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Wie Fahrräder behandeln?Verkehrsministerium bastelt an neuen Verkehrsregeln für E-Scooter

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Ein Mann fährt mit einem E-Scooter auf der Straße.

Ein Mann fährt mit einem E-Scooter auf der Straße.

Die Bundesregierung plant strengere Regeln für E-Scooter, um die Sicherheit zu erhöhen und Verkehrsregelungen zu vereinheitlichen.

E-Scooter gehören mittlerweile an vielen Orten zum alltäglichen Straßenbild: Rund eine Million rollen über Deutschlands Straßen. Manchmal auch über Gehwege oder durch Fußgängerzonen, zum Leidwesen von Passanten. Und manchmal rollen sie gar nicht, sondern liegen irgendwo als Stolperfalle quer auf dem Bürgersteig. Für viele stellen sie deshalb mehr ein Ärgernis dar als eine Mobilitätsalternative. Nun will die Bundesregierung für mehr Regel-Klarheit sorgen.

In einem Entwurf des Bundesverkehrsministeriums ist vorgesehen, E-Scooter – oder, um den offiziellen Oberbegriff zu verwenden, „Elektrokleinstfahrzeuge“ (eKF) – verkehrsregeltechnisch weitgehend wie Fahrräder zu behandeln. Das heißt zum Beispiel: Grünpfeile für Radfahrer sollen auch für E-Scooter-Nutzer gelten; und wo ein „Radfahrer frei“-Schild steht, soll das auch Elektro-Tretroller betreffen. Und sie sollen auch nebeneinander fahren dürfen – sofern es die Verkehrslage erlaubt, freilich.

Auch eine Angleichung der Bußgelder ist vorgesehen. Im Gegensatz zu Fahrrädern könnten Rollerfahrer aber für mehr Verstöße zur Kasse gebeten werden, beispielsweise wenn der Blinker nicht funktioniert. Die sollen ab 2027 für neue E-Scooter verpflichtend werden; vorhandene Gefährte müssten allerdings nicht nachgerüstet werden. Anhänger bleiben für Roller verboten, das Fahren zu zweit auch. Für die Mitnahme von Personen sollen statt fünf künftig 25 Euro fällig werden.

Parken nur, wo andere nicht gefährdet oder behindert werden

Und was ist mit wild in der Gegend herumstehenden oder -liegenden Rollern? Sie „dürfen auf Gehwegen und in Fußgängerzonen geparkt werden, wenn dadurch andere nicht gefährdet oder behindert werden können“, heißt es im Entwurf – mit explizitem Verweis darauf, dass das auch für Miet-Roller und -Räder gilt, die ohne feste Abgabestationen verliehen werden. Die Gefährte sollen zudem standsicherer werden, indem die Ständer eine EU-Vorgabe für Kleinkrafträder erfüllen.

Den Kommunen geht das angesichts des verbreiteten Unmuts über die Miet-Roller nicht weit genug. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund (DStGB) möchte die Anbieter bei der Abstell-Problematik stärker in die Pflicht nehmen und hält auch nicht viel von E-Rollern in Fußgängerzonen, auch nicht bei vorhandenem „Radfahrer frei“-Schild. Die kommunalen Spitzenverbände hatten dazu sogar für ein eigenes Verbotsschild plädiert.

Wünschenswert, schreibt der DStGB, wäre eine technische Lösung, die die Geschwindigkeit der 20 km/h schnellen Roller in bestimmten Bereichen automatisch und digital gesteuert auf Schrittgeschwindigkeit drosselt. In Österreich kommt eine solche Technik bereits zum Einsatz. Im Entwurf des BMV heißt es nur, dass in Fußgängerzonen Schrittgeschwindigkeit vorgeschrieben ist.

Technisch ließe sich auch das Abstellen der Roller, der Hauptgrund für den verbreiteten Unmut, ein Stück weit regeln. Städte wie etwa Hamburg setzen auf „Geofencing“: In bestimmten Gebieten kann der Mietvorgang des Gefährts schlicht nicht beendet werden – wer den Roller dort abstellt, zahlt weiter. Bei dieser Lösung sind allerdings die Anbieter gefragt, die ein solches System in ihren Apps implementieren müssten.

Darüber, wo die Roller abgestellt werden dürfen und wo nicht, sollen weiterhin die Kommunen selbst entscheiden, heißt es vom Ministerium. So wie sie es auch jetzt schon tun – und im Zweifel knallhart vorgehen: Gelsenkirchen hat im vergangenen Jahr die Mietroller schlicht verboten. Auch die Frage, ob die Roller im ÖPNV mitgenommen werden dürfen, handhaben die Kommunen unterschiedlich.

Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) kritisiert die „rechtliche Gleichstellung“ von E-Scooter und Fahrrad. Dies verkenne „den grundsätzlichen Unterschied zwischen Kraftfahrzeugen und dem mit Muskelkraft betriebenen Fahrrad“, teilt der Verein auf Anfrage mit. Zwar sei die Novelle nicht grundsätzlich abzulehnen, frühere Vorschläge des ADFC seien aber nicht berücksichtigt worden. Dazu zählte etwa „Verbesserungsbedarf“ in Haftungsfragen. Von der im Straßenverkehrsgesetz formulierten Halterhaftung sind Fahrzeuge mit einem Höchsttempo von 20 km/h bislang ausgenommen.

Der ADFC hatte die Streichung dieser Ausnahme gefordert; auch der Autoclub ADAC hatte sich entsprechend geäußert. Stürze etwa ein Radfahrer über einen liegenden Roller, kann er nur auf Entschädigung hoffen, wenn er dem Nutzer ein Verschulden nachweisen bzw. ihn überhaupt ausfindig machen kann, schrieb der ADAC. Daher müsse die Haftung an die Betriebsgefahr des Scooters, also am Halter, angedockt werden. Dieser Punkt findet sich im Entwurf allerdings nicht.

Zahl der Unfälle mit E-Scootern steigt stetig

Die „Roller-Verordnung“, die das BMV mit der geplanten Novelle nun in die allgemeine Straßenverkehrsordnung überführen will, datiert aus dem Jahr 2019, in dem E-Scooter überhaupt erst für den Straßenverkehr zugelassen worden sind. Seither ist nicht nur ihre Zahl rasant gestiegen, sondern auch die der Unfälle mit Personenschäden im Zusammenhang mit den Rollern. 2024 waren es knapp 12.000 – was 4,1 Prozent aller Unfälle mit Personenschäden ausmacht.

Keine allzu hohe Quote, aber eine wachsende. Und: 27 Menschen kamen im vergangenen Jahr bei solchen Unfällen ums Leben; in allen Fällen war es der Scooter-Fahrer selbst. Von einer Helmpflicht ist im Entwurf aber keine Rede – auch hier werden Scooter und Fahrräder gleich behandelt.