Rind, Weißwurst oder Hirschgulasch. Zu Weihnachten wollen viele Fleisch auf der Festtafel. Die Kölner Metzger rotieren. Wir haben uns umgesehen.
Vor den FesttagenWarum die Kölner Metzger im Dauerstress sind

Metzgerei Kremser
Copyright: Costa Belibasakis
Festtage sind Fleischtage. Derzeit sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiterin in den Kölner Metzgereien unter Dauerstress. „Die letzten sechs Wochen des Jahres sind die Hauptzeit für die Metzgereien“, sagt Sebastian Friedrichs. Er betreibt zusammen mit seinem Bruder David Metzgereien in Sülz und Rodenkirchen. In Niehl steht Elizabete Kremser, genannt Betty, schon seit Tagen mit dem Headset auf dem Kopf in der Metzgerei, die ihr Mann Wolfgang in zweiter Generation betreibt, hinter der Theke.
„Nur so kann ich die ganzen telefonischen Bestellungen für Weihnachten abarbeiten und die Kunden am Telefon beraten“, sagt Betty Kremser. Je näher das Fest rückt, desto mehr Menschen bestellen. Rund 700 Vorbestellungen gingen bei Kremser im vergangenen Jahr ein. Viele wollen sichergehen, dass der Weihnachtsbraten auch wirklich wie gewünscht auf den Tisch kommt. „Gerade das Weihnachtsessen hat eine sehr hohe Bedeutung“, weiß auch Sebastian Friedrichs. Er schätzt, dass etwa zwei Drittel seiner Kunden keine Kompromisse beim Weihnachtsessen eingehen wollen. Ein Drittel dagegen lasse sich treiben, im Geschäft beraten oder von einem Rezept im Internet inspirieren.
Kunden kalkulieren oft nicht richtig
Bei Friedrichs sind nur persönliche Bestellungen möglich. Aus gutem Grund: Manche Kunden, die ein Rezept zum ersten Mal ausprobieren, haben falsche Vorstellungen. „Denen erklären wir dann zum Beispiel, dass 100 Gramm Sauerbraten pro Person sicher nicht ausreichen“, sagt Friedrichs. Gerade bei Sauerbraten, da stimmen die Metzgerinnen und Metzger überein, sollte man mit gut 250 Gramm pro Person rechnen. „Ein Kunde von uns, der das nicht glauben wollte, klingelte einmal Weihnachten noch um 17 Uhr bei uns privat Sturm, um nachzubestellen. Weil ich mir das schon gedacht hatte, hatte ich noch etwas zurückgelegt“, erzählt Betty Kremser. Obwohl sie sich schon in der Badewanne auf das eigene Familienweihnachten vorbereitete, bekam der Kunde sein Fleisch.
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Im Regen stehen lässt der Kölner Metzger an sich einen guten Kunden offenbar nicht. Bei Familie Gruner in Longerich sind Heiligabend sogar die Kinder eingespannt. Sie stehen in einem separaten Eingang, geben Bestellungen aus und kassieren. Bei Kremser liefern Familie und Freunde bis nach Bergisch Gladbach Heiligabend für immobile Kunden die Bestellungen aus.

Metzgerei Kremser
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„Wenn wir keinen Stress hätten, würde etwas falsch laufen zu Weihnachten“, lacht Birgit Gruner. Bei der Metzgerei Johannes Gruner gibt es neben den klassischen Fleisch- und Wurstwaren auch eine Menge anderer Leckereien. Sogar selbst gemachter Eierlikör ist im Angebot. „Das ist eher ein Schmankerl“, gibt Gruner zu. Richtige Renner als Geschenke dagegen seien Konserven mit Rouladen und ähnlichem. Auch Geschenkkörbe würden gut nachgefragt.
Beliebt zum Kölner Weihnachtsfest: Sauerbraten
Sauerbraten zu den Festtagen scheint in Köln besonders beliebt. „Am zweiten Adventssonntag legt mein Mann 200 Kilo ein. Damit ist er von morgens bis abends beschäftigt“, sagt Betty Kremser. Schon fertig sind die meisten der Schlesischen Weißwürste, ein Weihnachtsessen, für das ein Kremser-Kunde sogar jedes Jahr eigens mit dem Zug aus Frankfurt nach Köln zum Einkauf anreist. „Wir verschicken die Schlesischen Weißwürste aber auch nach ganz Deutschland. Den Leuten ist die Tradition wichtig“, sagt die Fachfrau. Das Rezept für die Weißwürste stammt vom Vater des Schwiegervaters original aus Schlesien. 22 Euro kostet das Kilo Weißwürste bei Kremser. Zwei Euro preiswerter sind die Wiener Würstchen. „Zusammen mit Kartoffelsalat ist das ist auch ein klassisches Gericht zu Weihnachten“, sagt Betty Kremser. „Es muss nicht immer kompliziert sein.“

