„Werden Rabbatz machen“Der erste Fanclub der FC-Frauen feiert Premiere

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 Am vergangenen Wochenende schlug der FC den SV Elversberg im DFB-Pokal mit 8:0. 

Köln – Auf die Frauen abgestimmte Fangesänge gibt es zwar noch nicht. Wenn, dann werde er sich die spontan aus dem Bauch heraus ausdenken, versichert Rüdiger Behr. „Wir werden am Sonntag ordentlich Rabbatz machen, so viel ist klar. Positiven Rabbatz natürlich. Die Mädels müssen das Gefühl bekommen, dass wir sie tragen.“ Die Mädels, das sind die Fußball-Frauen des 1. FC Köln. Und Rüdiger Behr ist der Vorsitzende des ersten und einzigen Fanclubs des Teams überhaupt. Wenn die erste Damenmannschaft des Clubs am Sonntag (13 Uhr) im heimischen Franz-Kremer-Stadion gegen die TSG Hoffenheim in die neue Saison startet, dann feiert auch der 1. Frauenfanclub RutWiess Bundesliga-Premiere.

„Einmal Frauenfußball – immer Frauenfußball“

Rüdiger Behr ist schon seit vielen Jahren ein Unterstützer des Frauenfußballs. „Einmal Frauenfußball – immer Frauenfußball“, sagt der 68-Jährige. Groß geworden ist Behr beim SC 07 Bad Neuenahr. Obwohl Frauenfußball damals noch vom DFB verboten war, gründete der Verein 1969 eine Frauenabteilung. Ein Jahr später richtete der Club das damals weltweit größte Frauenturnier aus, trat danach sogar als deutscher Vertreter bei den inoffiziellen Weltmeisterschaften in Italien an. Eine Entwicklung, die Behr bereits mit großer Faszination verfolgte. Während seiner Zeit in Mainz war er zwischenzeitlich sogar Trainer einer Frauenmannschaft.

Verbindungen nach Köln pflegt Behr bereits seit vielen Jahren. Als er 2019 nach 30 Jahren als Selbstständiger in Wiesbaden in den Ruhestand ging, war klar: Seinen Lebensabend wird er in seinem geliebten Köln verbringen. Im gleichen Jahr traf er auf der FC-Saisoneröffnung die damalige Assistenztrainerin Marie Pyko. Er schaute sich das Training der Damen an, besuchte ein Spiel – und die Begeisterung war geweckt. Behr wurde zum Stammgast bei den FC-Frauen, ab und an sogar bei Auswärtsspielen.

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Das registrierte auch der FC. „Die Idee für einen Fanclub kam dann aus dem Funktionsteam der Frauenmannschaft.“ Nach den ersten Gesprächen war für den Rentner schnell klar, dass er das Projekt als Vorsitzender begleiten würde. Behr ist einer, der die Leute mitreißen kann. Nach ein paar Tagen war die Zahl der Mitstreiterinnen und Mitstreiter auf 14 gestiegen. Als sich der Fanclub bei der Saisoneröffnung am Stadion präsentierte, wuchs die Zahl auf 88. Mittlerweile zählt der Fanclub 192 Mitglieder.

FC-Frauen in Köln: Potenzial ohne Ende

Wenn Behr über die Entwicklung des Frauenfußballs und das Team des FC spricht, dann sprudelt es nur so aus ihm heraus. „Wir haben hier Potenzial ohne Ende. Wir müssen es nur wecken“, sagt er etwa. Da wäre allen voran das aktuelle Bundesliga-Team. Seine Lieblingsspielerin etwa ist Mittelfeldspielerin Sharon Beck, die auch für die israelische Nationalmannschaft spielt. „Wenn ich sehe, wie sie die Pässe mit links aus dem Fußgelenk spielt – da geht mir das Herz auf.“ Innenverteidigerin Celina Degen erinnert ihn an den jungen Gerd Strack, souverän und eiskalt. Als er Mittelfeldspielerin Sarah Puntigam bei der EM im Fernsehen sah, konnte er nicht glauben, dass die Rekordnationalspielerin Österreichs in dieser Saison die Schuhe für den FC schnüren würde.

