Kommentar zum MittagStreit um die Gaspipeline Nord Stream

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An Bord des Verlegeschiffes "Audacia" des Offshore-Dienstleisters Allseas werden im Fließbandverfahren Rohre für die Gaspipeline Nord Stream 2 verschweißt und auf dem Grund der Ostsee verlegt.

  • Sowohl US-Präsident Trump als auch Demokraten und Republikaner im Kongress laufen Sturm gegen Nord Stream 2.
  • Das US-Parlament verabschiedet nun ein Sanktionsgesetz, um die Ostsee-Pipeline noch zu stoppen - kurz vor der Fertigstellung des umstrittenen Projekts.
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Köln – Niemand wird behaupten wollen, dass die Bundesregierung besonders geschickt mit dem Projekt Nord Stream 2 umgegangen wäre. Deutsche Interessen waren Berlin wichtiger als Rücksichtnahmen auf die Nachbarn im Osten, allen voran Polen. Die machen sich Sorgen um ihre Sicherheit, wenn Energielieferungen von Russland nach Mitteleuropa ohne ihr Zutun möglich werden. Das historische Trauma, zwischen den beiden großen Nachbarn zerrieben zu werden, wiegt schwer.

Dass die Vereinigten Staaten diese grundlegende Uneinigkeit nutzen, um Sanktionen zu verhängen, ist gleichwohl ein beispielloser Vorgang. Er zeigt, wie zerrüttet die transatlantischen Verhältnisse sind. Wenn sich ein US-Botschafter dann noch hinstellt und von gesamteuropäischen Interessen schwadroniert, die sein Land damit schütze, dann ist das vor allem für ihn selbst blamabel. Hier verhält sich ein Verbündeter wie eine Besatzungsmacht und trumpft in der Öffentlichkeit damit auf.

Deutsche Rechthaberei wäre naheliegend aber falsch

So funktioniert kein Bündnis auf Dauer. Grenell macht einen sehr schlechten Job. Die Bundesregierung hat sich entschlossen, nicht weiter Öl ins Feuer zu schütten. Sie reagiert sichtbar erstmal gar nicht und beschränkt sich auf rhetorische Zurückweisungen. Es dürfte jedoch klar sein, dass es dabei nicht bleiben kann. Deutsche Rechthaberei wäre jetzt naheliegend, aber grundfalsch.

Die Bundesregierung wird ein paar diplomatische Hausaufgaben machen müssen. Zuerst bei den europäischen Nachbarn, die den Nord-Stream-Alleingang Deutschlands nur zähneknirschend akzeptiert haben. Vor allem Polen muss eingebunden werden. Ohne diesen Schulterschluss wird die Trump-Regierung immer einen Ansatzpunkt haben, Europa zu spalten. Darauf allein zielt die Attacke aus Washington. Dann wird Deutschland mit den USA in Gespräche gehen müssen.

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Die Regierung kann diesen unfreundlichen Akt nicht hinnehmen, aber sie muss den Kontakt halten, damit der Streit nicht  eskaliert. Außerdem müssen die Arbeiten in der Ostsee weitergehen. Verhandeln lässt sich nur, wenn man die Trümpfe auf der Hand hat. Wer sich einschüchtern lässt, hat schon verloren.

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