Die KVB warten auf ein Konzept zur Unterbringung suchtkranker Menschen. Doch das ist nicht in Sicht.
Schließung der Kölner U-Bahnhöfe in weiter FerneAlternative Notschlafplätze für suchtkranke Menschen fehlen - Situation belastet KVB-Kunden

Nicht mehr als eine Vision? U-Bahnhöfe wie dieser in Berlin, die nachts in den Betriebsruhezeiten geschlossen sind.
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Die Lage ist so dramatisch wie gefährlich. Für alle Beteiligten. Und sie ist seit langem bekannt. Mehr als 40 suchtkranke oder obdachlose Menschen übernachten täglich in der U-Bahn-Haltestelle Appellhofplatz, in zahlreichen weiteren Haltestellen sieht es ähnlich aus. Die Menschen liegen unter Drogeneinfluss in den Passagen oder ziehen sich in die Tunnel neben den Gleiskörpern zurück.
Nach erfolglosen Versuchen, die Situation mithilfe eines Sicherheitsdienstes zu ändern hatten die KVB angekündigt, zunächst den Appellhofplatz in den Nachtstunden ohne Bahnbetrieb zu schließen. Das allerdings erst dann, wenn den suchtkranken Menschen alternative Übernachtungsangebote zur Verfügung gestellt würden. „Hilfebedürftige Menschen sollen nichts vor unseren Rolltoren enden“, ist der KVB-Vorstandsvorsitzenden Stefanie Haaks wichtig.
Wie die Rundschau erfuhr, wollten die KVB die U-Bahn-Haltestelle Appellhofplatz ursprünglich bis zum Herbst nachts schließen. Doch wie Haaks in dieser Woche am Rande einer Pressekonferenz sagte, gibt es bisher keine Alternativangebote. „Das Gesamtkonzept dafür liegt nicht in unserer Hand“, verwies die KVB-Chefin an die Stadt und damit an das Sozialamt. Doch wie eine Nachfrage der Rundschau bei der Stadtverwaltung zeigt, wird die Umsetzung eins solchen Konzeptes noch lange brauchen.
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Dabei war die Situation in den unterirdischen Haltepunkten bereits im April 2024 im Stadtrat ausführlich diskutiert worden; in einem Antrag hatte das Ratsbündnis von Grünen, CDU und Volt die Finanzierung eines Sicherheitskonzeptes gefordert. Bekannt war die hohe und weiter steigende Zahl suchtkranker Menschen schon lange vor dieser Antragstellung. Die Probleme seien nicht neu, aber immer drängender geworden, hatte KVB-Vorstandsvorsitzende Stefanie Haaks im Juni dieses Jahres festgestellt. Es habe zahlreiche Kundenrückmeldungen gegeben, manche fürchten um die Sicherheit ihrer Kinder auf dem Schulweg. Andere fühlten sich durch die unter Drogeneinfluss stehenden oder offen konsumierenden Menschen vor allem in den Abendstunden bedroht.
Suchtkranke Menschen schlafen in den Tunnelröhren
Lebensgefährlich ist die Situation für die suchtkranken Menschen, die sich auf der Suche nach einem Schlafplatz in die Tunnelröhren zurückziehen. Oder die in den Hohlräumen unter den Bahnsteigkanten ganz nah an den Gleisen liegen – schlafend oder unter Drogen. Früh morgens, bevor die ersten Bahnen fahren, holen KVB-Sicherheitskräfte diese Menschen täglich aus ihren Verstecken und retten ihnen damit womöglich das Leben.
Mit der Schließung des Appellhoflatzes würde sich das Problem möglicherweise nur verlagern. Damit das nicht passiere, müssten neue, sichere Rückzugsmöglichkeiten geschaffen werden, die erreichbar seien, hatten SKM-Vorstand Jens Röskens und Markus Wirtz, Geschäftsführer der Drogenhilfe Köln im Juni dieses Jahres gefordert. „Wir beobachten schon jetzt, dass unsere Klienten in andere Stadtviertel ausweichen und etwa an der U-Bahn-Haltestelle Piusstraße übernachten“, so Wirtz.
Wir beobachten schon jetzt, dass unsere Klienten in andere Stadtviertel ausweichen und etwa an der U-Bahn-Haltestelle Piusstraße übernachten.
Auf eine Anfrage der Rundschau, welche konkreten Konzepte geplant seien, um eine zeitnahe Schließung der U-Bahn Haltestellen zu ermöglichen, verwies die Stadt auf die Diskussion im Hauptausschuss Mitte August. Hier legte Sozialdezernent Harald Rau ein ausführliches Arbeitspapier vor, das die Entscheidungsfindung für ein Suchthilfekonzept vor, das nicht auf die Schließung der Haltestellen abzielte, sondern die gesamte Suchtproblematik in der Innenstadt in den Blick nahm. Darin schlägt der Dezernent vor, drei „Suchthilfezentren“ einzurichten, die eine „Weiterentwicklung der vorhandenen oder geplanten Drogenkonsumräume“ darstellen; zwei davon sollen im Linksrheinischen liegen. Dazu, wo diese Flächen und Räume im Linksrheinischen liegen sollen, konnte er noch nichts sagen. Auch die Überlegungen zur konkreten Gestaltung und zur Finanzierung der Angebote stehen noch ganz am Anfang.
Für Januar 2026 stellte Rau die Eröffnung des Drogenkonsumraums in Kalk in Aussicht. Der war 2018, also von acht Jahren, vom Stadtrat ebenso beschlossen worden wie ein Drogenkonsumraum in Mülheim, für den noch nicht einmal Räume gibt. Des weiteren verwies das Sozialamt auf die bestehenden 74 Plätze in Notschlafstellen, 52 davon lägen in der Innenstadt. Bei diesen 52 Plätzen sind die 24 Plätze für drogenkonsumierende Menschen, die fußläufig gut vom Dom/Hauptbahnhof, Appellhofplatz oder Neumarkt erreichbar sind, schon mitgezählt.
Wann und ob dieses Konzept überhaupt umgesetzt werden kann, ist noch völlig offen. Und damit rückt auch die Schließung der U-Bahn-Stationen in weite Ferne.