Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

1. FC Köln„Wir sind nur ein Karnevalsverein“

Lesezeit 5 Minuten

Mann mit dem Höötche: Christoph Daum an Rosenmontag.(Bild: dpa)

Köln1 Geschäftsführer Wolfgang Schänzler ist guter Hoffnung, als er im September 1993 mit einem Tross des 1. FC Köln die Frankfurter DFB-Zentrale betritt. Im Gepäck trägt er eine Videokassette, die einen Mitschnitt des Derbys zwischen Leverkusen und Köln (2:1) enthalten soll. Das Filmmaterial soll Stürmer Toni Polster entlasten, der wegen eines Tritts gegen Paulo Sergio vom Schiedsrichter vorzeitig vom Platz geschickt worden war. Doch als die Sportrichter auf den Bildschirm starren, spielen dort die Bläck Fööss und singen Karnevalslieder. Am Ende wird Toni Polster für fünf Spiele gesperrt.

2 Am 17. Mai 2005 lädt die FC-Führung in die Rheinterrassen ein, um einen neuen Trikotsponsor zu präsentieren. Klubpräsident Wolfgang Overath verkündet stolz den Vertragsabschluss mit einer gewissen "Satena Holding Ltd. Nicosia". Durch Werbung für das Urlaubsland Zypern soll der FC rund 4,35 Millionen Euro pro Saison verdienen. Doch der Deal platzt, denn die Investorengruppe hat sich für die Werbemaßnahme keine Genehmigung der staatlichen Stellen in Zypern eingeholt. Bundesweit muss der FC daraufhin Spott über sich ergehen lassen.

3 In der Saison 1991/92 erhält Nachwuchsspieler Udo Henn einen Profivertrag beim FC. Sein erstes Trainingslager bleibt für ihn unvergessen. Kurz vor dem Bezug des Hotels habe ihn ein erfahrener Profi gefragt, ob er mit ihm die Sporttasche tauschen könne. Henn willigte ein und schulterte die Tasche des Kollegen, die deutlich schwerer war als seine eigene. Den Grund erfuhr er später: Sein Mitspieler, dessen Namen an dieser Stelle keine Rolle spielt, hatte sich reichlich mit Bierflaschen eingedeckt. Die Taschenkontrolle überstand er unbeschadet - Henn wurde als hoffnungsvoller Nachwuchsspieler gar nicht kontrolliert.

4 Ein jugoslawischer Spieler namens Cebinac verzückt die Verantwortlichen vor der Saison 1965/66. Nach einem Probetraining erhält er einen Vertrag - aber danach will ihm nichts mehr gelingen. Zu spät kommt den Kölnern der Verdacht, dass Cebinacs Zwillingsbruder vorgespielt hat, um dem mit weitaus weniger Talent gesegneten Fußballer auch einen Profivertrag zu ermöglichen. Während es Srdjan Cebinac auf ganze drei Ligaspiele für den FC bringt, feiert Bruder Zvedzdan Cebinac Erfolge, wird unter anderem Deutscher Meister mit dem 1. FC Nürnberg.

5 Spielertransfers sind eine komplexe Angelegenheit, denn eine Reihe von Formalitäten müssen unbedingt eingehalten werden. Sehr einfach zu verstehen ist die Transferperiode, die an einem bestimmten Datum zu einer bestimmten Uhrzeit endet. Zum Beispiel am 31. Januar 2011 um 18 Uhr. An diesem Tag soll sich der FC einig geworden sein über einen Leihvertrag mit Maxim Chupo-Moting vom Hamburger SV. Das entscheidende Fax geht jedoch erst 14 Minuten nach Ende der Wechselfrist bei der DFL ein, weil der Vater des Spielers Probleme mit seinem Faxgerät hat. Erst wird der Fax-Vorgang abgebrochen - am Ende auch der Wechsel des Spielers.

