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„Da endet mein Humor“Bezirksbürgermeister stark verärgert über „Fresse halten“-Zitat

Lesezeit 4 Minuten

Festnahme auf dem Wiener Platz: Bezirksbürgermeister Norbert Fuchs hat Sorge, dass nach den Reformplänen die Sicherheit im Veedel nicht mehr ausreichend gewährleistet ist.

Köln – Der Streit um das „Fresse halten“-Zitat von Polizeipräsident Uwe Jacob verschärft sich. Bezirksbürgermeister Norbert Fuchs (SPD), dem der Satz galt, beschwerte sich am Montag massiv über den Vorgang. Die Äußerung sei „beleidigend, unangemessen und inakzeptabel“, heißt es in einem Schreiben an Jacob. Eine Durchschrift schickte der schwer verärgerte Bezirksbürgermeister auch an Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos).

Uwe Jacob hatte bei einer internen Veranstaltung der Polizei am 9. Juli jenen Satz über den Bezirksbürgermeister aus Mülheim gesagt (die Rundschau berichtete). Vorher hatte Fuchs die Umstrukturierungspläne der Polizei kritisiert (siehe Info-Kasten). Jacob sagte, der Bezirksbürgermeister habe ohne Sachkenntnis Aussagen gemacht, „die bei den Menschen Ängste verursachen könnten“. Er habe deshalb gesagt, dass er dazu gern den Kabarettisten Dieter Nuhr zitieren würde und sagte: „Wenn man keine Ahnung hat, einfach mal die Fresse halten“. Der Spruch von Nuhr stammt aus einem mehrere Jahre alten Bühnenprogramm. Er wurde so populär, dass Nuhr über seine Internetseite T-Shirts und Tassen damit verkauft.

Persönliche gezielte Attacke

Fuchs betonte, dass es sich bei dem Spruch nicht um einen emotionalen Ausrutscher handelt, sondern um eine persönliche gezielte Attacke. „Da endet mein Humor. In meiner dreißigjährigen Amtstätigkeit als Bezirksbürgermeister hat mir noch niemand gesagt, dass ich die Fresse halten soll.“ Fuchs sagte weiter, dass er sich um sein Veedel Sorgen mache und dies müsste erlaubt sein. Er würde sich wünschen, dass der Polizeipräsident nicht nur medienwirksam am Ebertplatz posiere, sondern sich auch um die Probleme am Wiener Platz kümmere. Fuchs kündigte an, er werde sich nicht den Mund verbieten lassen: „Da werde ich auch nicht ,die Fresse halten' um in Ihrem Jargon zu bleiben.“ Dass es sich bei Jacobs Äußerungen um ein Zitat des Kabarettisten handelt, lässt Fuchs nicht als Rechtfertigung gelten: „Sie sind kein Kabarettist, sondern Polizeipräsident.“

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Jacob hält dagegen und betonte, dass, noch bevor die Pläne den Beamten mitgeteilt worden sind, „Fake-News“ verbreitet worden seien. Er hätte sich gewünscht, dass Fuchs zuerst mit dem Polizeipräsidenten spreche und sich dann äußere. Die Sorge von Bezirksbürgermeister Fuchs, dass sogenannte „Dorf -Sheriffs“ aus dem Stadtteil abgezogen würden, sei unbegründet. „Die seit Jahren in den Vierteln tätigen Veedels-Polizisten werden vor Ort bleiben. Sie sind das Rückgrat unserer Arbeit“, sagte Jacob der Rundschau.

Fuchs wie Börschel SPD-Mitglied

Der Vorgang war durch eine Landtagsanfrage des Kölner SPD-Politikers Martin Börschel publik geworden. Börschel hatte Jacob vorgeworfen, erst vor 40 und dann noch einmal vor 400 Polizisten den „Fresse-halten“-Satz über den Bezirksbürgermeister gesagt zu haben. Fuchs ist wie Börschel SPD-Mitglied. Börschel forderte in einer Kleinen Anfrage die Landesregierung auf, sich mit der Aussage zu befassen und fragt: „Welche Konsequenzen zieht die Landesregierung?“ Und: „Hält die Landesregierung trotz der Kritik an den Umstrukturierungsplänen fest ?“ Die Landesregierung hat vier Wochen Zeit für eine Antwort.

Reformpläne

Mehr Ermittler gegen Kindesmissbrauch und Gefährder, mehr Beamte im Streifendienst und Fahnder der Einsatztrupps, die an drei Orten in der Stadt konzentriert werden. Rund 100 Beamte werden in den kommenden Wochen an neuen Arbeitsplätzen bei der Polizei eingesetzt.

Die Anweisung für die Pläne kommen von Innenminister Herbert Reul, der unter anderem die Verdoppelung der Fahnder in den Bereichen Kindesmissbrauch und im Kampf gegen den Terrorismus anordnete.

Kritiker der Reformpläne befürchten, dass in den Stadtteilen die langjährigen Fahnder abgezogen werden und damit im Kampf gegen beispielsweise Drogenkriminalität Wissen verloren geht. Dem widerspricht Polizeipräsident Uwe Jacob, der betonte, dass die zuständigen Beamten aus den Veedeln vor Ort bleiben.

Ausgedünnt werden allerdings die Anzahl der so genannten Zivilfahnder. Sie werden in drei Inspektionen zusammengezogen – Ehrenfeld, Innenstadt und Kalk. Auch mit der Bündelung an drei Standorten sei die Polizei schlagkräftig: „Wenn Personal gebraucht wird, können wir schnell dorthin fahren“, sagte ein Polizeisprecher der Rundschau. Eine Verschlechterung der Strafverfolgung sieht die Behörde nicht. (ta)

Das Innenministerium hat Kenntnis von dem Vorgang: „Zu dem Sachverhalt ist eine Kleine Anfrage aus dem Parlament im Innenministerium eingegangen. Diese wird derzeit bearbeitet“, sagte ein Ministeriumssprecher. Christian Joisten, Fraktionschef der Kölner SPD, sagte, dass die Fraktion den Kampf gegen die Kinderpornografie unterstütze, doch dies dürfe nicht auf Kosten der Sicherheit im Veedel gehen. Wie die Rundschau aus informierten Kreisen erfuhr, haben Jacob und Bezirksbürgermeister Fuchs nach dem Bekanntwerden des Dieter-Nuhr-Zitates telefoniert. Den Inhalt des Gespräches wollen die Beteiligten am Dienstag mitteilen. Polizeipräsident Jacob ist zurzeit im Sommerurlaub.