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Wütende Worte aus MoskauTomahawk, Ausladung Kampfansage – Wie Trump jetzt Putin „erpressen“ will

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Kremlchef Wladimir Putin zusammen mit US-Präsident Donald Trump im August in Alaska. Der Amerikaner hat seine Gangart gegenüber Moskau seit dem Treffen deutlich verschärft. (Archivbild)

Kremlchef Wladimir Putin zusammen mit US-Präsident Donald Trump im August in Alaska. Der Amerikaner hat seine Gangart gegenüber Moskau seit dem Treffen deutlich verschärft. (Archivbild)

Trump lässt sich für die Waffenruhe in Nahost feiern – und nimmt sofort Russland ins Visier. Aus Moskau kommen derweil neue Drohungen.

Die israelischen Geiseln waren gerade erst aus dem Gazastreifen zurückgekehrt, da widmete sich US-Präsident Donald Trump in seiner Rede vor der Knesset bereits den nächsten internationalen Brandherden. „Es wäre großartig, wenn wir mit dem Iran ein Friedensabkommen schließen könnten“, erklärte Trump, fügte dann jedoch prompt an: „Zuerst müssen wir mit Russland fertig werden.“

Dabei scheint der US-Präsident, der in den ersten Monaten seiner Amtszeit eher auf Samthandschuhe im Umgang mit Kremlchef Wladimir Putin gesetzt hatte, nun auch gegenüber Moskau auf das Konzept „Frieden durch Stärke“ setzen zu wollen. Gleich mehrmals erwähnte Trump diesen Ansatz bei seinem Auftritt vor dem israelischen Parlament.

Donald Trump verschärft den Kurs gegenüber Wladimir Putin

Und die Kampfansage des US-Präsidenten passt ins Bild: Bereits in den letzten Wochen hatte Trump seinen Kurs gegenüber dem Kreml deutlich verschärft. Dass Russland trotz des Treffens von Trump mit Putin in Alaska im August konsequent auf Kriegskurs geblieben und seine Angriffe auf die ukrainische Zivilbevölkerung fortgesetzt hat, scheint dem US-Präsidenten mittlerweile sauer aufzustoßen.

Das zeigt auch Trumps Bereitschaft, über die Lieferung von Tomahawk-Marschflugkörpern an die Nato nachzudenken. Das westliche Verteidigungsbündnis könnte die weitreichenden Waffen dann an die Ukraine weiterreichen. „Wollen sie, dass Tomahawks in ihre Richtung fliegen? Ich glaube nicht“, bekräftigte der US-Präsident zu Wochenbeginn seine Drohung in Richtung Moskau.

„Wenn der Krieg nicht beendet wird, werde ich Tomahawks schicken“

Zuvor hatte Trump gleich zweimal mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj telefoniert, auch die Bedingungen für eine Tomahawk-Lieferung sollen Berichten zufolge in den Gesprächen eine Rolle gespielt haben. „Wenn dieser Krieg nicht beendet wird, werde ich ihnen Tomahawks schicken“, wurde der US-Präsident auf dem Weg in den Nahen Osten schließlich deutlich. Da die Lieferung der Waffe jedoch „ein neuer Schritt der Aggression“ wäre, kündigte Trump an, zunächst mit Moskau sprechen zu wollen.

Mit russischen Vertretern gemeinsam posieren, wie noch im August, wollte der US-Präsident bei seiner Nahost-Reise jedoch offenbar nicht. Die Tomahawk-Gespräche sollen offenbar aus der Ferne geführt werden. Darauf deuten zumindest Äußerungen des russischen Außenministers Sergej Lawrow hin.

Keine Einladung für Russland: USA offenbar der Grund

Dass Russland bei den Feierlichkeiten im ägyptischen Scharm El-Scheich nicht dabei gewesen sei, sei darauf zurückzuführen, dass Ägypten als Gastgeber seine „Aktionen vor allem mit den USA koordiniert“ habe, erklärte Lawrow. Bei dem Auftritt vor den Augen der Weltöffentlichkeit wollte Trump die Russen offenbar nicht dabei haben. Auch das darf als deutliches Signal an Moskau betrachtet werden. 

Für die größte Unruhe sorgt in Moskau allerdings weiterhin die drohende Lieferung der Tomahawk-Marschflugkörper. Am Freitag wird der ukrainische Präsident Selenskyj in Washington erwartet. Ob Trump die Lieferung der Waffen bereits dann bekannt geben wird, bleibt offen – erscheint mittlerweile aber nicht mehr undenkbar. Entsprechend schrill sind die Töne aus Moskau.

