Instandhaltung, Neubau und Sicherheit sind die größten Herausforderungen für das Kölner Unternehmen. Die Energie-Wende kostet in den nächsten Jahren Milliardensummen.
Kölner UnternehmenRheinenergie fordert politische Regeln zur Energiewende

24.06.2019 Zentrale der Rheinenergie
Copyright: Thomas Banneyer
Das Unternehmen Rheinenergie will in den kommenden Jahren massive Investitionen anschieben, um sich zukunftsfähig aufzustellen. Zugleich fordert Vorstandsvorsitzender Andreas Feicht verbindliche Weichenstellungen von der Politik. Unter anderem thematisiert er die Ausgestaltung von Genehmigungsverfahren für neuartige Anlagen.
So sollten sich die Umweltminister in den Bundesländern beispielsweise bei der Errichtung neuer Wärmepumpen an Flüssen auf einheitliche, verbindliche Standards einigen. Ansonsten drohten sich Investitionen und somit Innovationen zeitlich zu verschleppen, weil einzelne Behörden aus Unsicherheit zu komplexe Anforderungen in den Verfahren zur Genehmigung stellen.
Die Rheinenergie plant derzeit für 280 Millionen Euro Europas größte Fluss-Wärmepumpe im Kölner Stadtteil Niehl. Bis Ende dieses Jahres erwartet das Unternehmen die Baugenehmigung. Damit ist man bereits im Verzug. Nun wird ein Zeitraum Ende 2027 oder Anfang 2028 für die Inbetriebnahme angepeilt.
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Standorte für Fernwärme- Produktion
Der Standort Niehl ist nach Angaben der Verantwortlichen geeignet, weil dort bereits ein Gas-Kraftwerk der Rheinenergie in Betrieb ist. Dadurch können Zeiten, in denen die Wärmepumpe nicht genug Leistung liefert, ausgeglichen werden. „Die aktuelle Investition wird nicht dazu führen, dass der Fernwärme-Preis steigt“, erklärte Andreas Feicht am Montag: „Die künftigen Projekte aber werden komplizierter.“
Denn einen ähnlichen Standort mit vorhandenen Einrichtungen gibt es im Rheinland derzeit nicht. „Es werden aber sicher weitere, kleine Anlagen dieser Art folgen“, skizzierte Feicht die Zukunft: Nur so könnten die Fernwärmenetze etwa in Köln wie politisch gewünscht ausgebaut werden. Bisher werden rund 85 Prozent der dafür benötigten Energie mit Gas-Kraftwerken erzeugt. Mittelfristig sollten diese auf den Betrieb mit Wasserstoff umgestellt werden. An das Kernnetz für diesen Energieträger werde Köln wohl bis 2023 angeschlossen.
Für herausfordernd hält Feicht das von der Bundesregierung angekündigte Finanzpaket für die Infrastruktur. „Der Markt ist kaum aufnahmefähig“, so der Rheinenergie-Chef. In den vergangenen Jahren seien die Preise für Baumaterialien wie Kabel, Leitungen oder Rohre schon drastisch angestiegen. Wenn sich die Nachfrage jetzt sprunghaft erhöhe, drohten weitere Kostenexplosionen.
Um den „enormen Investitionsbedarf“ für die kommenden Jahre zu decken, hat die Rheinenergie aus dem jüngsten Jahresergebnis 100 Millionen Euro zurückgelegt. Das sei aber nur ein vergleichsweise geringer Teil von dem, was tatsächlich finanziert werden müsse, betonte Finanzvorständin Birgit Lichtenstein.
Vier Milliarden Euro Investitionen
Das Volumen für Ausgaben beziffert Lichtenstein für die nächsten zehn Jahre mit rund vier Milliarden Euro. Etwa eineinhalb Milliarden Euro davon werden man auf dem Kapitalmarkt oder in Kooperation mit Partnern finanzieren müssen. Zudem sei es unwahrscheinlich, dass die Rheinenergie wie im vergangenen Jahr eine erhebliche Summe an die GEW-Holding und damit indirekt an die Stadt Köln als Haupteigentümer abführt, unterstrich die Finanzvorständin.
„Wir stehen vor historischen Umbauanforderungen“, erklärte Andreas Feicht. Für den politisch gewollten Ausbau der Fernwärme müssten neue Erzeugungsanlagen errichtet werden, außerdem sei ein hohes Volumen an Leitungen zu verlegen. „Diese Rohre kosten rund 10.000 Euro pro Meter“, gibt der Vorstandsvorsitzende zu Bedenken: „Das wird in dicht besiedelten Gebieten möglich sein, in Außenbezirken und im ländlichen Raum aber kaum.“
Auch das Netz zur Verteilung des Stroms müsse umfassend auf einen aktuellen Stand gebracht werden, heißt es von den Verantwortlichen der Rheinenergie. Unter anderem würden Paket-Lieferdienste ihre Fahrzeuge auf Elektrobetrieb umstellen, wofür die entsprechende Infrastruktur geschaffen werden müsse. Wichtig sei es auch, im Bereich des privaten Ladens von Elektroautos neue Wege zu gehen.
E-Autos zum Nulltarif laden?
So sei es unverständlich, dass in Ländern wie Frankreich, Niederlande oder Großbritannien bereits die Möglichkeit bestehe, in den Fahrzeugen gespeicherten Strom bei Sonnen- und Wind-Flaute ins Netz zurückfließen zu lassen. Wenn man dieses „bidirektionale Laden“ ermögliche, könne das für die Kundinnen und Kunden dazu führen, dass sie einen Großteil des Jahres die Antriebsenergie für ihr Auto zum Nulltarif bekämen. Um schwankende Leistungen der erneuerbaren Energien auszugleichen, sei das für die Versorgungsunternehmen ein wichtiger Baustein.
Ein weiterer Aspekt, der das Unternehmen Rheinenergie derzeit umtreibt, ist die Sicherheit seiner kritischen Infrastruktur. Damit die Bürgerinnen und Bürger auch weiterhin verlässlich mit Strom, Wärme und Wasser versorgt werden können, sei es wichtig, dass die entsprechenden Einrichtungen resilient gegen hybride Angriffe seien. So würden bei der Rheinenergie bis zu 1.400 Angriffe auf die IT-Struktur pro Tag abgewehrt.
Zudem sei es notwendig, physische Sabotage zu vermeiden. Als Beispiel nennt Andreas Feicht den Bau einer neuen Leitstelle zur Überwachung und Steuerung von Energie-Verteilnetzen. Die soll bald an einem geheim gehaltenen Standort neu gebaut werden. „Es geht bei der Planung auch um die Frage, wie weit der Zaun vom Gebäude entfernt installiert wird“, erläuterte Feicht. Dabei würden Berechnungen angestellt, ab wann man von einer Sicherung gegen Schüsse ausgehen könne: „All das führt zu steigenden Kosten, die von uns allen über die Netzentgelte bezahlt werden müssen.“