Kölns Baudezernent„Wir haben nicht zu wenig Personal, sondern zu viele Aufträge“

Lesezeit 5 Minuten
Baustelle Symbolbild

Symbolbild 

Köln – Baudezernent Markus Greitemann spricht über Großprojekte, neue Strukturen  und warum es sinnvoll ist, die Historische Mitte zu bauen

Nachdem die Bürgermeisterin eine detaillierte Aufstellung der Großbau- und Sanierungsprojekte angekündigt hat, hat die Rundschau analysiert, dass lediglich die Historische Mitte aktuell Einsparpotenzial bietet. Wie sehen Sie die wirtschaftliche Machbarkeit des Vorhabens?

Man muss vergleichen, was die Sanierung der Bestandsgebäude kostet und wie teuer ein Neubau ist. Das ist 2018 sehr ausführlich berechnet worden. Allein die Kosten für die Sanierung sprachen für den Neubau. Es ist nicht meine Aufgabe als Baudezernent zu bewerten, welche kulturellen und gesellschaftlichen Effekte der Neubau haben wird, aber die Nutzwert-Analyse hat eindeutig gezeigt, dass der Neubau der richtige Weg ist.

Also leistet sich die Stadt lieber dieses große Projekt?

Das ist eine Entscheidung der Politik.

Könnte die Politik die Historische Mitte noch kippen?

Wir wollen im nächsten Jahr einen Baubeschluss vorlegen, der dann auch gefasst werden soll. Bis dahin haben wir eine Kostenschätzung, die realistisch sein muss und an der wir uns messen lassen müssen. Im Rahmen der Reorganisation der Gebäudewirtschaft und auch in der in 2019 gegründeten GbR Historische Mitte haben wir den Prozess optimiert. Bevor wir anfangen zu bauen, planen wir dezidiert, schätzen die Risiken ab und gehen dann in die Beschlüsse.

Zur Person

cob_20220124_Markus_Greitemann_1

Markus Greitemann 

Markus Greitemann wurde 1960 im Sauerland geboren. Der Diplom-Ingenieur studierte Architektur in Berlin und Dortmund. Er war in verschiedenen Unternehmen in der Privatwirtschaft tätig, unter anderem 15 Jahre für das deutschen Unternehmen Viega GmbH. Auch sein Vater Bernd Greitemann ist Architekt. Seinem Filius hat dieser damals selbst empfohlen, das Architektenbüro der Familie zu verlassen. Vor seiner Ernennung zum Dezernenten der Stadt für Planen und Bauen am 26. Februar 2018 war er seit 2010 als Dezernent des Gebäude- und Liegenschaftsmanagements der Universität zu Köln tätig. Er verantwortete den kompletten Bau- und Immobilienbestand sowie die Weiterentwicklung der Hochschule. Dabei entwickelte er unter anderem den Masterplan 2025 zum Hochschulstandort-Entwicklungsplan mit und die Reorganisation des Gebäude- und Liegenschaftsmanagements.

Allen voran die CDU, aber auch die Grünen und die FDP votierten damals für den Architekten Greitemann, der die Nachfolge von Franz-Josef Höing antrat. Zu seinem Amtsantritt bestand die größte Aufgabe darin, anstehende Großprojekte zu Ende zu bauen. Daran hat sich bis heute nichts geändert. (rom) 

Macht es nicht Sinn, noch einen Schritt weiterzugehen und so wie nun die Schulbaugesellschaft auch alle anderen Bauvorhaben auszulagern?

Das sag ich Ihnen ganz deutlich: Nein, weil wir die Gebäudewirtschaft in den letzten Jahren bereits neu aufgestellt haben. Die Schulbaumaßnahmen setzen wir bereits zügig um. Wir haben in diesem Jahr acht Schulen gebaut (oder von Totalunternehmern bauen lassen/ Anmerkung der Redaktion) und das Umsatzvolumen von rund 90 Millionen Euro in 2017 auf rund 350 Millionen Euro im Jahr 2022 hochgeschraubt. Wenn wir eine neue und inzwischen gut funktionierende Organisation wieder auseinanderreißen, würden wir der Sache einen schlechten Dienst erweisen.

