Der militärische Eingriff der USA im Iran hat weltweite Reaktionen ausgelöst. Die UN beruft Dringlichkeitssitzung ein.
Angriff auf IranNeue Details der Operation „Midnight Hammer“ veröffentlicht – Iran widerspricht

Dieses von Maxar Technologies zur Verfügung gestellte Satellitenbild zeigt eine Nahaufnahme von Kratern und Asche auf einem Hügel bei der Anreicherungsanlage Fordo im Iran nach den US-Angriffen am 22. Juni 2025.
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Die US-Angriffe auf iranische Atomanlagen in der Nacht zum Sonntag (22. Juni) haben weltweit für scharfe Reaktionen gesorgt – politisch, diplomatisch und gesellschaftlich. Während die US-Regierung unter Präsident Donald Trump ihr militärisches Vorgehen als notwendige Maßnahme zur Eindämmung der iranischen Atompläne rechtfertigt, wächst die Sorge vor einem Flächenbrand im Nahen Osten.

US-Präsident Donald Trump (r) kommt zu einer Ansprache im East Room des Weißen Hauses in Washington, nachdem das US-Militär drei iranische Nuklear- und Militäranlagen angegriffen hat und sich damit direkt den Bemühungen Israels anschließt, das iranische Atomprogramm zu kappen.
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Die USA sind nach dem Schlag gegen den Iran nach eigenen Angaben offen für Gespräche. US-Verteidigungsminister Pete Hegseth sagte auf die Nachfrage eines Journalisten nach diplomatischen Möglichkeiten: Er könne nur bestätigen, dass öffentliche und private Nachrichten an die Iraner über mehrere Kanäle geschickt worden seien - um ihnen die Möglichkeit zu geben, an den Verhandlungstisch zurückzukommen.
US-Verteidigungsminister Pete Hegseth bestätigt Angriff mit 14 massive bunkerbrechende Bomben
Die USA haben nach eigenen Angaben bei ihren Angriffen auf die iranischen Atomanlagen 14 massive bunkerbrechende Bomben des Typs GBU-57 eingesetzt. Diese seien auf zwei Atomanlagen abgeworfen worden, teilte Generalstabschef Dan Caine auf einer Pressekonferenz mit. Es sei das erste Mal gewesen, dass die USA diese Bombe eingesetzt hätten, sagte Verteidigungsminister Pete Hegseth.

Die USA bezeichnen die Angriffe als „Einsatz Mitternachtshammer“.
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Es sei zudem der längste Einsatz der Tarnkappenbomber seit 2001 gewesen. Diese Flugzeuge sind als einzige in der Lage, die 13,6 Tonnen schweren bunkerbrechende Bomben abzuwerfen. Nach Angaben des Generalstabschefs war es der größte Angriff mit Hilfe dieser Tarnkappenbomber in der Geschichte des Landes. Die USA bezeichnen die Angriffe als „Einsatz Mitternachtshammer“.
Chamenei-Berater: Angereichertes Uran nach US-Angriffen weiterhin intakt
Ein Berater der irantischen Regierung widerspricht den Berichten. Das angereicherte Uran sei nach iranischen Angaben weiterhin intakt. „Selbst wenn Atomanlagen zerstört sind, ist das Spiel nicht vorbei, angereichertes Material, einheimisches Wissen und politischer Wille bleiben bestehen“, erklärte der Berater von Irans oberstem Geistlichen Ayatollah Ali Chamenei, Ali Schamchani, im Onlinedienst X am Sonntag.
Iranischer Außenminister Araghtschi trifft in Moskau Russlands Präsidenten Putin
Vor dem Hintergrund des US-Eingreifens in den Krieg zwischen dem Iran und Israel trifft der iranische Außenminister Abbas Araghtschi am Montag in Moskau den russischen Präsidenten Wladimir Putin zu Gesprächen. Der iranische Chefdiplomat will mit Putin „ernsthafte Rücksprache“ halten. Demnach plante Moskau, gemeinsam mit Peking eine Resolution zur Beendigung der Gefechte im UN-Sicherheitsrat einzubringen. Araghtschi will nun mit Putin über das weitere Vorgehen sprechen.
