Mit zehn Millionen Euro jährlich unterstützt die Alfred Landecker Foundation ein neues Zentrum an der Uni Köln.
Uni Köln gründet Adenauer School of GovernmentNeue Impulse für verantwortliches Regieren geben

Das Hauptgebäude der Uni Köln.
Copyright: Meike Böschemeyer
Mit zehn Millionen Euro jährlich unterstützt die Alfred Landecker Foundation ein neues Zentrum an der Universität zu Köln. Von der Adenauer School of Government (ASG) sollen neue Impulse für verantwortliches Regieren in einer offenen, demokratischen Gesellschaft ausgehen. Was dahinter steckt.
Was ist das Ziel der Adenauer School of Government?
In Zeiten, in denen die Demokratie immer mehr unter Druck gerät, wirkt die Gründung der ASG wie ein Lichtblick. Ziel der langfristigen Partnerschaft ist es, Grundlagen für demokratisches Führen zu erforschen und zu vermitteln. Es soll eine neue Generation von Entscheidungsträgerinnen und -trägern ausgebildet werden, die wissenschaftlich fundiert, verantwortungsbewusst und wirksam auf gesellschaftliche Herausforderungen reagiert. „Diese neue School wird mehr sein als ein Ort des Lernens – sie wird ein kraftvoller Hebel für Wandel und Wirkung. Damit wird sie die freiheitlich-demokratischen Werte und eine lebendige Diskussionskultur in unserer Gesellschaft stärken“, sagt Dr. Peter Harf, Vorsitzender des Stiftungsrates der Alfred Landecker Foundation.
Wer und was stecken hinter der Stiftung?
Die Nachfahren des Ludwigshafener Chemieunternehmers Albert Reimann, eines überzeugten Nationalsozialisten, stellen sich mit der Stiftung, die mit 260 Millionen Euro ausgestattet ist, gegen Antisemitismus und Hass gegen Minderheiten. Ziel der Stiftung ist es, offene und liberale Gesellschaften zu festigen und zu verteidigen. Namensgeber der Alfred Landecker Foundation ist der Jude Alfred Landecker, der von den Nazis deportiert und mutmaßlich getötet wurde. Landecker war mit einer Katholikin verheiratet, seine älteste Tochter Emilie ging eine Beziehung mit Albert Reimann junior ein, das Paar hatte drei Kinder. Mit dieser Verbindung kreuzen sich zwei sehr unterschiedliche Familiengeschichten. Während Reimann junior, der zusammen mit seinem Vater Albert Reimann senior das mittelständige Chemieunternehmen „Joh. A. Benckiser GmbH“ in Ludwigshafen leitete, überzeugter Antisemit und Nationalsozialist war, erlebte Emilie als sogenannte „Halbjüdin“ nicht nur die alltägliche Ausgrenzung durch die Nationalsozialisten, sondern verlor wegen deren Rassenhass auch ihren Vater. Heute sind Familienangehörige und Erben der Familie Teilhaber der aus den Benckiser-Nachfolgeunternehmen hervorgegangenen „JAB Holding Company“.
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Wie operiert die Alfred Landecker Foundation?
Die Alfred Landecker Foundation sieht es als ihren zentralen Auftrag, demokratische und rechtsstaatliche Strukturen zu stärken. Sie formuliert: „Aus der Vergangenheit erwächst eine besondere Verantwortung: Institutionen müssen unabhängig, leistungsfähig und personell exzellent aufgestellt sein, um grundlegende Prinzipien wie Rechtsstaatlichkeit, Pluralismus und Minderheitenschutz dauerhaft zu gewährleisten.“
Wie funktioniert die Adenauer School of Government (ASG)?
Die ASG ist ein Teil der Uni Köln und keine eigenständige oder gar private Einrichtung. Wo sie baulich unterkommt, ist noch offen. Zunächst wird sie im Raumbestand der Universität unterkommen. Die ASG steht neben den Fakultäten und verwaltet sich ebenso wie diese selbst. Die Förderung durch die Landecker Foundation ist nicht mit einem konkreten Leistungsziel verbunden, wie es etwa im Bereich der Auftragsforschung teilweise vereinbart wird.
Wie ist das Konzept der Adenauer School of Government?
Sie ist eine unabhängige akademische Einrichtung. Nach angelsächsischem Vorbild wird sie internationale Spitzenforschung mit innovativer, praxisnaher Lehre verbinden. Dabei werden sowohl Wirtschaftswissenschaften als auch Politik-und Verwaltungswissenschaften und weitere Fachgebiete vertreten sein. Neben dem Aufbau der als Zentrale Wissenschaftliche Einrichtung und den Vorbereitungen für ein Studien- und Forschungsprogramm wird die Uni in den kommenden Monaten auch erste Berufungsverfahren einleiten.
Wer leitet die Adenauer School of Government?
Professor Dr. Axel Ockenfels (56) steht an der Spitze. Er ist Professor für Wirtschaftswissenschaft an der Uni Köln und Direktor am Max-Planck-Institut zur Erforschung von Gemeinschaftsgütern in Bonn. „Die großen Herausforderungen unserer Zeit – mangelnder gesellschaftlicher Zusammenhalt, schwindende internationale Kooperation, ökonomische Krisen bis hin zu technologischen Umbrüchen – verlangen neue Denkansätze und verantwortungsvolle Entscheidungen“, sagt Ockenfels. „Die Adenauer School bündelt Spitzenforschung, zukunftsweisende Lehre und interdisziplinären Diskurs und schafft so einen Ort, an dem Lösungen entstehen können.“

Professor Axel Ockenfels leitet die ASG
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Wie kam es zur Namensgebung?
Nach Auskunft einer Universitätssprecherin wurde der Name Konrad Adenauer nicht im Hinblick auf eine Nähe zur CDU gewählt. Der Name stehe „über Parteigrenzen hinweg für verantwortliches, staatspolitisches Handeln in Zeiten tiefgreifender historischer Umbrüche – eine Haltung, die heute mehr denn je gefragt ist, gerade von künftigen Führungspersönlichkeiten.“
Was sagt Uni-Rektor Joybrato Mukherjee?
Rektor Professor Dr. Joybrato Mukherjee freut sich: „Die großzügige Zuwendung erlaubt uns, international führende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nach Köln zu holen, um Lösungen für drängende gesellschaftliche Herausforderungen zu entwickeln und zukunftsorientierte Lehrkonzepte zu gestalten.“
Wie reagiert die NRW-Wissenschaftsministerin?
NRW-Wissenschaftsministerin Ina Brandes sagt: „Gerade in Zeiten des Umbruchs, wie wir sie aktuell erleben, brauchen wir Forschung und Lehre in Public Policy, Governance und Verwaltungswissenschaften, die über den Tellerrand der einzelnen Disziplin hinausblicken.“ Die Adenauer School of Government erfülle alle Voraussetzungen, ein neues Aushängeschild für den Wissenschaftsstandort Nordrhein-Westfalen zu werden.
Wann können Studierende die ASG nutzen?
Das ist noch unklar, sicher noch nicht zum kommenden Wintersemester. Welche Studiengänge oder Qualifikationen angeboten werden, wird noch erarbeitet.