Sechtemer ChronikHeinz Vorzepf legt sechsten und letzten Band vor

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Heinz Vorzepf hat inzwischen sechs Bände zur Geschichte seines Heimatortes Sechtem veröffentlicht.

Heinz Vorzepf hat inzwischen sechs Bände zur Geschichte seines Heimatortes Sechtem veröffentlicht.

Bornheim-Sechtem – Die Geschichte lässt leicht erschaudern. 1951 soll an einem sonnigen Spätsommertag eine „zentnerschwere Mamsell“ auf der damaligen Sechtemer Königstraße spaziert sein, als sie plötzlich „Revolte in ihrem Innern verspürte“. Erleichterung habe sie in einem Häuschen mit Herz gesucht. „Die Zentnerdame stürmt auf das Einmannhaus zu“, schreibt Heinz Vorzepf in seinem inzwischen sechsten Buch zur Sechtemer Dorfgeschichte. Nach Sekunden unheimlicher Stille seien grelle Schreie vermischt mit dem Geräusch von brechendem Holz zu hören gewesen. Tatsächlich war unter der Last die wurmstichige Sitzfläche des stillen Örtchens zusammengebrochen und die feine Dame in die darunterliegende Tiefe gerutscht. Nach ihrer Befreiung soll sie geschimpft haben: „Ich komme net mi no Sächtem, bestimmt net en de Prummezick.“

Auch Band sechs der Dorfchronik gibt tiefe und teils heitere Einblicke in die Sechtemer Geschichte. Er berichtet aber auch umfangreich über Straßen, Häuser und Bewohner von 1870 bis 1969. Alphabetisch hat Heinz Vorzepf sämtliche Straßen in seinem Buch aufgelistet und sogar den Hausnummern die Bewohner zugeordnet. „Viele der Straßen bin ich noch mit meinem Vater abgelaufen“, erinnert sich der heute 79-Jährige.

Der Sechtemer Bahnhof aus der Vogelperspektive.

Der Sechtemer Bahnhof aus der Vogelperspektive.

Grundlage der Chronik waren Unterlagen und Aufzeichnungen von Johann Georgi aus Sechtem, der bereits in den 1930er Jahren damit begonnen hatte, die Sechtemer Dorfgeschichte aufzuschreiben. Hinzu kamen die umfangreiche Sammlung und Notizen, die Anton Vorzepf seinem Sohn Heinz vererbt hat. Akribisch genau hat Heinz Vorzepf alle Unterlagen und Aufzeichnungen durchgearbeitet, zusammengebracht und teils durch eigene aufwendige Recherchen ergänzt. „Dass daraus einmal eine ganze Reihe von Chroniken zur Dorfgeschichte und vier Sonderbände entstehen sollten, hätte ich anfangs nicht für möglich gehalten“, so Vorzepf.

Gut die Hälfte der insgesamt 150 gedruckten Exemplare schon verkauft

Stolz hält er jetzt Band sechs in der Hand. „Das Buch ist sehr gefragt“, weiß er. Schon gut die Hälfte der insgesamt 150 gedruckten Exemplare seien bereits verkauft. Im Buch verewigt sind auch ehemalige Vereine des Ortes wie etwa der Kameradschaftliche Kriegerverein, der 1874 von 39 Kriegsteilnehmern der Jahre zwischen 1813 und 1870/71 gegründet worden war. 1894 ist der Kriegerverein dem Kyffhäuserbund beigetreten. Ausführlich beschreibt Vorzepf auch die Marianische Männerkongregation, deren Gründung auf eine religiöse Woche für Männer vom 17. bis zum 24. Februar 1935 in der Pfarrkirche in Sechtem zurückgeht. Etwa 60 Prozent der Sechtemer Männer hätten seinerzeit daran teilgenommen. Im März 1935 sei erstmals von der Gründung einer Marianischen Männerkongregation die Rede gewesen. Dazu habe ein Pater aus Bonn an drei Tagen vor Christi Himmelfahrt in der Kirche Vorträge über das Wesen einer Männerkongregation gehalten.