UN-Sicherheitsrat beruft Dringlichkeitssitzung ein
Nach den US-Angriffen auf drei Atomanlagen im Iran kommt der UN-Sicherheitsrat am Sonntag zu einer Dringlichkeitssitzung zusammen. Nach Angaben von Guyana, das im Juni den monatlich rotierenden Vorsitz des Rates mit Sitz in New York inne hat, wurde die Sitzung für 15.00 Uhr Ortszeit (21.00 Uhr MESZ) anberaumt. Es handelt sich bereits um die dritte Sitzung des UN-Gremiums seit Beginn der israelischen Angriffe auf den Iran am 13. Juni.
In den USA regt sich vor allem bei den oppositionellen Demokraten massiver Widerstand gegen Trumps Entscheidung. Der demokratische Minderheitsführer im Senat, Chuck Schumer, warnt vor einem „größeren, längeren und vernichtenderen Krieg“ und stellt die Rechtmäßigkeit des Einsatzes infrage. Auch Hakeem Jeffries aus dem Repräsentantenhaus kritisiert den Präsidenten scharf: Trump habe den Kongress übergangen, das Land getäuscht und bringe die USA in eine potenziell katastrophale militärische Verwicklung.
Opposition sieht Verstoß gegen Verfassung der Vereinigten Staaten
Die Demokratin Nancy Pelosi geht noch weiter und wirft Trump vor, mit dem Angriff die US-Verfassung verletzt zu haben. Der Ansicht ist auch ihre Kollegin Rashida Tlaib: „Dass Präsident Trump ohne Zustimmung des Kongresses US-Truppen zum Bombardieren des Iran schickt, ist ein eklatanter Verstoß gegen unsere Verfassung“, schrieb sie auf der Plattform X.
Ein Vorstoß, die Macht des Präsidenten für Auslandseinsätze gesetzlich zu begrenzen, gilt angesichts der republikanischen Mehrheit im Kongress als wenig aussichtsreich – diese unterstützt Trumps Vorgehen überwiegend.
Internationale Diplomatie ruft zur Mäßigung auf
Auch weltweit ist die Sorge groß. Die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas ruft alle Parteien zur Zurückhaltung und zur Rückkehr an den Verhandlungstisch auf. Dem pflichtete EU-Ratspräsident António Costa bei: „Diplomatie ist nach wie vor der einzige Weg, Frieden und Sicherheit in den Nahen Osten zu bringen. Eine weitere Eskalation würde erneut zu viele Zivilisten zum Opfer fallen.“
Großbritanniens Premierminister Keir Starmer fordert den Iran explizit zu neuen Gesprächen über sein Atomprogramm auf – eine diplomatische Lösung sei „dringend notwendig“.
Der SPD-Außenpolitiker Rolf Mützenich sieht in den Angriffen eine dramatische Zäsur. Sie schwächten das Vertrauen in eine internationale Ordnung, die auf Kooperation und Verträgen basiert. Für ihn sei nun eine neue Phase der Unsicherheit eingeläutet – mit dem Risiko weiterer Kriege und Destabilisierung in der gesamten Region.
Als völkerrechtswidrig bezeichnet der Linken-Vorsitzende Jan van Aken den Angriff. „Wenn der Westen selbst das Völkerrecht verletzt, wird es umso schwerer, globale Unterstützung für die Ukraine und den Kampf gegen den Völkerrechtsverletzter Putin zu gewinnen“, sagt Van Aken. „Für Putin war das heute daher wieder einmal ein guter Tag.“ Nur Verhandlungen könnten eine iranische Atombombe verhindern, alle Seiten sollten nun deeskalieren und von weiteren Angriffen absehen.
Deutschland berät mit Frankreich und Großbritannien
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) berief am Morgen das Sicherheitskabinett der Bundesregierung ein. Die Führung in Teheran wurde aufgerufen, „sofort Verhandlungen mit den USA und Israel aufzunehmen und zu einer diplomatischen Lösung des Konflikts zu kommen“, wie sein Sprecher Stefan Kornelius mitteilt. Die Bundesregierung geht demnach davon aus, dass „große Teile des iranischen Nuklearprogramms durch die Luftschläge beeinträchtigt wurden“.
Merz will mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron und dem britischen Premier Keir Starmer in einer Schalte über die Eskalation im Krieg zwischen Israel und dem Iran beraten. Regierungssprecher Kornelius teilte ferner mit, dass der Bundeskanzler und die Minister des Sicherheitskabinetts sich im Laufe des Tages mit EU und mit den USA über weitere Schritte eng abstimmen wollten.

Dieses von Maxar Technologies zur Verfügung gestellte Satellitenbild zeigt Fahrzeuge in der Anreicherungsanlage Fordo in Iran am Freitag (19. Juni), also vor dem Angriff der USA.
