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Sicherheit an SilvesterSchulklasse testet mit der Feuerwehr Köln  Feuerwerkskörper

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Im Anschauungsunterricht lernten die Kinder in sicherer Entfernung, was beim Entzünden verschiedener Feuerwerks- und Sprengkörper passiert.

Im Anschauungsunterricht lernten die Kinder in sicherer Entfernung, was beim Entzünden verschiedener Feuerwerks- und Sprengkörper passiert. 

Auf dem Hof der Wache wurden in sicherem Abstand Böller und Bengalos gezündet, um den Kindern die Auswirkungen deutlich zu machen. 

„Jetzt kommt der Kohlkopf!“, ruft ein Junge aufgeregt. Seine Klasse drängt sich an das rot-weiße Absperrband, das auf dem Hof der Feuerwache 2 in Marienburg gespannt ist. Keiner will verpassen, was passiert, wenn Pyrotechniker Wolfgang Stabe demonstriert, welche Kraft die Explosion eines „Polenböllers“ hat, der in dem Kohl steckt. Ein mutiges Kind darf ihn unter der Aufsicht von Stabe zünden, bevor die beiden hinter die Absperrung flitzen. Mit einem ohrenbetäubenden Knall fliegen die Fetzen des Kohlkopfs über den Platz, einige Kinder kreischen erschrocken. „Jetzt habt ihr gesehen, wie gefährlich das ist. Solche Böller dürft ihr niemals in der Hand halten“, sagt Stabe zu der Gruppe. 

Die Sprengkraft eines „Polenböllers“ wurde unter der Aufsicht von Pyrotechniker Wolfgang Stabe an einem Kohlkopf demonstriert.

Die Sprengkraft eines „Polenböllers“ wurde unter der Aufsicht von Pyrotechniker Wolfgang Stabe an einem Kohlkopf demonstriert.

Der Aktionstag des verbrannten Kindes wird jährlich am 7. Dezember durch den Verein „Paulinchen e.V. – Initiative für brandverletzte Kinder“ ausgerufen – in diesem Jahr unter dem Motto „Unfallfrei statt Böllerei“.  Die Kölnerin Dr. Rebecca Pohle, Oberärztin für Kinder- und Jugendchirurgie am Kinderkrankenhaus Amsterdamer Straße, nutze den Aktionstag als Anlass, um einen Besuch der Schulklasse ihres Sohnes bei der Kölner Feuerwehr zu organisieren. So fand sich am gestrigen Dienstag eine 2. Klasse der KGS Grüngürtelschule aus Rodenkirchen in einem Stuhlkreis zwischen Löschfahrzeugen wieder. 

„Jedes Jahr bemerkten wir an Silvester einen Anstieg von Einsätzen mit chirurgischer Ursache um 15 Prozent, dazu gehören auch Brandverletzungen“, erklärt Ulrich Laschet, Pressesprecher der Feuerwehr Köln den Kindern. Zu Beginn des Tages gibt es eine theoretische Einführung, auch in den Brandschutz. Die Kinder lernen Löschdecken und Feuerlöscher kennen. Von Stabes Korb, in dem sich alles von Chinaböller bis Bengalo befindet, ist die Klasse schwer beeindruckt. Der Pyrotechniker zeigt der Klasse, welche Arten des Feuerwerks es gibt, wie gefährlich sie sind und welche Sicherheitsvorkehrungen beim Anzünden getroffen werden müssen. 

Während einer Theorieeinheit in den Hallen der Feuerwache 2 lernte die Klasse alles über die Gefahren der verschiedenen Feuerwerks- und Sprengkörper.

Während einer Theorieeinheit in den Hallen der Feuerwache 2 lernte die Klasse alles über die Gefahren der verschiedenen Feuerwerks- und Sprengkörper.

Stolz streifen sich Luisa und Max danach kindgerechte Brandschutzanzüge über und stellen sich zu ihrer Klasse hinter dem Flatterband. Sie dürfen „Feuerwehrkinder“ sein. Mit einem Wasserschlauch löscht Luisa zielsicher ein Bündel Wunderkerzen, durch das beim Anzünden ein Feuerball entsteht. „Deshalb immer nur draußen und einzeln anzünden“, mahnt Stabe. Max hält danach einen brennenden Bengalo vor der Klasse in die Luft. „Das darf er nur, weil er einen Brandschutzanzug anhat. Wenn man brennbare Sachen trägt, steht man dadurch leicht in Flammen“, erklärt der Pyrotechniker danach. 

Insbesondere illegales Feuerwerk, zu denen auch die „Polenböller“ wegen ihrer Sprengkraft gehören, führe oft zu Verletzungen, erklärt der Pressesprecher, während die Sprengversuche hinter ihm weiterlaufen. Auffällig sei auch, dass meist junge Männer zwischen 18 und 35 Jahren Feuerwerks- oder Sprengkörper zünden würden, die dann Verletzungen verursachen. Leidtragende seien aber meistens nicht sie selbst. „Sie schießen oder schmeißen die Raketen und Böller irgendwo hin. In die Menge oder in andere Wohnungen zum Beispiel.“ 

„Feuerwehrkind“ Max durfte während des Anschauungsunterrichts einen Bengalo halten.

„Feuerwehrkind“ Max durfte während des Anschauungsunterrichts einen Bengalo halten.

Gefährlich für Pänz seien laut dem Sprecher vor allem auch Blindgänger, also Sprengkörper, die nach dem Anzünden nicht sofort explodieren. „Wir haben jährlich rund zwei Einsätze wegen Kindern, die Feuerwerk aufsammeln, das nur noch eine sehr kurze oder gar keine Zündschnur mehr hat und dann völlig unterschätzen, wie schnell es nach dem Anzünden losgeht.“

Dr. Pohle kennt die Folgen solcher Unfälle als Kinderchirurgin gut. „Neben großflächigen Verbrennungen können auch ganze Extremitäten abgerissen werden. Teilweise sind wochenlange stationäre Behandlungen mit mehreren Operationen notwendig.“ Von ihren Erfahrungen berichtet die Ärztin und ihr Team zum Abschluss des Ausfluges auch der Schulklasse.

Auch sie haben schon Kinder behandelt, die sich durch Blindgänger schwere Handverbrennungen zugezogen hätten. Meistens handele es sich dabei um Teenager. Kinder treffe es oft, wenn sie sich ein Feuerwerk in der Menge angucken und ihnen dann ein Feuerwerks- oder Sprengkörper in die Jacke fällt. Auch von einem Jungen, der dabei im Kinderwagen saß, erzählt das Team. „Das sind alles Unfälle, die vermeidbar sind, wenn man weiß, worauf man achten muss. Und das ist es, was wir euch beibringen wollen“, sagt Dr. Pohle.