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Tipps vom LungenarztWie Sie es endlich schaffen, mit dem Rauchen aufzuhören

Lesezeit 8 Minuten
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Ein voller Aschenbecher. 

Köln – Dr. Andreas Schlesinger ist Chefarzt der Klinik für Innere Medizin/ Pneumologie und Beatmungsmedizin und spezialisiert auf Tabakentwöhnung. Im Interview erklärt er, wie es Rauchern gelingen kann, endlich auf Zigaretten zu verzichten. 

Herr Dr. Schlesinger, alle Raucher wissen, wie schädlich das Qualmen für sie ist. Sogar für Corona sind Raucher anfälliger. Woran liegt das? 

Dr. Andreas Schlesinger: Menschen mit Lungenerkrankungen oder vorgeschädigten Lungen haben eine höhere Sterberate, wenn sie an Corona erkranken. Das liegt einfach daran, dass die Lunge in der Zeit der Virusinfektion jede Menge ertragen muss. Da muss jedes gesunde Lungenbläschen her halten, damit der Patient wieder gesund wird. Wenn man als Raucher seine Lunge sowieso unter chronischen Stress setzt und in eine chronische Entzündung hineinschubst, dann hat natürlich so ein Virus, auch zum Beispiel das Grippevirus, eine viel höhere Chance, auf die Lunge zu schlagen. 

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Sie bieten in Ihrem Krankenhaus eine Rauchersprechstunde an. Was passiert da und welche Menschen kommen zu Ihnen?

Zu mir kommen Patienten, die für sich beschlossen haben, dass sie mit dem Rauchen aufhören möchten, aber es alleine nicht schaffen oder merken, dass sie mit den bisherigen Methoden nicht erfolgreich waren. Diese Geschichten erzählen sie mir. Bei der Anmeldung bekommen sie ein Skript mit verschiedenen Fragebögen. Dreh- und Angelpunkt ist der Fragebogen mit den sogenannten Fagerström-Kriterien, wo nach der eigentlichen Nikotinsucht und dem Grad der Abhängigkeit gefragt wird. Andere Fragebögen beschreiben das Verhalten: Warum wird geraucht? Ist das ein belohnender Aspekt? Macht man das, um im Schichtdienst wach zu bleiben? Weil man nervös ist? Weil man sich trösten will? Außerdem gibt es Fragen zur Kosten-Nutzen-Rechnung. Daran sieht man, ob derjenige, der den Bogen ausfüllt, sich das Rauchen wirklich abgewöhnen will oder ob er nicht vielleicht doch still und heimlich denkt, dass es immer noch Vorteile hat, zu rauchen.

In NRW wird viel weniger geraucht

In Nordrhein-Westfalen wird deutlich weniger geraucht. Die Zahl der Raucherhaushalte im bevölkerungsreichsten Bundesland habe sich zwischen 2003 und 2018 um 923 000 auf rund 1,7 Millionen verringert, berichtete das Statistische Landesamt am Montag gestützt auf Ergebnisse der alle fünf Jahre durchgeführten Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS). Während im Jahr 2003 noch fast jeder dritte Haushalt Geld für Tabakwaren ausgab, tat dies im Jahr 2018 nur noch rund jeder fünfte.

Auch die konsumierte Menge an Zigaretten habe sich verringert, berichteten die Statistiker: Während im Jahr 2003 in Haushalten von Zigarettenrauchern noch durchschnittlich 521 Zigaretten pro Monat gekauft wurden, reduzierte sich diese Menge bis 2018 auf durchschnittlich 320 Zigaretten.

Die Ausgaben für Tabakwaren stiegen aber trotzdem weiter an: Während sich die Ausgaben der Raucherhaushalte für Zigaretten, Zigarillos und Co. im Jahr 2003 auf durchschnittlich 75,96 Euro pro Monat beliefen, waren es 2018 schon 88,53 Euro, 12,57 Euro mehr als 15 Jahre zuvor. Dies sei vor allem auf die gestiegenen Preise für Tabakwaren zurückzuführen. Im Jahr 2003 kosteten 20 Zigaretten im Schnitt 3,15 Euro, im Jahr 2018 6,27 Euro. (dpa)

Wie geht es nach dieser ersten Analyse weiter?

