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Tragisches UnglückEin Kölner auf der Passagierliste

Lesezeit 5 Minuten

Ein Flugzeug der Air France vom Typ Airbus A330-200, wie es mit 228 Menschen an Bord im Atlantik verschollen ist. (Bild: dpa)

PARIS/SAO PAOLO/KÖLN - An Bord des französischen Flugzeugs, das über dem Atlantik verschollen ist, saß mit hoher Wahrscheinlichkeit auch ein 47-jähriger Kölner, der mit seinem 39-jährigen Freund in Brasilien Urlaub machte. "Wir ermitteln in diesem Fall. Die Vermisstenstelle hat ihre Arbeit seit dem Vormittag aufgenommen", hieß es gestern aus dem Kölner Polizeipräsidium. Wie die Rundschau erfuhr, stand der Name des Kölners auf der Passagierliste des Air-France-Fliegers. Es sei aber noch nicht abschließend geklärt, ob der Kölner die Reise tatsächlich angetreten hat.

Polizisten fuhren am Mittwoch zur Anschrift des Mannes in der Innenstadt, konnten den 47-Jährigen dort aber nicht antreffen. Die Nachbarn in dem Mehrfamilienhaus sind in großer Sorge und befürchten Schlimmes. Telefonisch konnten sie den Kölner nicht erreichen. Von dem 39-Jährigen wissen sie, dass der Vermisste mit der Air-France-Maschine zurückfliegen wollte. Der 47-Jährige hatte sich entschieden, am Sonntag von Rio nach Paris zu fliegen, weil er in Köln etwas Wichtiges erledigen musste.

Sein Freund blieb aus finanziellen Gründen länger in Brasilien. Der Flug war dem 39-Jährigen zu teuer, berichteten die Nachbarn - er wollte mit einem "Billigflieger" zurückfliegen und am Donnerstag wieder in der Domstadt sein. Erst wenn der 39-Jährige wieder in Köln ist, wollen die Ermittler Kontakt mit dem Mann aufnehmen. In dem Fall sind auch das BKA in Wiesbaden und das Landeskriminalamt in Düsseldorf eingeschaltet, die die Kölner bei ihren Ermittlungen unterstützen. "Erst in einigen Tagen werden wir wohl Gewissheit haben, was mit dem Mann geschehen ist", sagte ein Beamter.

Wrackteile gefunden

Die brasilianische Luftwaffe hat indessen einige hundertKilometer vor der Küste Brasiliens Wrackteile der im Atlantikabgestürzten Air-France-Maschine mit 228 Menschen an Bord gesichtet.

Die gefundenen Teilegehören zur abgestürzten Air-France-Maschine. Der bestätigte amDienstag der brasilianische Verteidigungsminister Nelson Jobim in Riode Janeiro. Die Trümmer seien auf einer Länge von etwa fünf Kilometerverstreut. Brasiliens Luftwaffe hatte die Wrackteile etwa 650Kilometer nordöstlich der brasilianischen Insel Fernando de Noronhagesichtet.

Es seien unter anderem ein Sitz sowie Öl- und Kerosin-Spuren entdecktworden, sagte ein Luftwaffensprecher am Dienstag in Brasília.Einen Tag nach dem mysteriösen Verschwinden einerAir-France-Maschine mit 228 Menschen an Bord beteiligen sichFlugzeuge und Schiffe aus mehreren Ländern an der Suche im Atlantik.

Unterdessen hat das Auswärtige Amt hat die Zahl der 26 Deutschen an Bordbislang nicht offiziell bestätigt. Neun Passagiere hatten einenWeiterflug nach München gebucht. Nach Angaben von Air France vomDienstag waren Menschen aus 32 Ländern an Bord, unter ihnen 72Franzosen und 59 Brasilianer.

Sollte sich ein Absturz der A330-200 bestätigen, handelt es sichum die schwerste Katastrophe in der Zivilluftfahrt seit 2001. Damalswaren beim Absturz einer American-Airlines-Maschine kurz nach demStart in New York 265 Menschen ums Leben gekommen. Es wäre auch dieschwerste Katastrophe in der Geschichte von Air France überhaupt.Beim Absturz eines Überschallflugzeugs vom Typ Concorde vor neunJahren starben 113 Menschen.