Auch alte Bräuche hat Vorzepf ausgegraben, um sie in seinem Buch in Erinnerung zu bringen. So hätten junge Brautleute, die sich vor ihrer Hochzeit nicht sittlich verhalten hatten, quasi am Pranger gestanden. Vom Haus der Braut bis zur Pfarrkirche habe man in der Nacht vor der Hochzeit Weizenspreu gestreut.

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Bis 1868 habe zwischen der Wendelinuskapelle und dem Bahnhof kein einziges Haus gestanden, weiß Vorzepf. Das erste Haus sei erst 1868 in der Graue-Burg-Straße 11 und ein zweites 1896 in der Bahnhofstraße 6 gebaut worden. Allerdings habe die Bahnhofstraße zuerst noch Wendelinusstraße, ab 1862 dann zunächst Cölner Straße geheißen. „Erst bei der Neubenennung der Dorfstraßen wurde sie am 7. Dezember 1901 in Bahnhofstraße umbenannt,“ schreibt Vorzepf. Mehr als 60 Jahre später, 1964, habe die Bahnhofstraße dann auch ihren ersten Bürgersteig erhalten. Die Kosten beliefen sich laut Vorzepfs Recherchen damals auf rund 11 000 Mark. Tatsächlich hatte es auch in Sechtem einst eine Königstraße gegeben. „Heute kennt man sie als Brüsseler Straße“, erklärt Vorzepf. Viele Straße mussten nach der Gebietsreform 1969 umbenannt werden, weil es sie mehrfach im Vorgebirge gab. Die Kaiserstraße hingegen blieb. Mit Band sechs beendet Heinz Vorzepf nach 22 Jahren auch sein Engagement als Dorfchronist.

„Sechtemer Dorfchronik Band sechs“, 160 Seiten, 12 Euro, zu haben in der Apotheke Münstergarten, im „Lädchen“ Willmuthstraße sowie bei Heinz Vorzepf.

Anekdoten

„Ene Jeis, ene Jeis“, (ein Geist!) soll der Nachtwächter in Sechtem laut vor Entsetzen geschrien haben, als er bei seinem nächtlichen Rundgang durch das ruhig schlafende Dorf am Hof der Familie Josef Rey vorbeikam. Der Hof hat kein Tor. Von der Straße kann man direkt bis zu den Toren der Stallungen schauen. Dort kalbte eine Kuh. Der Bauer, der deswegen im Stall bei seiner Kuh geschlafen hat, habe dann seine Frau in der Nacht zu sich gerufen. Im bodenlangen Nachthemd sei die Frau zum Stall geeilt, just im selben Augenblick muss der Nachtwächter am offenen Hof vorbeigekommen sein und hat die Ehefrau glatt für ein Gespenst gehalten.

Keine Angst vor Geistern hatte hingegen einer der Unterenks (der jüngste Knecht), der in der „Grauen Burg“ arbeitete. Jedenfalls erzählt man sich in Sechtem, dass einst in der Burg vier Knechte beschäftigt waren, ein Meisterknecht, ein Untermeisterknecht, ein Oberenk und ein Unterenk. Eines Abends soll der Untermeisterknecht dann den jüngsten Knecht zum Sattler geschickt haben, um eine Hame, ein Arbeitsgeschirr für Pferde, abzuholen. Sogleich machte sich der Unterenk auf den Weg.

Geheimnis um Gespenst konnte schnell aufgeklärt werden

Allerdings führte der Untermeisterknecht nichts Gutes im Schilde. Er wollte dem Unterenk einmal einen gehörigen Schrecken einjagen. So schlich er mit einem weißen Bettlaken hinter dem Unterenk her, um ihm auf dem Rückweg dann mit dem Laken über dem Kopf aufzulauern und zu erschrecken. Der Schreck dauerte jedoch nur wenige Sekunden, dann drehte der Unterenk den Spieß um und pfefferte dem Geist die Hame über den Kopf. Das Gespenst brach zusammen, der Knecht eilte nach Hause.

Schnell konnte dort dann das Geheimnis um das Gespenst aufgeklärt werden. Und als der Unterenk mit den anderen Angestellten zurück zum Friedhof eilte, lag dort immer noch bewusstlos unter dem Laken der Untermeisterknecht. Niemand soll nach diesem Vorfall mehr dem Unterenk zu nahe getreten sein. 

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