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„Wie in einer Geisterstadt“In der Corona-Krise unterwegs auf Kölns Partymeilen

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Die Zülpicher Straße ist normalerweise als Partymeile bekannt. Am Samstagabend zu Corona-Zeiten ist hier aber niemand zu sehen.

  • Wo sonst Feierlustige in Scharen an den Wochenenden zusammenkommen, herrscht während der Corona-Krise gähendende Leere.
  • Clubs und Bars haben geschlossen und Straßen und Haltestellen sind an einem Samstagabend in Köln wie ausgestorben.
  • Unser Autor hat sich auf einen Spaziergang begeben, der ein mulmiges Gefühl hinterlässt.

Köln – Surreal. Anders lässt sich die Szenerie, die sich in dieser Samstagnacht in den Partyhochburgen der Stadt offenbart, kaum beschreiben.

Dort, wo sonst Feierlustige in Heerscharen zusammenkommen – auf den Ringen etwa, im Studentenviertel Kwartier Latäng oder im Belgischen Viertel –, herrscht  gegen Mitternacht gähnende Leere. Nur Wenige sind unterwegs, allein oder höchstens mal als Paar. 

„Fast wie im Krieg“

Die Fahrgäste in den KVB-Bahnen kann man an zwei Händen abzählen, auf der Zülpicher Straße oder am Barbarossaplatz herrscht fast schon meditative Ruhe. Es ist ein Bild, wie es sich Experten und Politiker schon seit Tagen wünschen, um die Auswirkungen der Pandemie möglichst gering zu halten. Es ist aber auch ein Bild, das irgendwie doch ein mulmiges Gefühl in einem zurücklässt.

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„Das ist doch der Wahnsinn, fast wie im Krieg“, kommentiert Patrick das  Treiben vor seiner Haustüre, während die letzten Kunden den bis Mitternacht geöffneten Rewe-Markt mit ihren Einkäufen verlassen – Klopapier trägt auch hier niemand von ihnen nach Hause. Der Deutsch-Amerikaner wohnt nahe des Hohenzollernringes zwischen Friesen- und Rudolfplatz, hat sich für ein paar Minuten zu dieser späten Stunde mit einem Freund verabredet, um immerhin ein wenig sozialen Kontakt  zu pflegen.

In wenigen Tagen werde er 60, erzählt Patrick, die geplante große Feier in einem Club müsse nun erst einmal ausfallen und in eine unbekannte Zukunft verschoben werden. Eine Zeit, die ihm als Freiberufler in der Medien-Branche mit wegbrechenden Aufträgen nun so einige Sorgen bereite. Die gute Laune lässt sich Patrick davon bis jetzt aber noch nicht vermiesen.

Clubs und Bars haben geschlossen

An normalen Samstagen hätte die Regionalbahn, die gerade von Bonn aus kommend am Bahnhof West hält, um diese Zeit dutzende Partygänger ausgespuckt – aber jetzt verlässt nicht ein einziger Fahrgast den Zug. Warum auch!? Sowohl die unterhalb des Bahnhofs liegende Bar „Zum scheuen Reh“ als auch der benachbarte Technoclub „Gewölbe“  haben geschlossen, auch alle anderen Läden sind zu.

Falls es tatsächlich noch jemanden geben sollte, der das nicht begriffen hat: Selbstgeschriebene Hinweiszettel erinnern an vielen Eingängen an die Ausnahmesituation. „Wir haben zu! Bleibt zuhause & gesund!“, mahnt etwa das Team der Bar „Pegel“ in der Brüsseler Straße.

Schwer zu sagen, ob die Anwohner des benachbarten Brüsseler Platzes, die seit Jahren um nächtliche Ruhe vor ihrer Haustüre kämpfen, die aktuelle Situation begrüßen. Ruhe haben sie allerdings derzeit, keine Frage.  Der Preis ist aber hoch. Der Wagen des Ordnungsamtes, der gegen 0.30 Uhr vorfährt, kann jedenfalls gleich wieder umdrehen – da ist niemand, den die Mitarbeiter kontrollieren oder aufklären könnten.

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„Es ist wie eine Geisterstadt, sehr ungewohnt“, beschreibt Anwohnerin Steffi die Lage. Sie ist gerade auf dem Weg nach Hause von einer Freundin. Es ist einer der wenigen Kontakte, den sie sich derzeit neben dem zu ihrem Partner noch erlaubt. Und fast schon wie zur Entschuldigung fügt sie an: „Wir haben eh die letzten Wochen ständig aufeinander gehangen.“

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