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Glosse zur PosseEine Anti-Haft-Farbe, die nicht haftet? Das ist doch typisch Köln!

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Eine Straßenlaterne am Friesenplatz, von der die Anti-Haft-Beschichtung abblättert.

Eine Straßenlaterne am Friesenplatz, von der die Anti-Haft-Beschichtung abblättert.

Eine Spezialfarbe soll in Köln Laternenmasten vor Aufklebern und Graffiti schützen und so die Stadt schöner machen. Doch nun blättert der Lack selbst ab. Typisch Köln, findet unser Autor Michael Fuchs.

Es gibt nichts, was es nicht gibt – an diesen Grundsatz fühlt man sich in Köln öfters erinnert. Warum also nicht auch eine Anti-Haft-Farbe, die nicht haftet? Die gibt es in der Domstadt nämlich massenhaft.

Seit 2018 hat die Stadtverwaltung im Rahmen der Aktion „Köln aufräumen“ Tausende Verkehrs- und Laternenmasten mit einer dunkelgrauen Schutzfarbe anstreichen lassen, um das Erscheinungsbild der Stadt zu verbessern. Die neue Beschichtung wurde vorher getestet und für gut befunden. Sie soll dafür sorgen, dass bunte Aufkleber mit mehr oder weniger überflüssigen Botschaften, wie sie in Köln mittlerweile zu Tausenden an jede erdenkliche Stelle gepappt werden, nicht haften und sich leicht entfernen lassen.

Auch Sprayern, denen es in den Fingern juckt, die Stahlpfosten mit sinnfreiem Gekritzel zu verunstalten, soll der Anti-Haft-Lack auf Silikonbasis einen Riegel vorschieben. Denn auf seiner Oberfläche werde Graffiti-Farbe nicht kleben bleiben, verspricht der Hersteller, sondern sich zu Kügelchen zusammenziehen. Wasser, Spülmittel und Schwamm seien dann für die Reinigung ausreichend.

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Verkehrsdezernat wusste nichts von dem Problem

Allein, das Konzept hat seine Tücken. Denn der Lack selbst hat das mit dem Nicht-Haften wohl etwas zu wörtlich genommen. An vielen Masten blättert er bereits großflächig ab, wovon man sich etwa am Beispiel der nostalgischen Laternen am Friesenplatz ein Bild machen kann.

Als Karina Syndicus, Vorsitzende der Ratsfraktion „Die Fraktion“, bei der Stadt nachfragte, was es damit auf sich habe, zeigte sich das Verkehrsdezernat ahnungslos. Man wisse nichts von dem Problem. Also   habe man den Hersteller gefragt. Der habe eingeräumt, dass er die Problematik kenne. Typisch Köln, schießt es einem da durch den Kopf. Man verkauft der Stadt ein mangelhaftes Produkt, von dem man weiß, dass es mangelhaft ist. Könnte ja sein, dass sich trotzdem niemand beschwert...

Nun will das Amt für Verkehrsmanagement herausfinden, wie es um die Haftung des Herstellers steht. Das Bestehen eines Gewährleistungsanspruches werde geprüft, heißt es. Soll ja niemand sagen, die Stadtverwaltung habe die Bodenhaftung verloren. Immerhin wurden 450.000 Euro Steuergeld für das Verschönerungsprogramm ausgegeben. Macht bei knapp 5000 Objekten 90 Euro pro Stück.

Stadt ist von Erfolg des Projekts überzeugt

Konkret wurden 1481 Verkehrsmasten, 736 Ampelmasten, 1369 Lampenmasten der Rheinenergie, 87 Versorgungskästen und 1280 Rückseiten von Verkehrsschildern mit der Anti-Haft-Farbe beschichtet, wie die Stadt auf Anfrage der Rundschau preisgibt. Bei der Aktion habe es sich um „die Erprobung eines neuen Beschichtungsmaterials“ gehandelt. Der Hersteller, der die Probleme über eine neue Grundierung abstellen wolle, habe „fehlerhafte Stellen bereits nachgearbeitet. Dennoch löst sich an einigen Masten die Beschichtung erneut.“ Vielleicht kann ja eine Haftpflichtversicherung helfen.

Trotz dieses Fiaskos ist man im Rathaus vom Erfolg des Projekts überzeugt. „Die Maßnahme hat zu einem besseren Stadtbild beigetragen, weil Aufkleber, Bemalungen und ähnliches wesentlich schlechter halten“, teilt die Stadt mit. Gleichzeitig stellt sie klar: „Eine weitere Beschichtungsmaßnahme mit diesem Material ist nicht geplant.“

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