Kommentar zum Einsatz der US-Nationalgarde in Los Angeles.
USAPräsident Donald Trump lässt schießend ablenken

08.06.2025, USA, Los Angeles: LAPD-Polizisten schießen mit nicht-tödlichen Waffen auf eine Menschenmenge einer Demonstration. Seit Tagen wird in Kalifornien gegen Operationen der US-Einwanderungsbehörde ICE protestiert. Foto: Mark Edward Harris/ZUMA Press Wire/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
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Man stelle sich vor, vor dem Landtag NRW in Düsseldorf gebe es Proteste gegen eine Entscheidung aus der Bundespolitik. Überwiegend friedlich, aber auch mit einigen, die zur Gewalt als Mittel der Auseinandersetzung greifen. Die Polizei macht ihren Job, die Kundgebungen dauern an. Und man stelle sich zudem vor, Bundeskanzler Friedrich Merz würde in einem solchen Fall aus Verärgerung die Bundeswehr an den Rhein schicken. Ministerpräsident Hendrik Wüst und Innenminister Herbert Reul würden gegen eine solche Entscheidung protestieren, aber der Kanzler hielte an seinem harten Kurs fest.
Genau das ist es, was gerade in Kalifornien passiert. US-Präsident Donald Trump, der gerade mit vielen selbst verschuldeten Herausforderungen zu kämpfen hat, will offensichtlich drastische Bilder erzeugen, um eine politische Position durchzusetzen und von Fehlentscheidungen abzulenken. Dass er dabei wahrscheinlich rechtliche Grenzen dreist überschreitet, kümmert ihn überhaupt nicht. Er will als starker Mann gelten, und es bringt ihn auf die Palme, dass seine Entscheidungen zur Ausweisung von Migranten nicht jubelnd vom Volk begrüßt werden, sondern es anhaltende Proteste gibt.
Meinungsfreiheit nicht für alle
Trump, der sich stets als unbedingter Verfechter der Meinungsfreiheit inszeniert hat, lässt genau diese jetzt brachial niederknüppeln und -schießen. Es geht offenbar nicht um jede Meinung, wenn von ihm die Freiheit propagiert wird, sie äußern zu dürfen. So sad, würde Trump jetzt sagen ...
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Und überhaupt: Die neuerliche Grenzüberschreitung des US-Präsidenten vernebelt den Blick auf ernste Herausforderungen. Dass er die Themen Kriminalität und Migration aufgreift, ist durchaus sinnvoll. Dass er dabei aber auf Methoden zurückgreift, die eher an seine Zeit als Wüterich im Reality-TV erinnern als an das Handeln eines ernstzunehmenden Staatsmannes, schmälert jedes Wohlwollen.
Gleichwohl lenkt das übergriffige Vorgehen von Donald Trump in Los Angeles ab von seinen politischen Baustellen, die negative Schlagzeilen für ihn bedeuten. Sein Streit mit Elon Musk, pauschale Einreiseverbote für Menschen aus bestimmten Staaten oder die Zoll-Eskapaden nicht nur mit China – all das wird in der öffentlichen Wahrnehmung durch die martialischen Bilder aus Kalifornien locker überdeckt.
Zum Glück können wir uns Merz, Wüst und Reul nicht in obskuren Reality-Formaten im Unterhaltungsfernsehen vorstellen. Es wäre unserer Demokratie auch nicht angemessen.