Kirche in KölnGeneralvikar rechtfertigt Priester-Beförderung nach Sex mit 17-Jährigem

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Dunkle Wolken über Köln

Wolken über dem Kölner Dom (Symbolbild)

Köln – Entsetzt zeigt sich der Katholikenausschuss Köln über Äußerungen des Generalvikars Markus Hofmann zu einem Missbrauchsfall. Es geht um den beurlaubten stellvertretenden Düsseldorfer Stadtdechanten. Der wurde von Kardinal Woelki 2017 in sein Amt berufen, obwohl Woelki davon wusste, dass der Geistliche im Jahr 2001 in direktem Domumfeld sexuellen Kontakt zu einem 17-jährigen Prostituierten aus der Obdachlosenszene hatte.

In der WDR-Sendung „Lokalzeit“ rechtfertigte Hofmann die Personalie: Der Vorfall sei weder nach kirchlichem noch nach weltlichem Recht eine Straftat gewesen. Der Vorsitzende des Katholikenausschusses, Gregor Stiels, dazu: „Ethisch-moralische oder gar christliche Wertmaßstäbe spielen aus opportunistischen Selbsterhaltungsreflexen in der Kirchenleitung offenbar keine Rolle mehr.“ Stiels fordert Woelki und Hofmann auf, „öffentlich und glaubhaft eine Auseinandersetzung mit der eigenen Verantwortung für Fehlentwicklungen vorzunehmen“.

Weitere Vorwürfe gegen Düsseldorfer Geistlichen

Dass die sexuelle Handlung mit einem 17-Jährigen im Schatten des Doms der einzig belegbare Vorfall im Zusammenhang mit dem Düsseldorfer Geistlichen ist, liegt daran, dass er ihn bei der Polizei zu Protokoll gab. Der Priester zeigte den jungen Mann nämlich an, weil dieser ihn mit dem sexuellen Kontakt erpresste.

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Mehrere Beschuldigungen gab es aber bereits im Vorfeld gegen den Geistlichen. Sie sind dokumentiert in dem Missbrauchsgutachten. Demnach soll er dem Patensohn eines Diakons Pornofilme gezeigt und ihn zu Saunagängen eingeladen haben. Dieser Vorwurf war im Erzbistum Köln bereits seit den 1990er Jahren bekannt.

Der Priester stritt die Vorwürfe ab, wurde aber in der Folge versetzt. Weitere Vorwürfe: Ein Mann beschuldigte den Geistlichen der sexuellen Belästigung ihm gegenüber. In anonymen Schreiben wurde er des sexuellen Missbrauchs Minderjähriger bezichtigt. Auch das stritt er ab, zog sich aber aus der Jugendarbeit zurück. (ngo)

Hofmann erklärte in der WDR-Sendung: Zum Zeitpunkt der Ernennung sei der Vorfall mit dem 17-Jährigen der „einzig klar belegte Fall“ gewesen (siehe Infotext). Zu dem Beschuldigten sagte der Generalvikar: „Natürlich wünscht sich niemand so einen. Aber er hat es gestanden, er hat es eingesehen und eine Therapie gemacht.“ Eine psychiatrische Untersuchung habe ergeben, er sei uneingeschränkt einsetzbar. „Es handelte sich um eine einmalige Verhaltensweise, die aufgearbeitet ist“, so Hofmann in der „Lokalzeit“. „Und wenn jemand Reue zeigt, geständig ist und daran arbeitet, dann kann man ihm eine Chance geben.“

Kardinal Woelki hatte sich bereits im Vorfeld mit einer Stellungnahme zu dem Fall geäußert. Der sei von der Kanzlei Gercke im Gutachten ausführlich dokumentiert worden. Ihm werde dabei keine Pflichtverletzung vorgeworfen.

„Die Geduld ist aufgebraucht“

Der Katholikenausschuss zeigt sich „entsetzt und geradezu fassungslos über die verharmlosende und menschenverachtende Haltung des Generalvikars“. Stiels wirft der Bistumsleitung vor, sich alleine auf den Standpunkt zurückzuziehen, dass Sex mit einem 17-Jährigen nicht strafbar sei. „Die Einlassung belegt die uneinsichtige, nur sich selbst schützende Haltung bei der Behandlung sexuellen Fehlverhaltens durch Priester im Verhältnis zu Minderjährigen.“ Stiels weiter: „In der Lebenswirklichkeit der meisten Gläubigen – und wohl auch in der Gesellschaft insgesamt – ist es trotzdem nicht in Ordnung.“ Die Geduld der Gläubigen sei damit endgültig aufgebraucht.

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Hofmann sagte auf Nachfrage der Rundschau, er habe bereits Kontakt mit dem Katholikenausschuss aufgenommen, „um direkt miteinander zu sprechen“.

Wie nun die Laien, so forderte am vergangenen Wochenende bereits der Kölner Stadtdechant Robert Kleine moralische Kategorien bei der Beurteilung von sexuellem Missbrauch im Erzbistum ein. In einem Beitrag des Kurznachrichtendienstes Twitter bezeichnete er es als gravierenden Fehler, Fälle sexuellen Missbrauchs in der Kirche alleine danach zu bewerten, ob sie justiziabel sind. Kleine erwartet von den Verantwortlichen, Fehler einzugestehen und Verantwortung zu übernehmen.

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