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Pilotprojekt in KölnDas steckt hinter den Tüchern auf der Hohe Straße

Lesezeit 4 Minuten
Damit Passanten im Sommer „nicht heißlaufen“ hängen in der Hohe Straße Sonnensegel. Die Uni Köln begleitet das Projekt.

Damit Passanten im Sommer „nicht heißlaufen“ hängen in der Hohe Straße Sonnensegel. Die Uni Köln begleitet das Projekt.

Köln testet textile Sonnenschirme in Einkaufsstraßen, um Hitze zu mindern. Dieses Projekt wird wissenschaftlich begleitet und soll Vorbild für andere Straßen sein.

Ein Hauch Sevilla weht durch die Hohe Straße. Sonnensegel flattern über einigen Altstadtgassen der spanischen Metropole – wie eben nun auch wieder in der Kölner Einkaufsmeile. Wobei, der Vergleich hinkt natürlich. In der Domstadt sind die Segel eher Tücher. Die Illusion einer spanischen Stadt ist sowieso spätestens beim Blick auf die eher schnöden Fassaden der Hohe Straße schnell zerstört. Und dennoch, die Kölner Tücher dürfen in ihrer Bedeutung nicht gering geschätzt werden. Ihr Zweck: Passanten sollen einen kühlen Kopf behalten. Dafür sind sie in diesem Jahr Teil eines wissenschaftlichen Projekts.

Klimalabor Innenstadt

Hinter den Tüchern aus Markisenstoff verbirgt sich ein Pilotprojekt. Es hört auf den Namen: „Klimalabor Kölner Innenstadt“. 2024 wurde es durch den Verein „Stadtmarketing Köln e.V“ in Kooperation mit der Kapitalverwaltungsgesellschaft Aachener Grundvermögen ins Leben gerufen und wird unter anderem durch den „Verfügungsfonds Kölner City“, einem Tochterunternehmen der Stadt Köln, finanziert. Der Fonds finanziert 80 Prozent der Kosten, jedoch ist der Zuschuss gedeckelt auf 20.000 Euro.

Bereits im zweiten Jahr

Seit rund zwei Wochen hängen die Fahnen in diesem Frühjahr über Kölns bekannter Einkaufsmeile. Sie sind am oberen Ende an Drahtseilen befestigt, die wiederum an den Fassaden fixiert wurden. Im Bereich des Mediamarktes wehen sie in einer Höhe von rund fünf Metern im Wind. Eine Premiere ist das nicht, bereits im August 2024 wurden sie für einige Monate dort aufgehängt. Im vergangenen Jahr haben die Anschaffung, Lagerung und Montage der Tücher rund 25.000 Euro gekostet. Da die Tücher nicht erneut neu angeschafft werden mussten, beliefen sich die Kosten in diesem Jahr mit 12.000 Euro auf knapp die Hälfte des Vorjahres. Und noch etwas ist anders. „Wir konnten vergangenes Jahr erst im späteren Sommer einsteigen, weil noch die Mittel für das Projekt freigegeben werden mussten“, sagt Annett Polster, Geschäftsführerin des Stadtmarketing-Gesellschaft Köln. In diesem Jahr startete das Projekt bereits Anfang Juni. Doch was sollen die Fahnen eigentlich bewirken?

Überhitzung der Innenstadt

„Hintergrund dieser Maßnahme sind Überlegungen, der Überhitzung der zentralen Kölner Innenstadt- Handelslagen an heißen Sommertagen entgegenzuwirken und damit nachhaltig zu einer Verbesserung des Innenstadtklimas beizutragen“, erklärt Polster. Um das Ziel zu erreichen, wurde in diesem Jahr die Universität zu Köln mit ins Boot genommen. „Dank der wissenschaftlichen Unterstützung der Forschungsgruppe um Professor Ulrich Löhnert werden nun konkrete Daten wie etwa die Unterschiede in der Lufttemperatur, der Luftfeuchtigkeit und der Windgeschwindigkeit gemessen und ausgewertet“, erklärt Polster weiter. Das Stadtmarketing leistet Pionierarbeit: „Durch das Projekt werden erstmalig kontinuierliche und hochauflösende Messungen in einer Fußgängerzone einer großen deutschen Innenstadt im Zusammenhang mit der Umsetzung konkreter Maßnahmen durchgeführt“, so die Geschäftsführerin des Stadtmarketings.

Auflagen der Feuerwehr

Doch warum wehen in Sevilla Segel und in Köln nur Fahnen? „Wir wollten zunächst in der Hohen Straße Segel anbringen, aber leider erfüllten sie nicht die Auflagen der Feuerwehr, sodass wir uns was Neues überlegen mussten“, sagt Polster. Und das Neue waren eben die Fahnen. Doch auch dafür gab es „umfangreiche feuerwehrtechnische Sicherheitsauflagen“. Eine Auflage: Fluchtwege müssen frei bleiben. Im Falle der Hohe Straße und der Fahnen bedeutet das, die Feuerwehr muss Menschen in Not und Gefahr durch die Fenster retten können – die Fenster müssen frei bleiben.

Aufwertung für Standort

Dass ein Stadtmarketing eine Einkaufsmeile attraktiver machen möchte, liegt auf der Hand. Dass Wissenschaftler die Hitzeentwicklung in der Innenstadt erforschen wollen, ebenso. Doch was will eine Kapitalverwaltungsgesellschaft wie die Aachener Grundvermögen in dem Projekt? Dem Unternehmen gehören eine große Zahl von Häusern in der Hohe Straße und der Schildergasse – unter anderem auch das Gebäude, in dem der Elektrohändler Mediamarkt residiert. Und die Aachener Grundvermögen wollen „für ihre Mieter und die Innenstadtbesucher ein nachhaltiges attraktives Angebot schaffen“, heißt es dazu in einer Mitteilung. Auf Deutsch: Ein attraktiver Standort bringt höhere Mieten.

Im vergangenen Jahr wurden die Tücher später als vorgesehen aufgehängt, in diesem Jahr müssen sie vielleicht noch ihre Position wechseln. Vorgesehen ist eigentlich, dass sie bis zum Herbst in der Hohe Straße an ihrem jetzigen Platz bleiben. Doch es stehen Baumaßnahmen in dem Bereich der Einkaufsmeile an. Sollten die Tücher davon betroffen sein, würden sie einfach ein Stück „verschoben“ werden.

Ein Projekt mit Perspektive

Perspektivisch soll das Projekt nicht auf die Hohe Straße begrenzt bleiben. Stadtmarketing möchte die Fahnen auch in anderen Straßen aufhängen. Dafür müsse man sich aber noch mit der Feuerwehr hinsichtlich der Auflagen, die erneut auf das Projekt zukommen werden, verständigen, sagt Geschäftsführerin Annett Polster.