Schweigemarsch zur SynagogeTausende Kölner zeigen Solidarität mit Israel

Lesezeit 3 Minuten
Menschen stehen vor der Kölner Synagoge.

Teilnehmer des Schweigemarschs vor der Kölner Synagoge. Auf die Fassade wurden Bilder israelischer Geiseln projiziert, die sich noch in den Händen der Hamas befinden.

Tausende Menschen haben in Köln ein starkes Zeichen der Solidarität mit Israel gesetzt. Mit einem Schweigemarsch vom Dom zur Synagoge gedachten sie der Opfer des Terrorangriffs der Hamas vom 7. Oktober.

Nach Polizeiangaben beteiligten sich am Mittwochabend rund 2500 Menschen an dem Schweigemarsch durch die Kölner Innenstadt, zu dem das Katholische Stadtdekanat Köln, der Katholikenausschuss und der Evangelische Kirchenverband Köln und Region aufgerufen hatten. Unter den Teilnehmern waren auch NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU), Staatskanzlei-Chef-Nathanael Liminski (CDU), Innenminister Herbert Reul (CDU), Justizminister Benjamin Limbach (Grüne), Schulministerin Dorothee Feller (CDU), der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Thorsten Latzel, der Generalvikar des Erzbistums Köln, Guido Assmann, sowie viele Mitglieder des Kölner Stadtrats.

Die stille Kundgebung am Vorabend des 85. Jahrestag der NS-Pogrome vom 9. November 1938 stand unter dem Motto „Wir trauern um die Opfer des Terrors gegen Israel. Wir stehen an der Seite unserer jüdischen Mitbürger*innen“. Zum Auftakt auf dem Roncalliplatz sagte Kölns Stadtdechant Robert Kleine zum Krieg im Nahen Osten: „Es gibt Tote und Verletzte auf beiden Seiten. Das ist furchtbar. Menschliches Leid, Tod und Zerstörung in Israel und im Gaza-Streifen können und dürfen nicht gegeneinander aufgewogen werden. Jedes Opfer ist eines zu viel.“

Sorge vor zunehmendem Antisemitismus

Man trauere um die Menschen, so Kleine, die unverschuldet aus dem Leben gerissen wurden, und bete für ein baldiges Ende des Krieges. Der Schweigegang sei zuallererst „ein Zeichen der Trauer und der Anteilnahme mit den Opfern des barbarischen Massakers“. Durch nichts in der Welt könne und dürfe dieser Terrorakt der Hamas, der durch die Verschleppung der Geiseln bis zum heutigen Tag andauere, „gerechtfertigt oder relativiert werden“.

NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (2.v.l.) mit Vertretern von Synagogengemeinde, christlichen Kirchen und Landespolitik vor dem jüdischen Gotteshaus an der Kölner Roonstraße.

NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (2.v.l.) mit Vertretern von Synagogengemeinde, christlichen Kirchen und Landespolitik vor dem jüdischen Gotteshaus an der Kölner Roonstraße.

Stadtsuperintendent Bernhard Seiger sagte: „Mit unserem Schweigen heute Abend wollen wir unsere Solidarität und unsere Verbundenheit mit unseren jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern hier in Köln und mit allen Menschen jüdischen Glaubens in Israel und in aller Welt zum Ausdruck bringen.“ Seit dem mörderischen Angriff der Hamas erlebe man auch in Deutschland, „dass es nicht nur Gleichgültigkeit und Kälte gegenüber den jüdischen Opfern gibt, sondern dass sich offener Antisemitismus Bahn bricht – auf Demonstrationen und in den sozialen Netzwerken und auch in Schulen. Man hat fast das Gefühl, Antisemitismus ist salonfähig und nicht mehr nur ein Thema der extremen Rechten, sondern auch in Teilen des linken, des migrantischen und des kulturellen Milieus.“ Das müsse die Gesellschaft wachrütteln.

Vom Dom zog der Schweigemarsch in strömendem Regen auf der rund drei Kilometer langen Route über die Komödienstraße, vorbei am NS-Dokumentationszentrum zur Glockengasse an der Oper. Dort befand sich früher die alte Kölner Synagoge von 1861, die beim Pogrom am 9. November 1938 von NS-Schlägertrupps zerstört und nach dem Krieg nicht mehr wiederaufgebaut wurde.

Bilder von Geiseln an die Synagoge projiziert

Anschließend gingen die Teilnehmer schweigend zur Synagoge an der Roonstraße. Dort wurden in einer Lichtinstallation Fotos der israelischen Geiseln, die sich noch in den Händen der Hamas befinden, an die Fassade projiziert. Bei dem Terrorangriff der Hamas am 7. Oktober waren mindestens 1400 Israelis getötet und mehr als 240 verschleppt worden. Tausende flohen aus den Grenzregionen. Viele Teilnehmer des Schweigemarsches hatten Kerzen vom Dom zur Synagoge gebracht - als symbolisches Zeichen der Solidarität. Zum Abschluss sprach der Rabbiner der Synagogengemeinde Köln, Yechiel Brukner, ein Segensgebet, den Aaronitischen Segen.

Der Vorsitzende des Katholikenausschusses, Gregor Stiels, freute sich über die große Resonanz der Kölner. Der Rundschau sagte er: „Wir haben gemerkt, dass wir einen Nerv getroffen haben. Es sollte bewusst keine politische Kundgebung sein. Offensichtlich hat das viele Menschen bewegt mitzugehen.“

Rundschau abonnieren