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Bei Markus LanzGrüner Landrat stimmt Friedrich Merz' „Pascha“-Aussagen inhaltlich zu

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Juli Zeh (l.) und Jens Marco Scherf bei Markus Lanz

Juli Zeh (l.) und Jens Marco Scherf bei Markus Lanz

Bei Markus Lanz im ZDF ging es um die Berlin-Wahl und das Thema Migranten und Integration.

Bei Markus Lanz wurde am Dienstagabend über das verheerende Erdbeben im türkisch-syrischen Erdbebengebiet sowie über die Flüchtlingspolitik und den Machtpoker nach der Berlin-Wahl diskutiert. Zu Gast waren Serap Güler (CDU), Martin Machowecz („Zeit“-Journalist), Juli Zeh (Autorin) und der unterfränkische Landrat Jens Marco Scherf (Grüne).

Obwohl die Union bei der Wiederholungswahl in Berlin mit Abstand stärkste Kraft wurde und zudem mehr als zehn Prozent zulegen konnte, ist derzeit alles andere als sicher, dass sie auch in die Regierungsverantwortung kommt. SPD und Grüne erreichten jeweils zwar nur rund 18,4 Prozent, allerdings hätte die bisherige rot-grün-rote Koalition unter der Regierenden Bürgermeisterin Franziska Giffey auch weiterhin eine Mehrheit. Zuletzt stärkte auch Kanzler Olaf Scholz Giffey den Rücken: „Franziska Giffey ist eine Politikerin, die wirklich sehr vertrauensvoll handelt“, sagte Scholz am Dienstag.

Flüchtlingspolitik: Serap Güler spricht über Situation in Köln 2015/16

CDU-Politikerin Serap Güler findet es dagegen „frech“, dass die SPD nach der Wahlschlappe immer noch Regierungsansprüche stellt. Sie meint, der Wählerwille sei eindeutig pro CDU und nicht für eine Fortsetzung der rot-grün-roten Koalition. Beim Thema Flüchtlingspolitik und Integration schießt Güler weiter scharf gegen die SPD. Sie beruft sich auf die Hilferufe vieler Kommunen, die die steigende Anzahl von Migranten nicht aufnehmen könnten.

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„Wir befinden uns in einer Situation, die sogar schärfer ist als 2015, 2016“, sagt sie. Integration könne nicht funktionieren, wenn Menschen in Turnhallen hausen müssten, so wie es in ihrer Heimatstadt Köln damals gewesen. Es seien 26 Sporthallen in der Stadt belegt gewesen. Es gebe in Deutschland einfach nicht die Infrastruktur dafür. Die veränderte Lage durch den Krieg gegen die Ukraine und die daraus resultierende hohe Zahl an Geflüchteten erwähnt Güler aber nur am Rande. Sie kritisiert insbesondere, dass die Ampel-Koalition den Familiennachzug erleichtern möchte.  

„Pascha“-Debatte nach Friedrich Merz' Äußerungen wirkt nach

Lanz will von Güler in Bezug auf die Berlin-Wahl wissen, ob sich die CDU mit ihrem Kurs nicht auch selber in die Lage gebracht habe, möglicherweise keinen Koalitionspartner zu finden. Der Wahlkampf sei in der Tat „heftig und zugespitzt“ geführt worden, gibt Güler zu. Das betreffe aber nicht nur die Union. Sie fand die Debatte nach den Ausschreitungen der Silvesternacht und die Fokussierung auf Migranten auch nicht gut. Das hinterlasse bei ihr, die Serap heiße, „schon einen Beigeschmack“. Die Vornamen-Abfrage eines Berliner CDU-Mitglieds sei aber auch parteiintern nicht auf Zuspruch gestoßen.  

Die von CDU-Chef Merz in einer früheren Lanz-Sendung aufgebrachte Äußerung über kleine „Paschas“ sieht sie auch kritisch. „Ich hätte es an seiner Stelle so nicht gesagt“, positioniert sie sich. Allerdings komme bei der Fokussierung das Wesentliche der Debatte zu kurz. Es gehöre sich unter Demokraten nicht, „aus Friedrich Merz einen Rassisten zu machen“. 

Zuspruch für Merz kommt dann aber von unerwarteter Seite: Der grüne Landrat Scherf berichtet von seinen Erfahrungen. In der Tat habe das „P-Wort Verhetzungspotential“. In der Sache aber habe Merz nicht falsch gelegen – auch wenn Scherf die Integration insgesamt als Erfolgsgeschichte sieht. „Wir haben ein Problem damit, dass wir Verhaltensweisen haben, die finde ich mit dem P-Wort eigentlich noch verniedlichend umschrieben“, sagt er.

Grüner Landrat Jens Marco Scherf kritisiert Antisemitismus bei Migranten

Lehrerinnen würden von Vätern in bestimmten migrantischen Milieus nicht ernst genommen, Mütter dürften nicht alleine zu Elternabendenden kommen und Mädchen in der Berufsschule würden sich nicht frei äußern, da sie Angst hätten, von den Jungen zuhause verpetzt zu werden, zählt Scherf auf. Konkret habe es den Fall bei einem schulischen Projekt zum Thema Judentum gegeben, wo Männer meinten, als Muslimin dürfe man nicht mit Juden sprechen. Man müsse solche Verhaltensweisen und Probleme offen ansprechen, damit Integration funktioniere, meint der Grüne. 

Lanz will wissen, wie solche Äußerungen in der „grünen Blase“ ankämen. Scherf spricht von einer „gewissen Aufmerksamkeit“, es sei anstrengend, aber er habe sich seine Äußerungen vor der Sendung schon genau überlegt: „Tu ich es mir an, oder mach' ich mir einen schönen ruhigen Abend zuhause und erspare es mir“, lacht er. (cme)

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