Kölner Böllerwerfer„Gorilla Bomb“ verletzte 22 Menschen – und jammert vor Gericht

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Von seiner Anwältin abgeschirmt: Der 35-Jährige steht seit Dienstag wegen seines Böllerwurfs vor Gericht.

Von seiner Anwältin abgeschirmt: Der 35-Jährige steht seit Dienstag wegen seines Böllerwurfs vor Gericht.

Köln – Es lief die 83. Spielminute. In der Bundeligapartie zwischen dem 1. FC Köln und Borussia Mönchengladbach stand es 0:1 und der FC stemmte sich erfolglos gegen eine weitere Derbyniederlage, als das Rheinenergie-Stadion von einem ohrenbetäubenden Knall erschüttert wurde. Die Detonation rührte von einem illegalen Böller der Marke „Gorilla Bomb“ her. Geworfen wurde der Knallkörper von einem 35-Jährigen, der direkt am Absperrgitter zwischen Südtribüne und dem Innenraum stand. Seit Dienstag steht der Mann aus Ehrenfeld wegen Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion, gefährlicher Körperverletzung und Sachbeschädigung vor der 13. Großen Strafkammer des Landgerichts.

Laut Anklageschrift kamen bei der Detonation 22 Personen zu Schaden. Ordner und Pressefotografen, darunter auch ein Mitarbeiter der Rundschau, erlitten unter anderem Knalltraumata und Schocks, an denen einige bis heute zu leiden haben. Ein ehemaliger Bundeswehrsoldat, der nach einem Auslandseinsatz an einer posttraumatischen Belastungsstörung litt, soll durch den Knall gar retraumatisiert worden sein.

„Das war eine riesendumme Aktion“

Vor Gericht räumte der Angeklagte ein, dass er den Böller gezündet und über den Absperrzaun habe fallen lassen. „Das war eine riesendumme Aktion“, gab sich der arbeitslose Gebäudereiniger zunächst reuig. Doch dann tischte er dem Gericht eine Geschichte auf, die der Vorsitzende Benjamin Roellenbleck nicht glauben mochte.

Bisherige Gerichtsurteile

5000 Euro Strafe musste der 1. FC Köln wegen des gezündeten Sprengstoff-Böllers nach einem Urteil des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) zahlen. Die Strafe war vergleichsweise gering ausgefallen, weil der mutmaßliche Verursacher noch während des Spiels hatte gefasst werdend können. Der Verein hatte schon damals angekündigt, sich das Geld von dem nun angeklagten Fan zurückholen zu wollen. „Der Böllerwurf war ein krimineller Akt, für den es keinerlei Toleranz gibt und der hoffentlich auch strafrechtlich konsequent geahndet wird“, sagte FC-Geschäftsführer Alexander Wehrle. Der Verein habe inzwischen Rechtssicerheit.

Denn nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2016 dürfen randalierende Stadionbesucher für Geldstrafen in Haftung genommen werden. Vereine können also Verbandsstrafen an die Verursacher weitergeben. Vor zwei Jahren hatte das Oberlandesgericht Köln einen Fan des 1. FC Köln zu einer Zahlung von 20 340 Euro an den Club verurteilt.

7 Zuschauer waren verletzt worden, als der Mann im Februar 2014 im Heimspiel gegen den SC Paderborn einen Böller in die Menge geworfen hatte. Der Mann war zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten auf Bewährung verurteilt worden. (tho)

Der 35-Jährige erklärte, er habe den Böller beim Kokainkonsum auf einer Stadiontoilette gefunden. Nachdem Roellenbleck seine Zweifel geäußert hatte, korrigierte der Angeklagte seine Aussage und erklärte, den Böller habe er von „irgendwem gekriegt“, erinnere sich aber nicht mehr von wem. Er habe vor dem Zünden auch keine Ahnung gehabt, wie laut der Böller sein würde, er sei ja kein „Spezialist für Böller“.

Angeklagter jammerte vor Gericht

Dass der 35-Jährige die Tragweite seiner Tat nicht vollkommen begriffen hat, machte ein kurzer Schlagabtausch mit Oberstaatsanwalt Ulf Willuhn deutlich. Als der Angeklagte jammerte, er selbst sei durch den Knall traumatisiert worden, er könne nun nicht mehr unbeschwert Silvester feiern und dann noch lamentierte, was da noch alles an Schmerzensgeld und Schadensersatz auf ihn zukomme, entgegnete Willuhn: „Das ist unappetitlich.“ Unter Verweis auf die 22 Verletzten, von denen zwei als Nebenkläger in dem Prozess auftreten, sagte der Ankläger weiter: „Ich würde mal einen Gang runterschalten. Ich kann mich hier kaum noch auf dem Sitz halten.“

Neben dem Böllerwurf ist der 35-Jährige auch noch wegen Zeigens eines Hitlergrußes auf einer Demonstration auf dem Bahnhofvorplatz im Oktober 2018 angeklagt. Den Tatvorwurf bestreitet der Angeklagte. Ferner soll er im August 2020 einem Mann in Ehrenfeld mit der Faust ins Gesicht geschlagen haben. Bei einem anschließenden Polizeieinsatz soll er Widerstand geleistet und die Beamten beleidigt haben.

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Der Prozess wird am Mittwoch mit Zeugenvernehmungen fortgesetzt.

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