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Konzert in Lanxess ArenaMitreißende Show und stürmischer Applaus für Shawn Mendes

4 min
Shawn Mendes (* 8. August 1998 in Toronto, Ontario, kanadischer Popsänger und Songwriter)
gastiert auf seiner "On The Road Again"-Tour 
am 12. August 2025
in der Lanxess Arena, Deutz-Kalker Straße 1, 50679 Köln

Shawn Mendes bei seinem Konzert in der Kölner Lanxess Arena.

Nach langer Pause überzeugte Shawn Mendes in der Lanxess Arena mit Stimme, Gitarrenspiel und einer bewegenden Songauswahl.

Meine Mama würde sagen: „Was für ein Bild von einem Mann!“ Ein Meter 90 groß, breite Schultern, schmale Hüften. Muskulöse, aber nicht zu muskulöse, Oberarme. Hohe Wangenknochen, dunkle Augen, markante Nase. Strahlendes Lächeln, schneeweiße Zähne. Und im Kinn dieses charmante Grübchen. Seine Locken sind verwuschelt, haben einen feuchten Schimmer. So als sei er gerade eben erst, leicht verschwitzt, aus dem Bett gestiegen.

Tatsächlich steht Shawn Mendes (27) aber nicht in seinem Schlafzimmer, sondern auf der Bühne der bis unters Dach ausverkauften Lanxess Arena, wo er Dienstag auf „On The Road Again Tour“ sein einziges Konzert in Deutschland gibt. Der kanadische Popstar hat etwas zu feiern: Vor zehn Jahren erschien sein Debütalbum „Handwritten“. In fast exakt 90 Minuten beweist er, dass er weit mehr zu bieten hat, als nur gutes Aussehen. Mit seiner Band präsentiert er einen Querschnitt aus inzwischen vier Studioalben. Insgesamt sind es 17 Stücke.

Cover eines Country-Klassikers

Rechnet man den Willie Nelson-Song „On The The Road Again” nicht mit, der um kurz vor 21 Uhr eingespielt wird. Der Country-Oldie von 1979, der auch schon in Filmen wie „Forrest Gump“ und „Shrek“ oder der Serie „South Park“ zum Einsatz kam, verbreitet fröhliche Aufbruchsstimmung. Und die empfindet auch Mendes, nachdem er 2022 wegen psychischer Probleme seine Welttournee abbrach und lange pausierte. Als Begründung gab er damals an, nach Corona mit den Menschenmassen bei Konzerten nicht mehr klarzukommen.

Von Angst, so wie damals, ist bei ihm nichts mehr zu spüren. Gleich mehrfach begibt er sich in den Innenraum, der zwar, eigentlich bestuhlt ist. Was aber schon gleich zu Anfang, beim ersten Song, der den programmatischen Titel „There’s Nothing Holdin’ Me Back“ (Da ist nichts, was mich zurückhält) trägt, keinen Sinn mehr macht. Weil es niemand mehr auf den Sitzen hält. Bis zum Schluss, um 22.28 Uhr, mit „In My Blood“ wird das so bleiben. Und fast ebenso durchgängig ertönen die schrillen Begeisterungsschreie der Fans.

Komplimente für die Fans

Wobei es „Fanninnen“ viel besser treffen würde. Diejenigen, die sich mit roten Krepppapier-Stückchen für die flächendeckende Flashlight-Aktion bei „Never Be Alone“ gerüstet haben, die Schilder hochhalten, auf denen Botschaften wie „Here since day one“ (Vom ersten Tag an dabei) stehen, tragen Blumenkleider und –kränze, Röcke und Oberteile mit Rüschen, Glitzer-Minis oder Shorts mit Leo-Print. Die Zahl der Stunden, die sie dafür, und fürs perfekte Make-Up, vor dem Spiegel verbracht haben, kann man nur erahnen. „You are looking gorgeous“ (Ihr seht herrlich aus) honoriert Mendes das Ergebnis.

Als er seinen ersten Plattenvertrag unterzeichnete, war er erst 15. Das deckt sich in etwa mit dem Durchschnittsalter des Publikums an diesem Abend. Das Entrée für diejenigen, die noch unter 16 sind, gewährleisten die mitgebrachten Mütter. Die aber ebenso begeistert sind wie ihre Töchter. Nicht nur wegen „Ein Bild von einem Mann“. Mendes hat eine tolle Stimme. Sie kann sehr kraft- und druckvoll klingen, aber auch zärtlich, behutsam und schmetterlingsflügelzart. Seine drei Oktaven reizt der lyrische Tenor ausgiebig aus. Vergleiche mit Ed Sheeran oder Justin Timberlake braucht er nicht zu scheuen. Und schöner jodeln als er kann nur Shakira.

Exzellent an der Gitarre

Zudem ist er ein exzellenter Gitarrist, der sich bei „Never Be Alone“ regelrecht in Rage spielt. Auch sein Piano-Intro von „In My Blood“ kann man sich hören lassen. Seinen Song „Heart of Gold“ widmet er einem verstorbenen Freund „und jedem unter euch, der jemanden verloren hat“, in „Youth“ hingegen beschwört er das Gefühl der Unsterblichkeit, das man in jungen Jahren empfindet. „Hu-hu, Hu-hu“ echoen die Fanninnen bei „It’ll Be Okay“ und „O-ho-hoho“ bei „If I Cant’ Have You“, und wenn sie fragen „Why? Why? Why?“ dann voller Anteilnahme. Auch „Stitches“ darf natürlich nicht fehlen. Und „Señorita “. Wobei in dieser Version der Latino-Appeal ziemlich flöten geht. „Señorita“ ohne Camila Cabello, das klingt so wie Chili con carme schmeckt, wenn man das Gewürz weglässt.

Sonst noch etwas zu beanstanden? Ja. Den Sound, der so matschig ist wie das Innere einer Betonmischmaschine. Shawn Mendes, dem Sänger, Songschreiber, Musiker und Entertainer, kann man nichts vorwerfen. Noch nicht mal die effektvolle Haarbefeuchtung am Anfang. Am Schluss tropfen ihm echte Schweißperlen von der Stirn. Der Mann hat für sein Geld gearbeitet.