Die Stadt spricht nicht mehr von „Schlüsselübergabe“, sondern nur noch von „baulicher Fertigstellung“. Hinter dieser Wortwahl verbirgt sich ein komplexer Zeitplan, der die Eröffnung 2026 gefährdet. Ein Blick hinter die Kulissen der größten Kulturbaustelle Kölns.
Wenn Worte die Wahrheit verschleiernOpernstart am Offenbachplatz 2026 auf der Kippe

Schöne Aussichten – ohne Zeitangabe: So sollen sich die Menschen vor dem Opernhaus tummeln – wann, ist offen. Foto: Förder Landschaftsarchitekten
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Sprache und Wortwahl haben eine bedeutende Wirkung, besonders in der Kultur. Worte können aber auch Unklarheiten schaffen, wie aktuell bei der Baustelle der Kölner Bühnen. Auch wenn die ersten Abschnitte fertig sind, wackelt ein möglicher Eröffnungstermin am Offenbachplatz zum Start der Kultursaison Ende September 2026 bedenklich.
Was hat sich in der Wortwahl der Bühnen geändert?
Der frühere technische Betriebsleiter Bernd Streitberger hat immer von einem Termin für die Schlüsselübergabe gesprochen. Dafür sollten alle der sogenannten Wirkprinzip-Prüfungen, alle Abnahmen und die Mängelbeseitigung erfolgt sein. Nach seinem gesundheitsbedingten Abschied zum 1. Juli 2024 traten Projektleiter Jürgen Marc Volm und Baudezernent Markus Greitemann als Betriebsleiter derzeit ist Stadtdirektorin Andrea Blome technische Betriebsleiterin seine Nachfolge an. Seitdem ist der Begriff Schlüsselübergabe verschwunden, das neue Ziel lautet bauliche Fertigstellung.
Was bedeutet das für Sanierung?
Baulich fertig heißt, dass der Großteil der Arbeiten abgeschlossen ist. Ab dem Punkt ist ein Gebäude theoretisch nutzbar. Wie die Stadt mitteilte, gilt das bereits für das „Hinterhaus der Oper, 5. bis 10. Obergeschoss“. Wie berichtet, ist die komplette bauliche Fertigstellung des Opernhauses bis Ende Oktober geplant, also in rund sieben Wochen. Im November soll das Schauspielhaus folgen, im Dezember Kinderoper und das kleine Haus, ehemals Opernterrassen.
Ist das gleichzusetzen mit einer Schlüsselübergabe?
Nein. Die bauliche Fertigstellung ist viel früher erreicht, als es die von Streitberger anvisierte Schlüsselübergabe gewesen wäre. Wirkprinzip-Prüfungen, technische und behördlichen Abnahmen sowie Mängelbeseitigungen und Restarbeiten stehen dann noch aus. Die Stadt plant die behördlichen Abnahmen Anfang des zweiten Quartals 2026.
Was sind Wirkprinzip-Prüfungen?
Eine Sprecherin der Stadt erklärt auf Anfrage der Rundschau: „Im Opernhaus umfasst eine Wirkprinzip-Prüfung beispielsweise das Zusammenspiel sämtlicher sicherheitsrelevanter Anlagen, die für eine Evakuierung und den Löschangriff der Feuerwehr erforderlich sind.“ Als Beispiele nennt sie die Aktivierung der Sprachalarmierungsanlage mit Durchsage zur Evakuierung oder die Evakuierungsfahrt der relevanten Aufzüge in sichere Bereiche. Bei den Abnahmen lassen sich die Bauaufsicht und die Brandschutzbeauftragten alles vor Ort vorführen. Nur wenn alles funktioniert, gibt es grünes Licht der Behörden.
Wie lange dauern Prüfung und Abnahmen?
Fachleute gehen von mindestens drei bis sechs Monaten für die Prüfungen aus, bei Mängeln auch mehr. Ein Blick auf den alten Zeitplan für die Schlüsselübergabe verrät: Abnahmen und Restarbeiten benötigen ebenfalls rund drei bis sechs Monate. Der Blick verrät aber auch, dass Streitbergers Plan die Schlüsselübergabe ursprünglich für den 22. März 2024 vorgesehen hatte. Rund sechs Monate über den Sommer waren für die Rückkehr der Häuser an den Offenbachplatz eingeplant. Später wurde die Schlüsselübergabe auf Juni verlegt und dann begraben.
Wann beginnen die Umzüge und wie lange dauern sie?
Zu den Umzügen antwortet die Stadt: „Zum konkreten Zeitablauf können wir aktuell nichts sagen, die Planung wird intensiv mit den Intendanten besprochen. Der genaue Zeitplan hängt vom Inbetriebnahme- und Abnahmeprozess ab.“ Opernintendant Hein Mulders hat dem Kulturausschuss einst erklärt, dass eine Inszenierung am Offenbachplatz einen Vorlauf von fünf bis sechs Monaten benötigt. Zudem gilt in Kulturkreisen, dass Umzüge eigentlich nur in der Sommerpause stattfinden, denn während des Saisonbetriebs haben Schauspieler und Co. kaum Zeit für Urlaub oder Proben und Schulungen im neuen Haus.
Wann wird die Oper nun endlich fertig?
Wenn der ambitionierte Zeitplan eingehalten wird, sind die Bühnen-Bauten Ende des 2. Quartals fertig und abgenommen. Was jedoch in den Ankündigungen und Zeitplänen fehlt, ist die Fertigstellung der Außenanlagen. Auf dem Offenbachplatz steht ein Containerdorf. Und ohne Platz und Brunnen ergebe eine Eröffnung keinen Sinn, das war dem Vernehmen nach schon im vergangenen Jahr klar.
Wie lange dauert es dann bis zur Eröffnung?
„Zum jetzigen Zeitpunkt können wir nichts zu einem Eröffnungstermin sagen“, so die Stadt. Alle Zeitspannen zusammen ergeben einen möglichen Zeitraum von rund zehn oder elf Monaten ab der baulichen Fertigstellung bis zu einer möglichen Eröffnung des Opernhauses, allerdings nur im Idealfall. Dazu erklärt die kulturpolitische Sprecherin der SPD, Maria Helmis-Arend: „Angesichts des engen Zeitplans bin ich skeptisch, ob eine festliche Eröffnung der sanierten Bühnen am Offenbachplatz zum Start der Theatersaison im September 2026 möglich sein wird.“
Was passiert, wenn das nicht klappt?
Ideal ist bei diesem Bauprojekt allerdings nicht viel gelaufen. Es könnte auch 18 Monate und mehr dauern, wenn noch Probleme aufkommen. Ob Umzug und Eröffnung mitten in der Spielzeit angesichts der Kulturzeitpläne Sinn ergeben, ist fraglich. Möglicherweise stünde eine Eröffnung nach dem Sommer 2027 der Stadt und auch den Bühnen besser zu Gesicht und wäre für das Personal verträglicher. Maria Helmis-Arend zumindest fordert „eine radikale Öffnung der Bühnen zur Stadtgesellschaft“. Diese sei nötig, um aus der Milliardeninvestition und dem Opern-Desaster einen Erfolg zu machen.