Köln – Seit zwei Jahren lässt Mark Knopfler sich und seine Band von einem Mann in einem exzentrischen Union-Jack-Jackett ankündigen. Als dieser um 20:10 Uhr erscheint und seine Aufgabe in der Manier eines Zirkusansagers erledigt, wirkt seine Erscheinung umso kurioser, als wenig später der fast 66jährige Knopfler in Jeanshemd und –hose so leger die Bühne betritt, als wolle er gerade Brötchen beim Bäcker einkaufen gehen.
Zwanzig Jahre nachdem der ehemalige Journalist und Lehrer die Arena-Band Dire Straits auflöste, scheint Knopfler solo mit seinem aktuellen Album „Tracker“ (Spurenleser) auf einem neuen Zenit des Erfolgs angekommen zu sein. Der Longplayer konnte in diesem Jahr selbst Madonna von Platz eins der deutschen Albumcharts verdrängen. Solche Meriten mögen dem englischen Musik-Connoisseur nicht wichtig sein, aber als Beweis dafür, dass unaufgeregtes, gediegenes Handwerk auch heute noch ein Erfolgsmodell sein kann, wird es ihn freuen.
Die Dramaturgie führt das zweistündige Konzert vor 10.000 meist in Würde ergrauten alten und neuen Zuhörern in einem funkelnden Spannungsbogen zu einem sprühenden Feuerwerk.
Drei Töne genügen
Der Eröffnungssong „Broken Bones“ vom neuen Album kommt mit zwei Akkorden und einem Funk-Rhythmus aus, „Corned Beef City“ geht mit Honky-Tonk-Piano beschwingter zur Sache. „Father and Son“ lässt mit elektrischem Dudelsack die wohlige Atmosphäre des Soundtracks zu „ Local Hero“ entstehen. Bei „Hill Farmer’s Blues“ genügen drei Töne aus der braunen Gibson, um Knopflers unverkennbaren, warmen Sound in die Gehörgänge fließen zu lassen. Erst langsam, dann immer flotter. Knopflers Finger fliegen über das Griffbrett, seine Fingerkuppen lassen die Töne wie Champagner perlen. Eine begeisternde Darbietung, die nur durch „Romeo and Juliet“ und natürlich „Sultans of Swing“ getoppt wird. Wie häufig hat man den Sultan swingen hören? Er könnte einem leid werden, wenn es nicht ein zeitloser Klassiker wäre.
Mark Knopfler ist ein Geschichtenerzähler, dessen sonorer Bariton von Matrosen berichtet, die in einem unbedachten Augenblick vom Schiff gespült werden („Haul Away“) oder die Besiedlung Amerikas („Telegraph Road“) mit einer Gitarre beschreibt, die immer wieder neue Farben aus dem Malkasten der Töne aufschichtet, um nach mehr als zehn Minuten in einem Tornado zu enden. Die bestuhlten Reihen im Innenraum sind zu diesem Zeitpunkt durch Fans aufgelöst, die an den Bühnenrand gestürmt sind.
Zum Glück gibt es noch zwei Zugaben. Die Dire-Straits-Reminiszenz „So Far Away“ und die herzzerreißend schöne keltische Melancholie von „Piper to the End“, in der die siebenköpfige Band noch einmal zeigt, wie Stimme, Gitarre, Fidel, Flöte, Bass und Drums die Schönheit des Lebens besingen können, selbst wenn es sich dem Ende neigt. „Der Tag zu sterben ist fast gekommen, aber ich werde wiederkommen, um euch niemals zu verlassen”, schwört Knopfler. Wir wollen nicht daran denken, so schön ist es mit ihm im Hier und Heute.