ZDF-Moderatorin Müller-Hohenstein„Olympia hat noch seinen Zauber“
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Die Grande Dame der hiesigen Sportmoderatorinnen: Katrin Müller-Hohenstein.
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Frau Müller-Hohenstein – was wissen Sie denn schon über Südkorea?
Noch wenig. Dass sie nach deutschen Maßstäben kein vernünftiges Brot dort haben – da werde ich mir etwas mitnehmen (lacht). In unserer Berichterstattung wird das Gastgeberland natürlich eine Rolle spielen: Wir wollen zeigen, wo wir sind. Wir werden viel über Südkorea lernen.
Wenn Sie im Februar von den Olympischen Winterspielen berichten, sind das bereits Ihre sechsten Spiele als Reporterin. Ist das trotzdem noch etwas Besonderes für Sie?
ab 1988 Radio Gong Nürnberg; Antenne Bayern, München; Bayerischer Rundfunk, Bayern 1 Moderatorin
seit 2006 Moderatorin des „aktuellen sportstudios“
2009 bis 2012 Moderation der Fußball-Länderspiele im ZDF; Studiomoderatorin Fußball-WM 2010 und Fußball-EM 2012
2012 Moderation der Schwimmwettbewerbe bei den Olympischen Spielen 2012 in London
seit 2014 Reporterin im Lager der deutschen Nationalmannschaft bei internationalen Fußballturnieren (WM 2014, EM 2016, Confed-Cup 2017)
2014/2016 Studiomoderatorin bei den Olympischen Spielen im russischen Sotschi und in Rio
Olympia besitzt immer noch seinen Zauber. Es ragt so heraus, weil neben dem sportlichen Aspekt noch so viel mehr hinzukommt. Weltcuprennen beim Skifahren oder Snowboarden und Biathlon – für sich gesehen ist das alles herausragender Sport. Aber wenn dazu noch eine Flamme brennt – das klingt jetzt etwas kitschig –, dann ist das ein ganz besonderer Moment.
Können Sie dieses Besondere beim Stress rund um die Berichterstattung überhaupt genießen?
Da tickt jeder anders. In der Tat ist die Berichterstattung bei Olympia sehr anstrengend. Das überträgt sich so nicht auf den Fernsehzuschauer, der uns nur da stehen sieht. Aber das, was man sagt, muss Hand und Fuß haben. Entsprechend gibt es intensive Recherchen, es wird sehr viel besprochen – eine Fernsehsendung ist ein Gesamtprodukt aus vielen verschiedenen Gewerken: Licht, Ton, Zuspieler – das muss alles miteinander verzahnt sein. Nur dann gibt es eine gute Sendung. Den Stress hinter den Kulissen sieht man zum Glück nicht.
Gibt es im Vergleich zur alltäglichen Sportberichterstattung für Sie als Journalistin bei Olympia eine andere Herangehensweise, etwa bei den Interviews?
Ja, durchaus. Wir haben bei Olympia ein völlig anderes Publikum als normalerweise: Die Leute schalten nicht gezielt eine Sportart ein, sondern schauen Olympia. Da sind auch viele dabei, die keine große Sportaffinität besitzen. Die muss ich genauso bedienen wie diejenigen, die Experten ihres Fachs sind. Zudem hat man Sportarten, die nicht so sehr im Fokus des Interesses stehen. Oder kennen Sie die Regeln vom Curling?
Leider nicht.
Deswegen müssen wir sie den Leuten erst mal erklären. Es gibt bei Olympia ein anderes Niveau. Wir halten uns bereit für die Geschichten, wie nur Olympia sie schreiben kann. Wie die von Eddie the Eagle, der in seinem Leben noch nie von einer Skisprungschanze gesprungen war und unbedingt an den Olympischen Spielen teilnehmen wollte.
Aber werden diese schönen Geschichten nicht allmählich auch in der Berichterstattung von Dopingskandalen und Korruption überschattet?
Keine Frage, es wird unsere Aufgabe sein, dazwischen eine Ausgewogenheit herzustellen. Ich bin der Meinung, dass das eine das andere nicht überlagern darf. Doping ist ein wichtiges Thema, wir müssen hinterfragen und mit kritischem Auge beobachten. Was mir schwerfällt, ist jedoch ein Generalverdacht.