Neun Fluggäste sollten nach München weiter fliegen

Insgesamt neun Passagiere der Air-France-Unglücksmaschine hattenaus Paris einen Weiterflug nach München gebucht. Nach Informationender dpa handelte es sich um sechs Männer und drei Frauen. Unklar ist,ob sie in Bayern lebten oder von München aus weiterreisen wollten.Helfer betreuten die Angehörigen, die die Passagiere in Münchenabholen wollten. Nach Angaben des Deutschen Roten Kreuzes wollten elfReisende nach Stuttgart weiterfliegen.

Das Auswärtige Amt überprüft derzeit mit den Behördenverschiedener Bundesländer alle vorliegenden Informationen, sagte einSprecher des Außenministeriums in Berlin. Er hoffe, "im Laufe desTages" genauere Angaben machen zu können. Auf dem Pariser FlughafenCharles de Gaulle kümmerten sich ebenfalls Psychologen um etwa 100Angehörige der Opfer. Die französische Regierung botFamilienmitgliedern an, in die Zone zu reisen, in der das Flugzeuggesucht wird.

US-Präsident Obama bietet Hilfe an

   US-Präsident Barack Obama sprach den Familien der Opfer seinBeileid aus. "Wir sind bestürzt über den Vorfall, auch wenn wir nochnicht genau wissen, was passiert ist", sagte er dem französischenSender i-tele. Die USA hatten in der Nacht eine Militärmaschineentsandt, die bei der Suche helfen soll. Die französische Regierunghatte das US-Verteidigungsministerium zudem gebeten, Satellitendatenzur Verfügung zu stellen.

Frankreich hat derzeit abwechselnd drei Flugzeuge im Einsatz, diein der senegalesischen Hauptstadt Dakar stationiert sind. Außerdemsind mehrere Schiffe der französischen Marine unterwegs zummutmaßlichen Unfallort etwa auf halber Strecke zwischen derbrasilianischen und der afrikanischen Küste. Brasilien hat ebenfallsFlugzeuge entsandt.

Pilot hat möglicherweise brennende Flugzeugteile gesehen

   Ein Pilot der brasilianischen Fluglinie TAM hatte während einesAtlantik-Fluges in der Nacht zum Montag möglicherweise brennendeFlugzeug-Teile auf der Meeresoberfläche entdeckt. Nach dem Berichteiner brasilianischen Zeitung soll die Besatzung eines französischenHandelsschiffes vor der senegalesischen Küste ebenfalls Wrackteileausgemacht haben.

Die Maschine ist mit Sendern ausgestattet, die im Fall einesAbsturzes Funkimpulse aussenden. Auch der Flugschreiber strahltSignale aus. Falls die Maschine in den Tiefen des Atlantiks versunkensein sollte, gilt es als so gut wie ausgeschlossen, ihn bergen undauswerten zu können. Ein Experten-Team, zu dem auch Vertreter vonAirbus zählen, ist unterdessen von Paris nach Rio gereist. Airbus-Chef Tom Enders sprach den Angehörigen seine Anteilnahme aus.

Experten diskutieren mögliche Ursachen

Experten diskutieren unterdessen weiter über die möglichenUrsachen des Verschwindens. Air France hatte relativ früh von einemBlitzeinschlag gesprochen. Die Maschine flog durch eine Zone, die fürschwere Unwetter bekannt ist. Sie hatte ein automatisches Signalausgesendet, dass es ein Problem mit der Stromversorgung gebe. Offenist noch, ob dies ein Auslöser oder die Folge eines anderen Problemswar. Möglicherweise waren im Sturm die Antennen und das Radar derMaschine zerstört worden. Die These eines Terroranschlags giltinzwischen als höchst unwahrscheinlich.

Die französische Nationalversammlung gedachte in einerSchweigeminute der Opfer. Beim Fußball-Freundschaftsspiel Frankreichgegen Nigeria will die französische Mannschaft am Dienstagabend alsZeichen der Trauer schwarze Armbinden tragen. Der französische SenderTF1 setzte wegen der Katastrophe eine US-Serie ab, die die Entführungeines Flugzeugs gezeigt hätte.(EB/dpa)