NachberichtDerbyheld Rexhbecaj führte den FC zum verdienten Sieg

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Jubel an der Eckfahne.

Mönchengladbach – Das Trikot mit der Nummer 20 diente an diesem 6. Februar 2021 als perfektes Symbol. Das rote Leibchen mit dem Geißbock auf der Brust wehte an der Spitze der Eckfahne im Mönchengladbacher Schneegestöber, darunter versammelte sich eine Traube tanzender und johlender Spieler des 1. FC Köln. Mittendrin der Held des Abends und Träger des zweckentfremdeten Dresses: Elvis Rexhbecaj.

Der Leihspieler vom VfL Wolfsburg hat den FC mit dem ersten Doppelpack seiner Bundesliga-Karriere zu einem kaum für möglich gehaltenen 2:1 (1:1)-Derbysieg beim Erzfeind vom Niederrhein geführt. Ein bedeutungsschwangerer Erfolg, der die Kölner nach einer turbulenten Woche halbwegs mit ihren aufgebrachten Fans versöhnte und im Abstiegskampf Gold wert sein kann.

Rexhbecaj bleibt Derbyheld

Eigentlich war dieser Samstagabend wie dafür gemacht, dass das Unheil den 1. FC Köln mit voller Wucht trifft. Nach der Mediendirektor-Posse und dem Pokal-Aus bei Zweitligist Jahn Regensburg setzte das Video aus dem Mannschaftsbus dem Chaos die Krone auf. Ganz zu schweigen davon, dass Trainer Markus Gisdol das ungleiche Duell mit dem Champions League-Achtelfinalisten mit einer ersatzgeschwächten Mannschaft angehen musste. Eine klare Derbyniederlage schien unausweichlich.

Dass die Geißböcke all diesen Umständen trotzten und sich im nasskalten Borussia-Park zu ihrer besten Saisonleistung aufschwangen, könnte als entscheidender Wendepunkt in die Geschichte der Saison 2020/21 eingehen. Während diese These an den verbleibenden 14 Spieltag noch zu klären sein wird, ist unstrittig, dass Elvis Rexhbecaj seinen Platz als Derbyheld in der FC-Historie auf ewig sicher haben wird.

Natürlich wegen seiner mit starkem Willen und großer Überzeugung erzielten Tore (3./55.), aber vor allem, weil er als Leihspieler alle Tugenden vorlebte, die ein Spieler dieses Clubs mitbringen sollte. Der 23-Jährige lief um sein Leben, warf sich erfolgreich in jeden Zweikampf, der möglich war, und riss seine Teamkollegen mit. „Elvis ist einer von den Jungs, den du als Trainer nur liebhaben kannst“, lobte Markus Gisdol und erklärte warum: „Ich hatte vom ersten Moment an das Gefühl, er ist ein Kölner, er hat das Ding komplett angenommen. Das hast du nicht immer bei Leihspielern.“

Nur ein glückliches Tor für die Gladbacher

Rexhbecaj, der im Januar 2020 zum FC kam und dessen Leihvertrag zum 30. Juni ausläuft, begegnete den Lobeshymnen bescheiden: „Das Wichtigste sind die drei Punkte heute. Ich bewerte mich nicht selber, das macht der Trainer. Wir wollten kompakt stehen, Dinge wieder gut machen und als Mannschaft auftreten. In Regensburg war es etwas leblos.“

In Mönchengladbach nicht. „Markus Gisdol hat eine außergewöhnliche Rede gehalten. Es ging sehr wenig um Taktik und um den Gegner. Es ging sehr viel um unsere Situation. Ich glaube, er hat es sehr gut getroffen“, gab Horst Heldt einen kurzen Einblick in die Kabine.

Die Kölner begegneten der Überheblichkeit der Gladbacher, bei denen Trainer Marco Rose auf sieben Positionen rotiert hatte, griffig und konsequent in den Zweikämpfen. Die taktische Disziplin und Stabilität, mit der die gesamte FC-Mannschaft verteidigte, gestattete der Borussia nur ein glückliches Tor durch Florian Neuhaus (16.) und eine Chance für Lars Stindl (78.). „Wir haben unser Gesicht gezeigt, welches wir schon oft gezeigt haben. Darauf müssen wir aufbauen, wir dürfen solche Schwankungen nicht haben“, erklärte Rexhbecaj. Als eher defensiver Mittelfeldspieler ist der Deutsch-Kosovare mit mittlerweile fünf Treffern bester Torschütze des FC in dieser Saison.

in schwierigen Situationen glänzt Gisdol als Trainer

Der Sieg war verdient und ein Zeichen für die Eigenschaft der Geißböcke, den Großen auf Augenhöhe begegnen zu können. In Dortmund (2:1) und Leipzig (0:0) fühlte sich der FC in der Rolle des Außenseiters genauso wohl, wie Zuhause gegen Frankfurt (1:1), Wolfsburg (2:2) oder beim unglücklichen 1:2 gegen die Bayern. „Vielleicht liegen diese Erfolge daran, dass uns der ein oder andere Gegner unterschätzt“, mutmaßte Gisdol.

Für den ständig in der Kritik stehenden Trainer könnte der Derbysieg auch einen Wendepunkt bedeuten. Er hat längst beweisen, dass er zum FC passt und mit den schwierigen Situationen, die der Verein so gut produzieren kann wie kaum ein anderer, hervorragend umzugehen weiß. „Ich kann mit dem Druck umgehen. Man muss nur fair bei der Betrachtung bleiben“, sagte der 51-Jähriger, nachdem er Teil der Jubeltraube in Gladbach gewesen war. Es konnte für Gisdol keinen passenderen Moment für eine Liebeserklärung geben: „Der Club ist verrückt, aber ich liebe diesen Club.“

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