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VersicherungsschutzWenn der Nachbar den Schlüssel verliert

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Am Schlüsselbund sollte nie die eigene Adresse vermerkt sein. Im Fall eines Verlusts kann dies zu unangenehmen Konsequenzen führen.

Am Schlüsselbund sollte nie die eigene Adresse vermerkt sein. Im Fall eines Verlusts kann dies zu unangenehmen Konsequenzen führen.

Die Haustür hinter sich zuziehen und ab geht es in den Urlaub. Vorweg hat man meist nicht nur kontrolliert, ob die Zahnbürste im Gepäck ist und der Reisepass noch gültig ist, sondern man hat sich auch darum gekümmert, dass die Blumen gegossen und die Fische gefüttert werden. Meist bekommt der Nachbar den Schlüssel, und wenn man Glück hat, lüftet er vor der Rückkehr auch noch mal durch. Doch was passiert, wenn man Pech hat und dem Nachbarn der Schlüssel abhandenkommt?

Eins vorweg: Jeder - ob Mieter oder Bewohner eines eigenen Hauses oder einer Eigentumswohnung - darf Menschen seines Vertrauens einen Schlüssel geben. Doch ohne eine vertragliche Vereinbarung kann schnell bei einem Verlust der Versicherungsschutz futsch sein. "Denn der Nachbar oder Freund hilft aus Gefälligkeit, diese ist meist ausgeschlossen bei der privaten Haftpflichtversicherung oder es gilt ein stillschweigender Haftungsausschluss als vereinbart", sagt Elke Weidenbach von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen.

Zwei Gefahren bestehen, wenn der Schlüssel weg ist: Zum einen kann es sein, dass die Schließanlage beziehungsweise das Schloss ausgetauscht werden muss, wodurch Kosten für Mieter oder Eigentümer entstehen. "Das ist aber nur nötig, wenn eine Missbrauchs-Verwendungsmöglichkeit besteht. Diese wäre dann gegeben, wenn zum Beispiel am Schlüssel ein Namensschild oder gar Adressfeld hängt und er auf der Straße verloren geht und so der Finder leicht das passende Schloss aufsuchen kann", erklärt Bodo Deutschmann, Vertragsanwalt beim Haus-und- Grundbesitzerverein.

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"Als Mieter kann man grundsätzlich so viele Schlüssel verlangen, wie man für seine Zwecke benötigt, sei es für die Putzhilfe, den Pflegedienst oder den Zeitungsboten", sagt Dietmar Wall, Jurist beim Deutschen Mieterbund. Der Mieter muss dafür aber die Kosten tragen.

Wie viele Sätze Schlüssel der Vermieter unentgeltlich bereitstellen muss, hängt davon ab, wie viele Personen einziehen. Auch Lebensgefährten und größere Kinder haben Anspruch auf einen eigenen Schlüssel. Zusätzliche Schlüssel für die Putzhilfe muss der Mieter bezahlen.

Die Schlüssel darf der Mieter auch selbst beim Schlüsseldienst nachmachen lassen, muss darüber aber den Vermieter informieren. Um Sicherheitsschlüssel nachzumachen, bedarf es ohnehin einer Berechtigungskarte, so dass der Vermieter zwangsläufig von dem Vorhaben erfährt.

Zieht der Mieter aus, muss er alle Schlüssel zurückgeben, auch die nachgefertigten. Die Kosten der Duplikate muss der Vermieter nur tragen, wenn er sie behalten will. Andernfalls hat der Mieter sie zu vernichten oder unbrauchbar zu machen - in Anwesenheit des Vermieters oder vor Zeugen. Gibt der Mieter seine Schlüssel nicht vollzählig zurück, darf der Vermieter auf Kosten des Mieters neue Schlösser anbringen.

Komplizierter sieht die Sache aus, wenn Schlüssel verloren gehen. Der Mieter muss den Vermieter dann sofort informieren. Geht der Schlüssel samt Brieftasche und einem Ausweisdokument verloren, aus dem die Adresse hervorgeht, zahlt der Mieter für den Austausch der Schlösser. Das gilt auch, wenn der Name am Schlüsselbund vermerkt war. Kann der Verlust aber keinen Schaden anrichten, weil der Schlüssel in einen Gully oder auf den Grund eines Sees gefallen ist, ist kein Schlosswechsel fällig. Bei Verlust durch Kriminalität kommt es darauf an: Hat der Mieter den Schlüssel im Auto liegenlassen, das dann aufgebrochen wird, haftet er - weil er seine Sorgfaltspflicht verletzt hat. Wird er aber ausgeraubt, trägt er nicht die Folgekosten.

Darf der Vermieter Schlüssel der vermieteten Wohnung behalten? Nein, auch nicht für Notfälle. "Und erst recht darf er die Wohnung nicht in Abwesenheit des Mieters betreten", erklärt Ulrich Ropertz vom Mieterbund. "Das ist Hausfriedensbruch, und somit strafbar. Der Mieter könnte fristlos kündigen."

Wenn aber der Schlüssel in den Baggersee fällt oder kein Hinweis auf den Wohnort vermerkt ist, dann besteht keine Gefahr und ein Schlossaustausch ist nicht notwendig. Die Versicherung wird gegebenenfalls die Kosten eines Austauschs nicht übernehmen, weil es sich um eine vorbeugende Maßnahme handelt.

Wesentlich schlimmer: Die Wohnung oder das Haus wird von Einbrechern ausgeräumt. Wenn dies mit dem verloren gegangenen Original-Schlüssel geschieht, dann ersetzt die Hausratversicherung den Schaden nicht. Nur wenn ein Dritter unberechtigterweise den Schlüssel vom Nachbarn nachmacht und sich damit Zugang zum Gebäude verschafft, greift der Versicherungsschutz. Die Haftpflicht-Police des Nachbarn greift auch nicht, weil es sich um eine Gefälligkeit handelt. "Auch hierfür gilt: Wer einen Schlüssel weitergibt, sollte auf gar keinen Fall ein Namensschildchen an ihm befestigen", sagt Jürgen Becher, Geschäftsführer des Mietervereins Köln. Das wäre in etwa so fahrlässig, als würde man die PIN-Nummer auf die EC-Karte kleben. Und auch der Nachbar, der die Post reinholen soll, sollte den Schlüssel nicht beschriften.

Um Ärger mit dem Nachbarn oder dem Bekannten zu vermeiden, sollte jeder Beteiligte wissen, was passiert, wenn der Schlüssel tatsächlich während des Urlaubszeitraums verschwindet. Zudem sollten alle offenen Punkte vor der Reise geklärt werden. Denn es geht nicht nur darum, einen Einbruch zu vermeiden, sondern irgendwie müssen ja auch die Blumen weiter gegossen werden. Hat noch jemand einen Ersatzschlüssel? Ist ein Schlüsseldienst nötig? Soll das Schloss ausgetauscht werden? Erst wenn diese Fragen geklärt sind, lässt es sich ganz entspannt verreisen.

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