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CDU-Sicherheitspolitiker Roderich Kiesewetter nutzt den Anlass, sich öffentlich bei den USA zu bedanken: „Danke USA. Mit den Angriffen auf die 3 militärischen Nuklearanlagen haben Israel und die USA die Region und uns alle vor einer nuklearen Erpressung durch den Iran und einem nuklearen Wettrüsten bewahrt“, heißt es in seinem Post auf X. Die iranische Bevölkerung stünde vor einer „historischen Chance“, sich vom repressiven Mullah-Regime zu befreien.
In dieser kritischen Phase sollte Deutschland nicht nur fest an der Seite Israels stehen, sondern auch gezielt die Menschen im Iran unterstützen, die für Freiheit und Demokratie kämpfen, fordert Kiesewetter.
Indes hat die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) eine Krisensitzung ihres Gouverneursrats einberufen. Laut ersten Erkenntnissen sei bei den Angriffen keine radioaktive Strahlung ausgetreten. Dennoch bleibt die Lage angespannt: Getroffen wurden unter anderem die stark gesicherte Uran-Anreicherungsanlage Fordo sowie Standorte in Natans und Isfahan.
Schärfere Rhetorik, wachsende Unsicherheit
Der Iran verurteilt die US-Angriffe scharf. Das Außenministerium spricht von „Verbrechen“ und einem Bruch internationaler Prinzipien zur Unterstützung Israels, das die Angriffe mit dem fortgeschrittenen iranischen Atomprogramm rechtfertigt. „Es ist nun allen vollkommen klar geworden, dass dasselbe Regime, das eine ständige Mitgliedschaft im (UN-)Sicherheitsrat genießt, sich keinerlei Prinzipien oder Moral verpflichtet fühlt und vor keinerlei Gesetzeswidrigkeit oder Verbrechen Halt macht, um die Ziele eines völkermörderischen Besatzungsregimes zu unterstützen“, erklärt das iranische Außenministerium am Sonntag.
Das Land hat eine Sondersitzung des UN-Sicherheitsrates beantraft. Kurz nach dem Angriff soll in Isfahan ein Mann wegen angeblicher Spionage hingerichtet worden sein – Berichten zufolge wächst im Iran die Angst vor Verhaftungswellen unter dem Vorwand der Zusammenarbeit mit Israel.
China wirft den USA vor, mit Angriffen auf iranische Atomanlagen den Konflikt im Nahen Osten weiter anzuheizen. Das chinesische Außenministerium verurteilt die Attacken am Sonntag „aufs Schärfste“ und warnt vor einer Zuspitzung der Spannungen in der Region. Peking rufe alle Konfliktparteien – insbesondere Israel – dazu auf, das Feuer so schnell wie möglich einzustellen.
Wie Osman, Libanon und Saudi-Arabien den Angriff bewerten
Auch in der Region nimmt die Verunsicherung zu. Der Libanon – traditionell in die Spannungen zwischen Iran, Israel und Hisbollah verstrickt – bemüht sich, sich aus dem Konflikt herauszuhalten. Ministerpräsident Nauaf Salam betont, man dürfe sich nicht in einen neuen Krieg hineinziehen lassen.
Ein Sprecher des omanischen Außenministeriums zeigt sich sehr besorgt über die Zuspitzung der Lage nach den Luftangriffen der USA auf iranisches Staatsgebiet. Das Sultanat Oman verurteile diesen Angriff als völkerrechtswidrig und rufe zu einer sofortigen und umfassenden Entspannung der Situation auf, heißt es auf X.
Die pro-iranischen Milizen in der Region verurteilen den US-Angriff. Die Huthi-Miliz im Jemen spricht von einer „rücksichtslosen Aggression“ und einer „Kriegserklärung“ an das iranische Volk. Die Miliz bekräftigt zudem ihre Drohung, „US-Schiffe und Kriegsschiffe im Roten Meer anzugreifen“. Die radikalislamische Palästinenserorganisation Hamas, gegen die Israel seit mehr als 20 Monaten einen Krieg im Gazastreifen führt, sieht eine „unverhohlenen US-Aggression“.
Auch das Königreich Saudi-Arabien äußert sich zur Eskalation im Nahen Osten. Die internationale Gemeinschaft müsse sich bemühen, um die aktuelle Lage zu entschärfen, heißt es in einer Erklärung des Außenministeriums. (sbo mit dpa/afp)