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Programm „Welcome Walk“Wie ein Geflüchteter aus der Ukraine in Köln seine neue Heimat fand

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Der 26-jährige Vadym Malysh (r.) und Michael Fröhlich haben sich über das Projekt „Welcome Walk“ kennengelernt.

Der 26-jährige Vadym Malysh (r.) und Michael Fröhlich haben sich über das Projekt „Welcome Walk“ kennengelernt. 

Die Kölner Freiwilligenagentur bringt „Altkölner“ und „Neukölner“ für gemeinsame Unternehmungen zusammen. 

Zurück in die Ukraine will er nicht. Auch dann nicht, wenn der Krieg vorbei ist. „Köln ist meine Heimat“, sagt Vadym Malysh. Der 26-Jährige kam vor rund drei Jahren in die Domstadt und lebt in Mülheim. Dass er sich so angekommen fühlt, hat auch mit einem Programm der Kölner Freiwilligenagentur zu tun. „Welcome Walk“ heißt es und organisiert Zweier-Treffen zwischen Geflüchteten aus der ganzen Welt und Freiwilligen aus Köln. Die „Altkölner“ zeigen den „Neukölnern“ die Stadt. Dreimal für jeweils drei Stunden innerhalb von sechs Wochen lautet der Plan. Je nach Interessen können die Unternehmungen ganz unterschiedlich aussehen. 

Vadyms „Altkölner“ ist Michael Fröhlich (55) aus Nippes. Er hat bereits mehrmals beim „Welcome Walk“ teilgenommen, mit Vadym traf er sich vor rund vier Monaten das erste Mal für ein Kennenlernen am Rheinufer. Die beiden verstanden sich auf Anhieb. „Ich fand es toll, wie offen er war und wie gut er sich schon ausdrücken konnte. Er war sehr interessiert und hatte viele Fragen. Das habe ich so zum ersten Mal erlebt.“ Neu in Köln war Vadym zu diesem Zeitpunkt zwar nicht, jedoch fehlten ihm Kontakte zu Gleichaltrigen, die Deutsch sprechen. „Eine seiner ersten Fragen war deshalb, wo er neue Leute kennenlernen kann“, sagt Michael. „Es war mir eine Herzensangelegenheit, ihm einige Orte zu zeigen.“ 

Ehrenfeld war deshalb der Treffpunkt für den zweiten „Welcome Walk“ der beiden. An einem Samstagnachmittag zogen die beiden los und schauten hinter die Kulissen der Club-Szene: Im Artheater durften sie den Aufbau einer Veranstaltung beobachten, im Bumann & Sohn genehmigten sie sich ein Kölsch. „Ehrenfeld war schon immer tolerant und ein gemischtes Ausgehviertel, also für Vadym ideal“, sagt Michael. Sein „Neukölner“ schwärmt: „Es war wirklich interessant. Ich habe viel über die Kultur und die Mentalität in Köln gelernt.“

Aufgewachsen ist Vadym in der Stadt Czernowitz im Westen der Ukraine. Als die Invasion Russlands begann, reiste Vadym gerade durch Europa. Weil ein Freund von ihm bereits in Köln wohnte, kam er bei ihm unter. Es folgte ein Wust von Bürokratie, um in Deutschland bleiben zu können. „Das war wirklich sehr schwierig und stressig“, erinnert er sich. „Ich konnte noch gar kein Deutsch und habe die Briefe kaum verstanden.“ In der Tages- und Abendschule machte Vadym einen Deutschkurs und an der Volkshochschule einen Integrationskurs. Dort erzählte ihm eine Sozialpädagogin von den „Welcome Walks“. Heute befindet er sich in einer Ausbildung im Bereich Garten- und Landschaftsbau. 

Ich habe in Deutschland schon viele Städte besucht, aber Köln hat mir mit am besten gefallen.
Vadym Malysh

Vadyms Familie ist in der Ukraine geblieben. „Es ist wirklich eine schwierige Situation. Eine Flucht ist teuer und Männer müssen zum Militär“, sagt er. Die Angehörigen sind bei den „Neukölnern“ oft ein großes Thema. „Viele haben schwere Verhältnisse hinter sich gelassen“, weiß Michael durch seien freiwillige Arbeit. „Man wird demütiger und die eigenen Probleme wirken klein.“ 

Seit drei Jahren ist er für die Kölner Freiwilligenagentur im Einsatz. Für sein Engagement trat der Kölner beruflich kürzer. „Es bereichert mich, etwas über die Kulturen der Neukölner zu lernen. Und ich bekomme einen anderen Blick auf Köln. Dabei merkt man natürlich nicht nur das Schöne, wie die Willkommenskultur, sondern auch die Unzulänglichkeiten“, sagt er und lacht.

„Grundsätzlich bin ich aber Werbetreibender für die eigene Stadt. Die Menschen gehen mit Toleranz aufeinander zu, anstatt Barrieren aufzubauen.“ Vadym stimmt ihm zu. „Ich habe in Deutschland schon viele Städte besucht, aber Köln hat mir mit am besten gefallen. Ich finde es toll, wie viele soziale Projekte es hier gibt. Das kenne ich aus der Ukraine nicht.“ Dem Team der Kölner Freiwilligen Agentur sind die beiden dankbar. „Das Projekt wird mit viel Mühe und Liebe zum Detail begleitet“, sagt Michael. Eine Arbeit, die Früchte trägt, wie Vadyms Fall zeigt: „Der Welcome Walk hat mir sehr geholfen, mich in Köln zuhause zu fühlen.“