Die Patienten kommen mit den ausgefüllten Fragebögen zu mir. Dann setzen wir uns etwa eine halbe Stunde zusammen und erörtern die Strategien, die es zur Raucherentwöhnung gibt. Wir reden auch darüber, dass man sich im Vorfeld schon etwas überlegen sollte, das man stattdessen macht. Das sieht immer sehr unterschiedlich aus. Ein Drittel der Patienten ist damit schon zufrieden. Die Menschen nehmen Nikotin-Derivate ein und informieren alle, dass sie aufhören wollen zu rauchen. Sie machen das wie im Lehrbuch. Andere sagen: „Das schaffe ich nicht alleine, das habe ich schon mal ausprobiert.“ 

Sie sagten gerade: „Manche Menschen machen das wie im Lehrbuch.“ Wie hört man nach Lehrbuch auf zu rauchen?

Erstmal verstehen die Menschen, warum sie rauchen. Das eine ist die körperliche Sucht, die mit der Fagerström-Kriterien abgefragt werden. Die entscheidende Frage hier ist: „Wie lange dauert es morgens nach dem Aufstehen, bis sie die erste Zigarette anzünden?“ Wenn die Antwort „nach fünf bis zehn Minuten“ lautet, hat man es mit einer hohen körperlichen Abhängigkeit zu tun. Da kann man nicht einfach sagen: „Jetzt hören Sie mal auf zu rauchen!“ Diese Menschen rutschen in einen schweren Entzug und werden nervös. Nach Lehrbuch würde man anhand dieser Fragen entscheiden, wie viel Nikotin diese Menschen in welchen Dosen und auf welche Art – Pflaster, Kaugummi, Nasenspray - zu sich nehmen sollen. Die Kombination ist wichtig. Manchmal reichen die Pflaster nicht aus und man braucht noch ein Nasenspray dazu.

Rauchersprechstunde in der Lungenklinik

Die Lungenklinik Köln-Nord bietet zweimal pro Woche eine Rauchersprechstunde für Menschen an, die mit dem Rauchen aufhören möchten. Hier werden der Grad der Nikotinabhängigkeit, die Ausstiegsmotivation und das Entwöhnungskonzept besprochen. Es empfiehlt sich, vorher das Skript zur Rauchentwöhnung durchzulesen (zum Herunterladen auf der Seite). 

Weitere Informationen: St. Marien-Hospital, Lungenklinik Köln-Nord, Kunibertskloster 11-13, 50668 Köln, Ansprechpartnerin: Frau Heike Tursas, Tel: 0221/16 29 20 04 oder per Mail pneumologie.kh-marien@cellitinnen.de

Abseits von körperlicher Abhängigkeit: Manchmal hindern einen vielleicht auch bestimmte Gewohnheiten daran, mit dem Rauchen aufzuhören.

Wer aufhören will, muss sich sein Verhalten bewusst machen. Warum rauche ich eigentlich? Einige Rituale muss man für sich erkennen und auch sehen, dass sie wichtig sein können. Denken Sie sich zum Beispiel ein Paar, das immer gemeinsam auf dem Balkon raucht. Da kann man ja nicht einfach sagen: „Geh‘ du jetzt alleine raus.“ Es ist wichtig, dass man das zusammen bespricht, was man stattdessen macht und damit die Beziehung auf eine neue Ebene bringt. Am besten hören beide gemeinsam auf. Vielen hilft es schon, wenn sie sich darüber im Klaren sind, warum sie rauchen.

