1. FC Köln-AufstiegZeitreise durch die Hymnen des 1. FC Köln

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Mit einem portablen Plattenspieler haben es sich Jens Meifert (l.) und Thilo Schmülgen im Stadion gemütlich gemacht. (Foto: Moeck)

Köln – Die 7-inch-Scheibe aus Vinyl dreht sich auf dem portablen Plattenspieler, das exakt gestutzte Grün verströmt saftigen Duft. Kann es eine schönere Umgebung für den Genuss großer musischer Kunst geben als die Arena selbst? „FC – de Kölsche sin o.k.“ dröhnt die sonore Stimme zum funkigen Beat. „Halver Hahn“ nannte sich die Band. 1981 entstand dieses Zückerchen der Stadionmusik, zu einer Zeit also, als vor den Spielen gerne mal das Landespolizeiorchester aufspielte und Gottlieb Wendehals die Hitparade dominierte.

In diesen Tagen wird der erste Fußballclub der Stadt besungen wie lange nicht mehr. Die offizielle Hymne des Vereins „Mer stonn zo dir, FC Kölle“ ist gesangstechnisch längst Allgemeingut. Es soll Väter geben, die singen ihre Kinder jeden Abend mit diesen Zeilen in den Schlaf. „Durch dick und durch dünn – janz ejal wohin.“ Das Lied geht übrigens zurück auf das Traditional „Loch Lomond“ und soll 1841 erstmals Erwähnung gefunden haben. Bis zum Jahr 1998 wurde im Müngersdorfer Stadion aber ein härtere Gangart angeschlagen: Anne Haigis, Vorkämpferin des Deutschrocks mit zauseliger Haarpracht schmetterte bis dahin „FC und Geißbock“ durch das weite Rund. Sinniger Untertitel: „Do hammer Bock drop.“ „Die Meisterschaft ist unser Ziel, und wir freuen uns auf jedes Spiel“, singt Haigis. Das war zugegebenermaßen nicht immer so in den vergangenen 20 Jahren seit Erscheinen des Songs.

Steil gehen bei der Kreation von Vereinshymnen vor allem die Höhner. Sie sind gewissermaßen die Müngersdorfer Hausband – und festigen diesen Ruf durch regelmäßige Veröffentlichungen zum Thema. So wird es morgen im Stadion auch den aktuellen Song „Steh auf, mach laut“ (in der FC-Version „Steigt auf, mach laut“) zu hören geben. Vor 36 Jahren beim Double-Sieg 1978 musste Schlagzeuger Janus Fröhlich jedoch Blut und Wasser schwitzen: Letzter Spieltag. Der FC spielte in Hamburg gegen St. Pauli, und Gladbach schoss zeitgleich ein Tor nach dem anderen gegen Dortmund. Der Sänger der Höhner zitterte um die sicher geglaubte Meisterschaft, aber mindestens genauso sehr um die Pressung von 5000 Meister-Singles. „Unser Bock eß Meister“, lautet die feine Komposition, die noch heute in jeder Karnevalskneipe Tränen der Rührung hervorkitzelt. Das historische Werk klingt nach Schlaghose und gelbem Oberhemd: „Der Gegner hat Muckis wie ne Bär, doch unser Hennes im Ruckzuck verputz’ ihn zum Dessert.“ Am Ende siegte Gladbach 12:0, aber Meister waren die Kölschen und nicht nur die Höhner glücklich.

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Bei Internetauktionen gehen solche Raritäten heute hochpreisig über den virtuellen Ladentisch. Und glücklich schätzen kann sich, wer bei der Übergabe vom Besitzer mit väterlichem Klaps noch eine zweite Single zugesteckt bekommt: die kölsche Version von „Olé, Olé“ etwa. 1988 von „De Junge vun der Schäl Sick“ zum Besten gegeben. Eingesungen mit dem ganzen FC-Team, mit dabei waren Größen wie Tony Woodcock, Jürgen Kohler und ein griesgrämig vom Plattencover blickenden Olaf Janßen. Trainer Christoph Daum ist daneben mit verspiegelter Sonnenbrille zu sehen. Daddy Cool.

Durchgesetzt hat sich eher „Unser Hätz schlät för dr FC Kölle“. 1986 war das, und Paul Steiner, Uwe Bein und Stefan Lehnhoff zeigten sich auf der Veröffentlichung im gängigen Style der Liga: Vokuhila und Schnäuzer, so weit das Auge reicht. Musikalisch zeichneten die Serientäter „Höhner“ für das Werk verantwortlich.

Im musikalischen Wettstreit drängen naturgemäß viele Bands in die Arena nach Müngersdorf: Wolfgang Niedecken und BAP schafften es mit „FC, jeff Jas“ vorübergehend. Brings spielten „Kölsche Jung“ ebenfalls vor der Südtribüne vor – und landeten die aktuelle Haie-Hymne. Die Höhner haben mit „Steh auf, mach laut“ eher einen strammen Schuss auf den WM-Sommer abgegeben – die Zweitverwertung beim FC ist aber gerne gesehen. Inhaltlich ergeben sich in den Songs relativ wenig Variationen: In der Regel ist der „Düvel“ los, wenn der FC „spillt“, und „die Lück stonn zu ihrem FC“. Ist auch klar. In den heute marktorientiert gefertigten Hymnen findet sich jedoch weder einsame Trompete noch ekstatischer Fanjubel vorm Radiogerät wie anno bei „Halver Hahn“.

Beliebt war auch die Veröffentlichung „Millionen lieben den FC“ von „Die Zwei usem Vürjebirch“ (1996). Die Ironie auf die Spitze trieben die Fabulösen Thekenschlampen. „Toni, lass es Polstern“, lautet die Nummer, Polsters Toni stand selbstredend vorm Mikro. „Hab’ ich den Ball, mach ich ihn rein“, sang Toni Doppelpack in diesem Spartensong (1997). Glück gebracht hat das Stück nicht: Der FC war einen Sommer später zum ersten Mal abgestiegen. Für solche Fälle hatten die Höhner vorgesorgt. Die-B-Seite der Meisterhymne von 1978 lautet: „Kater Blues“.