Moskau droht: „Könnte für alle schlecht enden“

Nachdem Kremlchef Putin sich ungewöhnlich häufig – dreimal in wenigen Tagen – mit warnenden Worten zu den US-Waffen geäußert hatte, legt nun auch der seit Kriegsbeginn als Scharfmacher bekannte Ex-Präsident Dmitri Medwedew nach. „Die Versorgung mit diesen Raketen könnte für alle schlecht enden“, schrieb der Vizechef des russischen Sicherheitsrates am Montag in seinem Telegram-Kanal und fügte hinzu: „In erster Linie für Trump.“

Für Medwedews Drohung, der für seine schrillen Wortmeldungen oftmals belächelt wird, gab es kurz darauf Unterstützung aus dem Kreml. Die USA würden mit dem Schritt eine „weitere Eskalation“ riskieren, warnte Putins Sprecher Dmitri Peskow. „Jeder, der auch nur ein grundlegendes Verständnis des Problems hat, weiß, dass amerikanische Experten in den Umgang mit solchen Raketen involviert wären“, fügte Peskow an und stützte damit westliche Analysen, dass Moskau die Lieferung der Marschflugkörper unbedingt verhindern will.

Experte über Tomahawk: „Das macht Gegenmaßnahmen schwieriger“

Dafür gibt es aus russischer Sicht auch durchaus gute Gründe, erklärte nun Carlo Masala, Politikwissenschaftler an der Universität der Bundeswehr in München. „Der Vorteil der Tomahawk ist, dass sie sehr tief fliegen und deshalb sehr spät zu entdecken sind. Das macht militärische Gegenmaßnahmen schwieriger“, sagte der Experte gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland am Dienstag. Offen sei, welche Reichweite die Tomahawk im Fall ihrer Lieferung hätten – diese beträgt zwischen 500 und 2500 Kilometern – und über wie viele landgestützte Raketenwerfer die USA noch verfügten.

„Eine Lieferung würde die russische Kriegsmaschinerie ins Stottern bringen“, betonte Masala. Damit ließen sich Kommando-Zentralen, Munitionsdepots oder Hangars treffen, in denen Flugzeuge stünden. Sie wäre aber voraussichtlich nicht kriegsentscheidend – zumal Selenskyj versichert habe, damit nur militärische Ziele angreifen zu wollen, nicht etwa die für die russische Kriegskasse wichtigen Öl-Raffinerien.

Zweifel an Trump: Liefert der US-Präsident wirklich Tomahawks?

Ob Trump den Schritt wirklich gehen wird, daran gibt es bei Masala ebenso wie in der Ukraine jedoch erhebliche Zweifel: Der Sicherheitsexperte verwies dabei auf einen Bericht der ukrainischen Zeitung „Kyiv Post“. Dort heißt es, die von Trump angedeutete Bereitschaft zur Tomahawk-Lieferung sei „strategisch angelegt, um nicht nur die Verteidigung der Ukraine zu stärken, sondern auch die zögernden europäischen Verbündeten, insbesondere Deutschland in Bezug auf seine Taurus-Rakete, zu zwingen, nachzuziehen“. Das hätten verschiedene Quellen erklärt.

Ein Tomahawk-Marschflugkörper wird während einer Übung der britischen Streitkräfte abgefeuert. (Archivbild)

Ein Tomahawk-Marschflugkörper wird während einer Übung der britischen Streitkräfte abgefeuert. (Archivbild)

Da Deutschland der Ukraine wohl keine Taurus geben werde, so Masala, werde sie vermutlich auch keine Tomahawk bekommen. Genau das könnte demnach das Kalkül des US-Präsidenten bei seinen Drohungen mit dem Marschflugkörper sein, erklärte der Sicherheitsexperte.

Russische Zeitung: „Trump versucht, Putin in die Enge zu treiben“

Die Botschaft, die der US-Präsident offenbar in diesen Tagen nach Moskau senden will, scheint aber so oder so angekommen zu sein. „Trump versucht, Putin in die Enge zu treiben“, titelte etwa die kremlnahe Zeitung „Moskowski Komsomolez“ nach den jüngsten Äußerungen des Republikaners. „Das Weiße Haus erpresst den Kreml – diesmal mit Tomahawks“, hieß es weiter. Auch im russischen Staatsfernsehen sind die Marschflugkörper zuletzt nahezu täglich ein großes Thema.

Ob der US-Präsident mit seinem Kurs Erfolg haben wird, bleibt unterdessen offen. Bisher gibt sich Moskau betont unbeeindruckt und behauptet nahezu täglich, dass die russische Luftabwehr die US-Waffe problemlos abwehren könne. Doch auch abseits der Tomahawk-Gedankenspiele sind die Signale aus Moskau eindeutig.

Trotz Tomahawk-Drohung: Kreml bleibt auf Kriegskurs

„Der Kreml hat einige Beschränkungen für den Einsatz russischer Reservisten im Kampf aufgehoben, sodass er nun Reservisten in seinem Krieg in der Ukraine einsetzen kann“, berichtete das amerikanische Institut für Kriegsstudien (ISW) am Dienstag.

Der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses der russischen Staatsduma, Andrej Kartapolow, erklärte demnach, dass das neue Gesetz es dem Kreml ermöglichen werde, Reservisten außerhalb des russischen Territoriums einzusetzen, darunter auch in den ukrainischen Oblasten Sumy und Charkiw, berichteten die US-Analysten weiter. In Moskau, so die Botschaft, scheint man den Krieg also fortsetzen zu wollen.