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Aber ist das wirklich so einfach? Jeder Raucher weiß doch, warum er das tut und auch, dass es schädlich ist. Können richtige Raucher es überhaupt alleine schaffen, aufzuhören? Da reicht es ja nicht, zu sagen: „Es ist nicht gut und ich mache das aus diesen Gründen.“

Es ist umso schwieriger, mit dem Rauchen aufzuhören, je früher die Leute angefangen haben. Zum Glück geht es mittlerweile immer später los, die meisten Raucher beginnen mit 17 oder 18 Jahren. Viele Rezeptoren sind dann schon mal geschützt. Das ist eine ganz wichtige Zeit. Eine Rolle spielt natürlich auch das Verhalten. Wenn jemand mit 13 schon lernt, dass Rauchen zu bestimmten Situationen dazu gehört, dann kriegt man das schlecht abgewöhnt. Auch die Gründe, warum jemand raucht, muss man beachten. Traurigkeit, Depressivität und Einsamkeit müssen immer mit besprochen werden. Rauchen ist in diesen Fällen oft ein Tröster. Deswegen ist das natürlich auch alles nicht so einfach. Aber wenn man das alles einmal durchgedacht hat, auch die Gründe, warum man raucht, dann fällt das vielen Leuten schon leichter.

Was ist der entscheidende erste Schritt, damit man es wirklich durchzieht, mit dem Rauchen aufzuhören?

Man muss sich darüber bewusst werden, warum man raucht und was man dann stattdessen machen würde. Auch seiner Sucht muss man sich bewusst werden und mit ausreichend hoch dosierten Nikotinderivaten arbeiten. Dazu können Sie sich in Apotheken beraten lassen.

Angebote zum Rauchstopp

Die BZgA-Broschüre „Ja, ich werde rauchfrei!“ umfasst alle aktuellen Informationen und Empfehlungen zum Thema Rauchstopp. Das Material ist als Download verfügbar, oder als Printversion bestellbar.

Kostenfreie Telefonberatung zum Rauchstopp unter: 0800 8 31 31 31, erreichbar Montag bis Donnerstag von 10 bis 22 Uhr, Freitag bis Sonntag 10 bis 18 Uhr.

Online-Ausstiegsprogramm (hier klicken) mit persönlicher Unterstützung durch die ehrenamtlichen Rauchfrei- Lotsen im Forum von www.rauchfrei-info.de.

Informationen zu dem von den Krankenkassen unterstützten und evaluierten Gruppenkurs „Rauchfrei Programm“ finden Sie hier.

Die kostenlosen BZgA-Materialien sind zu bestellen per Post: Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, 50819 Köln, im Online-Bestellsystem: www.bzga.de/infomaterialien, per Fax: 0221/8992257 oder E-Mail: order@bzga.de

Weiterhelfen kann auch die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e.V.:

Westenwall 4, 59065 Hamm Telefon: +49 2381 9015-0 Telefax: +49 2381 9015-30 info@dhs.de www.dhs.de

Haben Sie einen ganz konkreten Verhaltenstipp?

Man muss die Sucht ausschalten. Deshalb brauchen Sie die Nikotin-Ersatzprodukte wie Pflaster oder Kaugummi. Nur dann können Sie sich auf Ihr Verhalten konzentrieren. Wenn Sie nicht auf Entzug sind, gelingt es Ihnen besser, Ihre Gedankengänge zu abstrahieren und Gewohnheiten zu durchbrechen. Außerdem sollten Sie möglichst allen erzählen, wann und dass Sie aufhören zu rauchen, damit man auch ein Umfeld hat, das einen positiv bestärkt. Je breiter man sich aufstellt, je eher man den Leuten sagt, dass man aufhören will, desto höher ist die Kontrolle. Es hilft auch, mit jemandem gemeinsam aufzuhören. Sagen Sie sich außerdem: „Ich höre jetzt nicht für das ganze Leben auf“, wer schafft das schon? Führen Sie zum Beispiel einen 100 Tage-Kalender oder einen 30-Tage-Kalender. Da wird rückwärts gezählt. Nehmen Sie sich erstmal vor, diesen Kalender zu schaffen. Dann ist das Vorhaben nicht so uferlos. Den Mumm und den Willen dazu brauchen Sie aber auf jeden Fall.

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