Welche Rolle spielt die Berichterstattung in den Medien darüber?
Es ist wichtig, dass wir weiter berichten. Nur deshalb haben die sauberen Athleten überhaupt eine Chance. Wenn ich mir anschaue, wem alles in den vergangenen Jahren die Goldmedaille aberkannt wurde, weil betrogen wurde: Nicht nur die Zuschauer und der Sport wurden betrogen, sondern auch jeweils der Zweite, der um seinen historischen Moment gebracht wurde. Da kann ich richtig sauer werden.
Würden Sie sagen, dass der Sportjournalismus auch aus diesen Gründen politischer geworden ist?
Er ist auch deshalb politischer geworden, weil die politische Welt sich weiterdreht, und sich daraus neue Situationen und Themen ergeben. Das, was zum Beispiel in Nordkorea passiert, betrifft uns ja alle.
Auch wenn es nun eine Annäherung an Südkorea zu geben scheint: Das Land Kim Jong-uns ist nur ein paar hundert Kilometer entfernt.
Wobei ich nicht weiß, ob es mit Blick auf die Raketen Nordkoreas noch einen Unterschied macht, ob man ein paar hundert oder ein paar tausend Kilometer weiter weg ist. Aber natürlich bekommt dies durch die physische Nähe eine andere Brisanz.
Werden Sie selbst denn viele Kontakte zu den Sportlern vor Ort haben?
Ich bin als Anchor im Studio – sozusagen die „Schaltzentrale“. Unsere Crews sind aber draußen unterwegs und nah an den Sportlern dran. Ich muss wissen, wo etwas stattfindet, wann wir wo hinschalten. So ein Studiotag baut ja auch aufeinander auf. Und dann muss ich natürlich in der Lage sein, im Moment des Triumphes oder sobald sich eine andere Geschichte ergibt, mit dem jeweiligen Studiogast zu sprechen. Das kann ein Olympiasieger sein, aber auch ein Talk zum Thema Doping oder zur weltpolitischen Lage. Oder auch ein Gespräch mit einem südkoreanischen Koch, der ein dreimonatiges Praktikum in Hessen gemacht hat und uns Einblick in seine Heimat geben kann.
Klingt danach, als würden Sie im Februar wenig Schlaf bekommen.
Es ist ja auch nicht so, dass ich aufstehe und direkt vor der Kamera stehe. Erst mal geht es nach dem Aufstehen in die Maske. Bei der Frühschicht geht es deshalb schon um vier oder fünf Uhr morgens los.
Sie wechseln sich wie schon die letzten Male bei Olympischen Spielen mit Rudi Cerne ab – wie ist Ihre Zusammenarbeit?
Wir sehen uns ja nur an den ARD-Tagen. Dann sitzen wir gemeinsam in unserer Redaktionsbutze und schreiben vor uns hin. Das ist immer sehr lustig, weil wir völlig unterschiedlich arbeiten. Ich bin ein sehr visueller Mensch, muss immer alles aufschreiben, um es im Kopf zu haben. Und Rudi sitzt immer daneben und fragt: „Was schreibst du denn da schon wieder?“ Er sagte mir mal, er würde dabei ein schlechtes Gefühl bekommen, weil er denkt, er wäre nicht vorbereitet, da er nicht so viel aufschreibt (lacht).
Kommen wir mal zum Sport: Worauf freuen Sie sich am meisten, haben Sie einen Favoriten?
Beim Biathlon bin ich gespannt auf ein Duell, das es möglicherweise zwischen Laura Dahlmeier und Denise Hermann geben könnte. Zudem freue ich mich auf Ski alpin. Hin und wieder haben wir ja auch Zeit, uns einige Wettbewerbe anzuschauen wie Curling oder Eiskunstlaufen. Was die Favoritenfrage betrifft: Deutschland hat gute Chancen beim Biathlon, in der Nordischen Kombination, beim Rodeln: die üblichen Verdächtigen – im besten Sinne.