„Bornheimer Ortsgespräche“Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau zu Gast

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Petra Pau im Gespäch mit Dominik Pinsdorf; Foto: Martin Magunia; alle Rechte vorbehalten

Gute Stimmung: Petra Pau erzählte Dominik Pinsdorf und dem Publikum auch Anekdoten aus dem Bundestag.

Endlich habe sie es geschafft, persönlich nach Bornheim zu kommen, sagte Petra Pau (Die Linke), dienstälteste Vize-Präsidentin des Deutschen Bundestages, bei der zweiten Folge der „Bornheimer Ortsgespräche“, initiiert von Ortsvorsteher Dominik Pinsdorf, am Freitagabend im Brauhaus Kaiserhalle.

Bislang war Pau nur online aus Berlin zugeschaltet gewesen, im Rahmen des Formats „Jugend trifft auf Politik.“ Bedauerlich daher, dass nur wenige Zuhörer kamen. Die 59-jährige Politikerin habe Bornheim als „liebenswerte Stadt mit aufgeschlossenen Bürgern kennengelernt, sei es im Eiscafé, bei der Feuerwache oder beim Technischen Hilfswerk“. Beide Rettungsdienste hatte Pau vor der Podiumsdiskussion besucht, um sich mit Dominik Pinsdorf ein Bild vom Aktionsbündnis „Jugend trifft Blaulicht“ zu machen. Das neue Diskussionsformart der Ortsgespräche hatte vor einer Woche NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) eröffnet, nun folgte Petra Pau, die sich eingangs den „Entweder-oder-Fragen“ von Pinsdorf stellte. Döner oder Currywurst? Allgäu oder Strand? So etwas wollte Pinsdorf wissen.

Aufgewachsen in der DDR, war Pau zunächst Lehrerin, fand 1990 nach der Wende allerdings in ihrem Beruf keine Anstellung mehr: „Heute unverständlich, aber damals gab es tatsächlich eine Lehrerschwemme.“ Zu DDR-Zeiten wurde sie 1983 Mitglied der SED, war Anfang der 1990er unter anderem Berliner Landesvorsitzende der SED-Nachfolgepartei PDS, später stellvertretende Bundesvorsitzende; sie gehörte zu den Reform-Linken. Die PDS ging 2007 in die Nachfolgepartei Die Linke über. Seit 2006 ist sie Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages: „Hätte mir 1990 jemand gesagt, ich käme mal in den Bundestag, ich hätte ihm einen Arzt gerufen“, scherzte Pau und berichtete noch von einer Anekdote, als sie zur Vizepräsidentin gewählt worden war: Damals sei ein CSU-Politiker auf sie zugekommen, der ihr sagte, er hätte zum ersten Mal eine Kommunistin gewählt: „Ich habe ihn in dem Glauben gelassen. Ich sehe mich aber als demokratische Sozialistin“, so Pau.

Zwischen 2012 und 2017 war Petra Pau Obfrau der Linken von dem eingesetzten Untersuchungsausschuss des Bundestages zu den Verbrechen des NSU (Nationalsozialistischer Untergrund). „Diese Mordserie hat uns damals alle schockiert, vor allem, dass die Angehörigen jahrelang selbst wie Verdächtige behandelt worden waren und der furchtbare Begriff von den ,Dönermorden‘ die Runde machte“, schilderte Pau. „Wir sind alle nicht frei von Vorurteilen“ Wo denn für sie Rassismus beginnt? „Wir sind alle nicht frei von Rassismus und Vorurteilen, das müssen wir uns selbst eingestehen. Dann sollten wir uns aber schämen und erkennen, dass wir uns nicht selbst über andere Menschen stellen dürfen. Unser Kompass ist Artikel eins des Grundgesetzes. Daran sollten wir unser eigenes Handeln messen.“

„Wir dürfen uns nicht einschüchtern lassen“

Seit die AfD in den Bundestag eingezogen sei, sei das Klima rauer geworden, sagte Pau: „Bundestag und Demokratie müssen wehrhaft bleiben. Wir dürfen uns nicht einschüchtern lassen.“ Aus dem Publikum kam die Frage auf, wie Pau zu linksextremistischen Tendenzen steht? Pau, die im Berliner Stadtteil Marzahn-Hellersdorf lebt, distanzierte sich von extremistischer Gewalt, ganz gleich von welcher Seite. Sie halte auch nichts davon, „Sachen zu beschädigen“. Gefragt wurde auch nach ihrer Haltung zum Ukraine-Krieg: „Russland ist ganz klar der Aggressor, die Ukraine hat ein Recht darauf, sich selbst zu verteidigen. Es ist Unsinn zu behaupten, die NATO hat diesen Krieg vom Zaun gebrochen“, machte Pau klar: „Wir müssen aber vermeiden, dass wir zu einer heißen Kriegspartei werden.“

Daher findet sie es gut, dass Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) international besonnen agiert habe. Es geht zudem nicht nur darum, die Ukraine mit Waffen zu unterstützen, sondern auch den Binnenflüchtlingen zu helfen, technische Geräte, etwa Notstromaggregate, oder medizinische Versorgung bereitzustellen. „Ich verstehe mich nicht als Pazifistin, und ich weiß auch nicht, wo wir am Ende des Prozesses rauskommen werden.“ Am Freitag, 24. März, wird Bundestagspräsident a. D. Norbert Lammert (CDU) zum „Ortsgespräch“ erwartet. Beginn ist um 18 Uhr. Am Sonntag, 11. Juni, 18.30 Uhr, stellt sich der in Hersel lebende Comedian, Sänger und Schriftsteller Bernd Stelter den Fragen. Veranstaltungsort ist jeweils der große Saal im Brauhaus Kaiserhalle, Königstraße 58 in Bornheim; der Eintritt ist frei.

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