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Reaktion auf EKD-PositionierungRheinischer Präses beharrt auf Abschaffung von Atomwaffen

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Thorsten Latzel bei EKD Synode in Dresden.

Der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Thorsten Latzel, verteidigt seine grundsätzlich ablehnende Haltung gegen Atomwaffen und ordnet damit die Linie der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) ein.

„Schon der Besitz von Atomwaffen und die Drohung mit ihnen sind ethisch nicht zu vertreten“, erklärt Latzel gegenüber der Rundschau. Diese generelle ethische Ächtung von Atomwaffen sei eine klare Grundhaltung des christlichen Glaubens und werde in der EKD-Friedensdenkschrift deutlich betont.

„Der ethisch gebotene Verzicht bleibt orientierend, ist angesichts der politischen Konstellation im Blick auf die Folgen aber politisch schwer zu vertreten“, heißt es in der EKD-Denkschrift. Der Besitz von Nuklearwaffen könne dem Dokument zufolge aber angesichts der weltpolitischen Verteilung dieser Waffen trotzdem politisch notwendig sein, „weil der Verzicht eine schwerwiegende Bedrohungslage für einzelne Staaten bedeuten könnte“.

Politisches Dilemma

Mit Blick auf Atomwaffen sei es ihm jedoch wichtig, so Latzel, dass die skizzierten Überlegungen zum politischen Dilemma nichts von der ethischen Klarheit nehmen. „Atomwaffen sind und bleiben ein unvertretbares Risiko“, so Latzel: „Sie dienen der Vernichtung jeglichen Lebens.“ Auch ein reagierender „Zweitschlag“ sei nicht zu rechtfertigen. Deshalb müsse alles getan werden, um Atomwaffen abzuschaffen, betonte Latzel: „Das schließt für mich auch einseitige Abrüstung ein, weil Sicherheit auch anders zu gewährleisten ist. Der Einsatz von Atomwaffen kann und darf niemals zur Option werden.“

„Während des Kalten Krieges sind wir mehrfach nur knapp einer Katastrophe entgangen“, führte Latzel weiter aus. Die Friedensdemonstrationen in Bonn zwischen 1981 und 1983 seien für eine ganze Generation prägend gewesen, weit über das Rheinland hinaus. In dem aktuellen EKD-Papier werde aber zutreffend ein politisches Dilemma thematisiert, so Latzel: „Kann es nicht ethisch, aber politisch dennoch notwendig sein, an vorhandenen Atomwaffen zum Schutz der eigenen Bevölkerung teilzuhaben?“

Ukraine hatte Atomwaffen abgegeben

Angesichts des menschenverachtenden russischen Angriffskriegs auf die Ukraine sei diese Frage aktuell. Die Ukraine selbst habe seinerzeit ihre Atomwaffen gegen die Zusage von Sicherheit abgegeben. Wladimir Putin dagegen drohe wiederholt unverhohlen mit dem Einsatz atomarer Waffen. „Dies wird in der Denkschrift als ein wirkliches Dilemma beschrieben, bei dem keine Entscheidung ohne Schuld ist“, sagte der rheinische Präses.

In dieser schwierigen Entscheidungsfindung gelte es, Politikerinnen und Politiker zu begleiten. „Ich bin froh, dass die Denkschrift sich diesen und anderen friedensethischen Fragen sehr differenziert stellt und es sich nicht einfach macht“, führte Latzel aus: „Sie bietet so ethische Orientierung und stärkt die Gewissensentscheidung des Einzelnen.“

„Unvorstellbares Leid“

Bei Atombomben handele es sich um Massenvernichtungswaffen, die jegliches Leben in großen Flächen dauerhaft zerstören, so der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland. „Sie verursachen unvorstellbares Leid und erlauben keinerlei Schutz der Zivilbevölkerung. Das wissen wir nicht erst seit dem verheerenden Einsatz in Hiroshima und Nagasaki, an dessen Folgen die Menschen bis heute leiden.“

Die Evangelische Kirche im Rheinland erstreckt sich nach eigenen Angaben über Teile von Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland und Hessen. Sie gliedert sich in 37 Kirchenkreise mit 576 Kirchengemeinden und hat rund 2,1 Millionen Mitglieder.