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Belgiens vergessene KunstrevolutionArp Museum zeigt Schätze aus Antwerpen

3 min
Parkszene von Maurice Denis.

Parkszene von Maurice Denis. 

Das Arp Museum kooperiert mit der Phoebus Foundation und präsentiert eine Ausstellung über die Avantgarde-Netzwerke zwischen Paris und Brüssel um 1900. Von Impressionismus bis Jugendstil: Wie belgische Künstler die Moderne prägten.

Das Arp Museum in Remagen Rolandseck wuchert einmal wieder mit seinen Pfunden, die in der weit gefächerten UNICEF-Sammlung Rau gelagert sind. Um sie thematisch richtig und abwechslungsreich einzusetzen, heißt es aber auch, gute Kontakte zu pflegen und Kooperationen einzugehen, wie diesmal mit der Phoebus Foundation Antwerpen. Ein Netzwerk ist entstanden, indem unter den rund 60 Arbeiten etwa eine Hälfte aus dem eigenen Fundus, die andere als Leihgaben hinzugefügt wurden.

Vier stilistische Kapitel der frühen Moderne

Um solche „Netzwerke“ geht es unter der Kuratierung von Susanne Blöcker und Anna Kuwalewski, denn der Begriff „Netzwerk“ wird zum tragenden Ausstellungskonzept, in dem die Einflussnahme im Fin de Siècle zwischen den Metropolen Paris und Brüssel untersucht wird. Die Avantgardebewegungen der frühen Moderne rücken in den Fokus der Kunst.

Die Direktorin des Arp Museums, Julia Wallner, freut sich über diese Kooperation mit Antwerpen: „Die Ausstellung zeigt Highlights aus einer der interessantesten und umfangreichsten Sammlungen Belgiens.“

Dabei werden vier stilistische Kapitel aufgeschlagen, an denen sich die Schau orientiert: der Impressionismus, der Pointillismus, der Symbolismus und die expressive Richtung der Fauve (der Wilden).

Seelenlandschaften zwischen Romantik und Moderne

Gleich eingangs lässt man sich vom großen Sonnenwagen des Apoll auf einem Bild von Odilon Redon durch die Lüfte tragen, um diese „Seelenlandschaften“ um 1900 zu entdecken. „Die gute alte Zeit wird noch beschworen, aber man ist auch mitten in der Industrialisierung“, so Susanne Blöcker.

„Skelett verhaftet Maskierte“ schuf James Ensor im Jahr 1891.

„Skelett verhaftet Maskierte“ schuf James Ensor im Jahr 1891.

Poetisch meditativ, noch fest an der Romantik hängend, entstehen diese „Seelenlandschaften“ auf belgischem Boden. Beispielsweise bei den „Jünglingen“ des Bildhauers Georg Minne (1866–1941) reichen sie in den Jugendstil, weit über stilistische Zuordnungen hinaus.

James Ensor: Ironie hinter Masken

Völlig anders blättert sich die Seele auf bei James Ensor (1860 – 1949), der zwar wie Minne nachts auch unter Schlaflosigkeit leidet, der aber doch alles Schmachten und Hadern unter seinen Masken samt „Gevatter Hein“ (Bild: „Skelett verhaftet Maskierte“) versteckt, und so immer doch auch einen gewissen ironischen Hauch versprüht. 1905 stellt Ensor seine Schwester als Dame mit großem Blumenhut völlig realistisch dar, eben jene Schwester, unter der er „in einem von steten Konflikten geprägten Familienleben“ zu leiden hatte. Der Maler selbst sitzt auf diesem Bild bescheiden im Nachbarzimmer und blickt auf das Geschehen. James Ensor gründet auch die modernistische Gruppe „Les XX“ (les Vingts) zusammen mit dem Symbolisten Leon Spilliaert.

Belgien als gleichwertiges Kunstzentrum

In der Ausstellung sind leider nur fünf Werke von Ensor, jenem genialen und vielleicht bekanntesten belgischen Maler zu sehen. Doch man sieht, Paris ist längst nicht das einzige Kunstzentrum, Antwerpen und Brüssel und sogar Ostende können es auch. Zwar suchen Claude Monet, Auguste Renoir oder Edgar Degas in Paris zunächst das Flüchtige des Moments, aber in Belgien entwickelt ein Künstler wie Emile Claus mit seiner Gruppe „Vie et Lumière“ den Luminismus, der das Leuchten und Spiegeln des Sonnenlichts in den Mittelpunkt rückt – vielleicht bis heute zu wenig bekannt.

Van de Velde: Vom Pointillismus zum Bauhaus

Und der flämische Architekt Henry van de Velde, der auch der belgischen Gruppe XX angehörte, gab später nicht nur dem Weimarer Bauhaus sein Gesicht, sondern betätigte sich auch als Maler im Stil des Pointillismus, indem er Pünktchen für Pünktchen eine alte Frau erstehen ließ, wie sie im grauen Dämmerlicht zur Kirche schlürft. Van de Velde, der auf der Suche nach dem Gesamtkunstwerk war, gilt auch als Mitbegründer des Jugendstils. So zeigt sich mehr und mehr eine vielfache Vernetzung, die in ihrer Wirkungsgeschichte später dann die gesamte Kunstlandschaft „vernetzt“ und bis heute geprägt hat.

Bis 8. März, Di bis So 11 –18 Uhr, Hans-Arp-Allee 1.