Betty Kremser mit Bestellungen.
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Kann es aber. Zumindest bei vielen Metzgerei-Kundinnen und -Kunden. Besonders gefragt sind sogenannte „Edelstücke“: Ochsenbäckchen, Rehrücken und Hirschgulasch. „Klassiker sind natürlich auch Gänse- und Entenbraten“, sagt Friedichs. In Niehl geht auch Fondue-Fleisch, Wildragout und Schweinefilet kiloweise zu Weihnachten über den Tresen.
Vogelgrippe ändert die Routine
Wegen der Vogelgrippe geht man bei Kremser in diesem Jahr anders mit Geflügel um. „Während es sonst kurz vor Heiligabend geschlachtet wird, haben wir es jetzt schon eingefroren, um sicherzugehen“, sagt Betty Kremser. Vor dem Fest werden Gans, Ente oder Pute dann langsam im Kühlhaus aufgetaut. Anders bei Friedrichs. Noch laufen die Speisen in spe, das Geflügel, mehr oder weniger vergnügt auf dem Gelände der Familie Zur Nieden im Sauerland durch die Gegend. „Geschlachtet wird nur nach Bedarf“, erklärt Friedrichs. Daraus folgt: Planung ist notwendig. „Bis zum 13. Dezember nehmen wir Bestellungen entgegen“, sagt Friedrichs. Eine Deadline, die bei den meisten Metzgereien ähnlich ist.
Wenn Vorstellung und Kochkünste auseinanderklaffen, gibt es in der Metzgerei des Vertrauens tatkräftige Hilfe – mittels von Fachleuten vorbereiteten Fleischgerichten. Zwei dreigängige Menüs haben die Friedrichs-Metzgereien dieses Jahr zu Weihnachten im Angebot. Auch die müssen selbstverständlich vorbestellt werden. Die anderen Metzgereien bieten Rinderrouladen, Gänsebraten, Entenkeule, Wildschweingulasch und ähnliches fix und fertig an. Lediglich die Beilagen muss man zu Hause noch herstellen. „Der Bratenservice wird sehr stark nachgefragt“, sagt Birgit Gruner.

Betty Kremser mit Headset.
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Bei all der vorweihnachtlichen Planerei muss man allerdings nicht unweigerlich mitmachen. „Auch wer sich treiben lässt und erst kurz vor Weihnachten ins Geschäft kommt, wird nicht hungrig am Weihnachtstisch sitzen“, beschwichtigt Friedrichs. Immer noch habe man allen Kunden wohlschmeckende Alternativen anbieten können, wenn das Gewünschte nicht mehr vorrätig war. Eng könne es am ehesten bei Geflügel, Ochsenbäckchen oder Wild werden. Dann ist Flexibilität gefragt. Nur eins sollten die Kunden bedenken: Friedrichs hat Heiligabend geschlossen. Vakuumverpackt können die Kunden ihre Bestellungen vorher abholen. Viele andere Metzgereien, darunter auch Kremser und Gruner, dagegen haben Heiligabend geöffnet.
Preise
Die Qualität und die Haltungsform des Fleischs sind ausschlaggebend für den Preis. Dieser kann stark variieren. So kostet eine polnische Gans, die gemästet wurde, in der Regel die Hälfte des Preises einer Gans, die regional im Freilauf aufgewachsen ist. Für eine komplette deutsche Gans kann man mit etwa 40 Euro kalkulieren. Ähnlich ist der Preis für das Kilo Gänsekeule.
Am teuersten sind Hirsch- und Rehrücken mit einem Kilo-Preis von um die 80 Euro.
Fertig eingelegter Sauerbraten kostet in einer Metzgerei um die 30 Euro das Kilo, ebenso wie ein Braten des Weiderindes. Würste vom Metzger gibt es für um die 20 Euro das Kilogramm.
Fleischlose Alternativen bietet kaum eine traditionelle Metzgerei an. Die vegane Fleischerei auf der Venloer Straße in Ehrenfeld hat ein breites Sortiment, zu dem auch Weihnachtsbraten, Beilagen und Pflaumenbratwurst gehören.