Neuzugänge wie Puntigam zeigen: In der Frauenabteilung des FC entsteht nach den vielen Auf- und Abstiegen der vergangenen Jahre etwas. Erstmals hat das Team den Klassenerhalt geschafft. Knapp unter 1000 Zuschauer kamen in der vergangenen Saison zu den Heimspielen des FC. 1500 sind für Behr nun das Ziel. Auch auswärts will er das Team mit dem Fanclub begleiten. Trotz der Begeisterung über die Frauen-EM werde nun wieder nur über die Männer geredet, beobachtet Behr. „Von allein wird sich nichts verändern. Wir müssen es selbst in die Hand nehmen.“ Die Entwicklung müsse nun kontinuierlich in kleinen Schritten weitergeführt werden. „Wir haben ehrgeizige Ziele“, sagt auch FC-Abteilungsleiterin Nicole Bender. „Wir wissen aber auch, dass uns die Top-Teams der Liga noch weit voraus sind.“

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Der erste Schritt ist nun das Auftaktspiel am Sonntag gegen Hoffenheim. „400 Leute kriegen wir mit dem Fanclub bestimmt zusammen“, ist Behr sich sicher. Für ihn gibt es viele Gründe, warum sich am Sonntag ein Ausflug ins Franz-Kremer-Stadion lohnt: „Weil ich dort einen wunderschönen Sonntag erleben kann, weil ich einen tollen, technisch hochbrillanten Sport sehen werde und weil der FC einen Kader hat, der seinesgleichen sucht.“

Sitzplätze für die Heimspiele kosten 10 Euro, Stehplätze 8 Euro. Erstmals gibt es eine Dauerkarte für die Spiele der FC-Frauen (Sitzplatz 88 Euro, Stehplatz 66 Euro). Besitzer einer Dauerkarte für die FC-Herren haben bei den Frauenspielen freien Eintritt.

Interview mit Experten: „Ich glaube, dass Frauenfußball an Bedeutung gewinnen wird“

Sebastian Uhrich,  Professor am Institut für Sportökonomie und -management an der Deutschen Sporthochschule Köln.

Kann die Begeisterung über die Fußball-EM der Frauen auf die Frauen-Bundesliga überschwappen?

Ich glaube, nur sehr begrenzt. Wenn wir uns die Vergangenheit anschauen, dann gab es immer mal wieder Situationen, in denen einzelne Sportarten durch Turniererfolge kurzfristig in den Medien sehr stark präsent waren. Perspektivisch hat sich dann aber nichts am Status dieser Sportarten geändert. Ich denke da an den Beachvolleyball-Sieg bei Olympia 2012 oder an die Handball-WM 2007.

Was ist mit kurzfristigen Effekten?

Kleine Effekte wird es möglicherweise geben. Aber selbst wenn bei den Spielen nun ein paar mehr Zuschauer kommen, wird das aus meiner Sicht nichts an der grundsätzlichen Stellung des Frauenfußballs ändern.

Ist die Entwicklung im Frauenfußball denn mit den anderen Sportarten vergleichbar?

Teilweise. Was in der Diskussion jetzt aber auch eine Rolle spielt, ist das vielleicht berechtigte Gefühl einiger, dass es doch eigentlich gerecht wäre, wenn Frauenfußball genauso populär wäre wie Männerfußball. Ich glaube, dass der Frauenfußball perspektivisch an Bedeutung gewinnen wird. Aber aus einem anderen Grund. Nämlich weil er von den Clubs als ein zusätzliches Wachstumsfeld gesehen wird, auch ökonomisch.

Immer mehr Profi-Vereine sind dabei, ein Frauen-Team zu etablieren.

Innerhalb dieser Branche orientiert man sich sehr stark am Wettbewerb. Was die Clubs tun, ist schon sehr homogen, da es ähnliche Beratungsunternehmen gibt – auch über Ländergrenzen hinweg. Die englische Premier League hat es geschafft, mit ihren Damenteams tolle Erfolge in Sachen Zuschauerzahlen und Ticketeinnahmen zu feiern. Darauf hofft man auch in Deutschland. Nach dem Motto: Wenn die es schaffen, den Frauenfußball groß zu machen, dann ist das vielleicht auch für uns eine Möglichkeit, das Stadion nicht nur einmal in der Woche vollzukriegen.

Geht es bei den Bemühungen der Clubs nur um ökonomische Motive oder auch ums Image?

Die Clubs sind stark von ökonomischen Motiven getrieben. Gäbe es die nicht, würden die Clubs das meines Erachtens nicht in dieser Intensität machen. Dass man das Ganze auch als Gleichberechtigung der Geschlechter sehen kann, kommt dabei natürlich nicht ungelegen.

Wie weit ist der FC?

Der FC ist dabei, die Brücke zu schlagen, dass die Frauenmannschaft von der Popularität der Herrenmannschaft profitieren kann. Für den FC gibt es sicher mittlerweile das Potenzial, mit der Damenmannschaft zusätzliche Zielgruppen zu gewinnen und das Geschäftsfeld zu erweitern. Der Verein kann damit aber auch das Signal senden: Wir leben Gleichberechtigung. Das würde zu den Werten des Clubs auch gut passen.

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