6 Marcell Fensch spielt in der Historie des 1. FC Köln keine große Rolle. Vier Bundesligapartien hat er bestritten und anschließend noch eine Klasse tiefer gespielt. Dennoch hat er das Kunststück vollbracht, ein Gegentor verschuldet zu haben, ohne dass er auf dem Platz stand. Als er im Oktober 1997 für den verletzten Dirk Schuster aufs Feld sollte, war bereits alles für die Einwechslung des Vertragsamateurs arrangiert - allerdings hatte der junge Mann sein Trikot in der Kabine vergessen. Und während Fensch sein Leibchen holte, spielte Schalke 04 vier Minuten lang in Überzahl und ging 1:0 in Führung. Am Ende hieß es 2:0

7 Letzter Tabellenplatz, 0:4 gegen Gladbach verloren. Feindselig ist die Stimmung gegenüber dem FC-Präsidium bei der Jahreshauptversammlung 2010. Schon nach der Absingen der Vereinshymne donnern "Vorstand raus"-Rufe durch den Saal. Am Ende wird dem Vorstand mit 1317 Nein-Stimmen die Entlastung für das vergangene Geschäftsjahr verweigert. "Karneval ohne einstudierte Witze" schreibt die Frankfurter Allgemeine Zeitung hinterher über die Versammlung des FC. An diesem Abend macht sich die FC-Führung unfreiwillig zum Narren, indem sie einfach nur auf dem Podium sitzt.

8 Es muss nicht immer die gute alte Stadion-Wurst sein: Vor dem Rückflug von Moskau nach dem Uefa-Cup-Spiel bei Spartak 1989 kommt es beinahe zu Massen-Verhaftungen: So genannte "Edelfans" hatten versucht, Kaviar in rauen Mengen aus der Sowjetunion zu schmuggeln.

9 Vermutlich hätte Frank Ordenewitz im DFB-Pokalfinale 1991 auf dem Rasen gestanden, wenn, ja wenn Trainer Erich Rutemöller nach dem Halbfinalsieg kein Interview gegeben hätte. Ordenewitz sieht im Halbfinale schon früh "Gelb", ist damit im Finale gesperrt. Anschließend bemüht er sich redlich, mit gelb-roter Karte vom Platz zu fliegen - dann nämlich kann er seine Sperre in der Bundesliga absitzen. Kurz vor Ende der Partie wird er wegen Ballwegschlagens unter die Dusche geschickt. Doch Rutemöller gibt später zu, seinem Stürmer mit den Worten "In Gottes Namen, dann mach et, Otze" den Platzverweis nahe gelegt zu haben. Ordenewitz wird daraufhin für das Endspiel gesperrt.

10 Jedes Heimspiel des FC ist im Grunde ein folkloristisches Spektakel. Das Musikrepertoire, das aus den Lautsprechern und von den Rängen schallt, ist zutiefst kölsch und natürlich auch karnevalistisch. Und dadurch letztlich identitätsstiftend. Ausgiebig wird auf der Südtribüne der "Treue Husar" intoniert. Und wie oft jeiht im Stadion et Trömmelche? Nicht zu vergessen: "Poppe, kaate, danze", wenn Milivoje Novakovic ins Tor trifft. Auch Matthias Scherz hatte seine persönliche Hymne, entliehen von den Paveiern: "Buenos dias Matthias, mir sin widder do. . ."

11 Wolle mer ihn reinlasse? Ja, denn wir haben ein absolut reines Gewissen: Fußballlehrer Christoph Daum ist ein Mann für die Bütt. Unvergessen, wie er 2006 am Elften im Elften seinem ehemaligen Club auf einer Pressekonferenz im Krankenhaus zuerst absagt. Zwei Wochen später ist er doch wieder FC-Trainer. Eine Herzensangelegenheit. Unvergessen auch der Daum'sche Spott für den damaligen und heutigen Bayern-Trainer: "Der könnte auch Werbung für Schlaftabletten machen, die Wetterkarte ist interessanter als ein Gespräch mit Jupp Heynckes." Tätääää! Und Klatschmarsch.