Warum schwappt die Diskussion um eine Kultur- oder Sportbaugesellschaft dann in der Politik auf?

Nachdenken kann man über alles. Aber mir geht es jetzt erst einmal um die Schulbauten. Vorhandene Schulplätze zu sichern und neue Plätze zu schaffen, das ist derzeit meine Priorität.

Und die Kulturbauten?

In den Kulturbaumaßnahmen möchte ich der Politik Entscheidungsgrundlagen mit Umsetzungsvarianten anbieten. Das muss nicht in Form einer neuen Gesellschaft sein, sondern kann auch die Beauftragung eines General- oder Totalunternehmers in den jeweiligen Projekten sein.

Apropos Kulturbauten: Für das Zentraldepot für die Museen sind in den nächsten sieben Jahren mehr als 200 Millionen Euro eingeplant. Hat dieses Vorhaben das Potenzial noch ein paar Jahre zu warten?

Das fragen Sie bitte meinen Kollegen, den Kulturdezernenten.

Aber Sie müssen es ja bauen.

Der Bedarf von Depots ist zu aller erst Thema des Kulturdezernats. Was ich zu dieser Frage beitragen kann, ist: Wir haben nicht zu wenig Personal, sondern wir haben zu viele Aufträge. Wir haben eine dezidierte Liste für Schulbau- und auch für Kulturbaumaßnahmen. Die Politik kann dann entscheiden, ob wir diese Dinge parallel angehen, oder nicht.

Wenn Sie zu viele Aufträge haben, muss dann nicht etwas gestrichen werden?

Das muss die Politik entscheiden. Aktuell diskutieren wir das ja intern und präsentieren die Ergebnisse dann der Politik.

Wie weit sind Sie denn mit der Liste und haben Sie dort noch anderes Einsparpotenzial gefunden? Gibt es passend dazu etwa eine Abschussliste für Großprojekte?

Nein, eine Abschussliste gibt es nicht. Wir erarbeiten aktuell eine Aufstellung über alle Dezernate hinweg. Den Auftrag der Oberbürgermeisterin kennen Sie (Vorlage zur Hauptausschusssitzung am 19. September, Anmerkung der Redaktion). Wir werden diese Liste dem Souverän, dem Rat, vorlegen und damit in die Diskussion einsteigen.

Das sind Projekte mindestens bis ins nächste Jahrzehnt hinein. Gibt es einen Zeitplan, bis wann die ganzen Projekte abgearbeitet sein sollen?

Den gibt es. Wir haben auch eine Prioritätenliste. Aber am Ende ist es Entscheidung der Politik, die Verwaltung zu beauftragen, Bauvorhaben zu priorisieren – wie bei der Schulbauprioritätenliste. Unser Job ist es, den Politikern für ihre Entscheidung fundierte Daten zur Verfügung zu stellen. Und wenn ich bei Details gefragt werde, dann berate ich die Politik.

Dann ist die Frage, ob eines der Bauprojekte Ihnen Bauchschmerzen bereitet, verfrüht?

Nein, mir bereitet keines der Projekte Bauchschmerzen. Bauprojekte zu begleiten und umzusetzen ist mein Job – von Beginn meiner Karriere an. Wir wenden die gleichen Methoden wie im privaten Sektor an. Sehen sie, die Stadt Köln hat Transparenz verdient. Mit fundierten Analysen möchte ich diese schaffen, damit die Politik die bestmögliche Entscheidungsgrundlage hat.

Platt gesagt: Wie „wuppt“ die Stadt Köln das denn nun?

Wir kriegen das durch die Umstrukturierungen „gewuppt“. Durch die neuen Strukturen und Prozesse, die wir haben. Die zusätzlichen Mitarbeitenden, die wir die letzten drei Jahren massiv akquiriert und intensiv geschult haben.

Das könnte Sie auch interessieren:

Dadurch, dass wir klar und eindeutig Projekte priorisiert haben. Ein weiterer Baustein, um die vielen Aufträge abzuarbeiten, ist die Schulbaugesellschaft als reiner Projektabwickler für die Stadt mit flacher Hierarchie und damit kurzen und schnellen Entscheidungswegen.

Das Interview führte Moritz Rohlinger.

Rundschau abonnieren