermann oder Golden Retriever hechelt und sabbert

Auch aus Sicht der Hundebesitzer sollte es in erster Linie um Rücksicht gehen, nicht auf den Hund, nicht auf Herrchen oder Frauchen – sondern auf das allseitige Wohlfühlen in der Zweckgemeinschaft von Restaurantbesuchern, die zufällig an einem bestimmten Tag zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort zusammentreffen.

So etwas Vernichtendes habe ich wirklich selten gelesen.

Leider sehen das nicht alle so. Ein berühmter Gastrokritiker hat in einer seiner berühmt-berüchtigten Rezensionen einmal ein Lokal förmlich in der Luft zerfetzt, das ich ihm vorher eigens empfohlen hatte, weil ich die von ihm besuchte Region gut kenne und das besagte Restaurant mag. Zu meiner Überraschung erschien ein paar Wochen nach dem Besuch des Kritikers in dem Lokal ein Artikel darüber, ein Verriss allererster Ordnung. So etwas Vernichtendes habe ich wirklich selten gelesen. Ich war stinksauer: Da werde ich um eine Empfehlung gebeten – und dann macht er ein Riesending daraus, dass es ihm nicht gefallen hat. Was sollte das?

Nun, ein Dreivierteljahr später war ich mit der Familie selber wieder einmal in dem Lokal: meine Mutter, meine Frau, meine Tochter, mein Bruder und seine Frau. Die Schwägerin hatte einen kleinen Hund dabei – ein ganz friedliches Tier, tut wirklich nichts. Wir saßen auf der Terrasse, wunderschön zwischen Geranien, wir aßen, wir tranken. Irgendwann hob meine Schwägerin ihren Hund auf ihren Schoß. Mit einem Mal raste die Wirtin auf sie zu und fuhr sie an: „Den Hund unter den Tisch!“ Die Frau, das war offensichtlich, hat ein Problem mit Hunden.

Allesamt waren wir ein bisschen perplex. Ich aber habe meiner Frau tief in die Augen geschaut und gesagt: „Liliane, jetzt weiß ich, was mit dem Kritiker los war. Seine Frau hat überall, wo sie hingehen, ihren Hund dabei, und auch sie nimmt ihn gern mal auf den Schoß. Dafür hat sie sich bestimmt einen Anpfiff eingefangen. Und das – hat ihrem Gatten gar nicht gefallen.“ Sein Verriss war die Rache des Gastrokritikers für die Hundephobie der Gastronomin. Vielleicht verstehen Sie jetzt noch besser, warum ich sage: Liebe deinen Hund, aber nimm Rücksicht auf deine Mitmenschen – und schone die Nerven des Kneipiers.

In unserer Kolumne beantworten Experten abwechselnd Ihre Fragen zum stilsicheren Auftreten in allen Lebenslagen. Vincent Moissonnier, Chef des gleichnamigen Kölner Restaurants, hat die perfekten Tipps zu Tischmanieren ohne Etepetete. Und Anatol Stefanowitsch, Professor für Sprachwissenschaft, sagt, wie wir mit Sorgfalt, aber ohne Krampf kommunizieren.

Senden Sie uns Ihre Fragen bitte per Mail an: Stilkolumne@dumont.de

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