Digitaler Start ins SommersemesterHochschule Bonn-Rhein-Sieg trotzt Corona

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Die Rheinbacherin Rafaela Bohl hätte jetzt eigentlich ihre Tutorinnen-Premiere am Campus Rheinbach gegeben.

Die Rheinbacherin Rafaela Bohl hätte jetzt eigentlich ihre Tutorinnen-Premiere am Campus Rheinbach gegeben.

Rheinbach – Eigentlich hätte Rafaela Bohl jetzt zum ersten Mal vor anderen Studierenden stehen und lehren müssen. Die Corona-Krise hat der 20-Jährigen aber einen Strich durch die Tutorinnen-Premiere gemacht, ihr erster Kurs zu den Grundlagen der Wirtschaftsmathematik an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg in Rheinbach (H-BRS) fällt vorerst aus – zumindest analog. Der Beginn der Präsenzveranstaltungen des Sommersemesters ist an der Fachhochschule auf den 20. April verlegt worden. Die Lehre findet bis dahin ausschließlich digital statt.

Für Rafaela Bohl bedeutet das jetzt doppelte Heimarbeit. Die Rheinbacherin, die erst im zweiten Semester ist, muss selbst digital lernen und gleichzeitig den Grundlagenkurs für die neuen Erstsemester im Fachbereich Wirtschaftswissenschaft online aufbereiten. „Das habe ich mir natürlich schon anders vorgestellt“, so Bohl. Dennoch sei sie optimistisch. „Das ist zwar jetzt eine andere Situation, aber man ist ja nicht alleine.“ Eine Übergabe mit ihrer Vorgängerin habe zum Glück schon stattgefunden.

Neben der 20-Jährigen arbeiten derzeit sieben weitere Tutoren in den Bereichen Mathe und Statistik daran, dass das Semester am Campus Rheinbach trotz Corona beginnen kann. Unterstützt werden sie dabei von Professorin Christine Buchholz. „Jeder hat natürlich digital schon mal etwas gemacht, aber von jetzt auf gleich auf digitale Lehre umzustellen, das erfordert schon viel Arbeit.“ Besonders wichtig sei es nun, nicht nur den Studierenden zu signalisieren, dass es weitergeht, sondern auch die Stellen der Tutoren zu halten. Schließlich finanzierten sich diese dadurch ihr Studium.

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Statt vor rund 15 Erstsemestern zu stehen sitzt Rafaela Bohl derzeit also viel am heimischen Schreibtisch in Rheinbach. Sie stellt dabei eine Sammlung von YouTube-Videos mit passenden Lehrinhalten zusammen oder filmt sich dabei, wie sie Musterlösungen vorrechnet. Eigene Erklärvideos sollen folgen.

Morgens steht „Homeschooling“ auf dem Plan

Ähnlich sieht der Arbeitsalltag derzeit bei Christine Buchholz in Witterschlick aus. Im Normalfall hält die Professorin, die eine Teilzeitstelle innehat, drei vierstündige Vorlesungen vor rund 70 Studierenden in der Woche. In diesen Tagen gestaltet sich ihr Tagesablauf etwas anders: Morgens steht „Homeschooling“ mit ihren beiden Kindern auf dem Stundenplan, am Nachmittag dann „E-Learning“ für ihre Studierenden. Buchholz erstellt dabei Präsentationsvideos mit Audio-Kommentar, hält mehrstündige Live-Vorlesungen für den dualen Studiengang oder stellt Material online zur Verfügung. In den anderen Fachbereichen der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg sehe das derzeit ähnlich aus, so Buchholz. „Wir versuchen alle an einem Strang zu ziehen und Synergien zu nutzen.“

Neue Wege in der Krise

Hartmut Ihne, Präsident der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg (H-BRS), betont in einem Schreiben an die Hochschulangehörigen, wie wichtig es sei, mit aller Macht darauf hinzuwirken, die Ausbreitung des Coronavirus zu verlangsamen. Man habe deshalb den Beginn der Präsenzveranstaltungen verschoben, alle publikumsintensiven Orte an der Hochschule geschlossen und ein Großteil der Beschäftigten sei nun im Homeoffice. Trotz der schwierigen Umstände müsse man nun das Beste aus der Situation machen und neue Wege gehen, so Ihne: „Die Corona-Krise bietet auch Chancen, so zum Beispiel in der Digitalisierung der Lehre. Wir arbeiten daran, dass den Studierenden bereits vor dem 20. April digitale Lehrangebote bereitgestellt werden, die über das gesamte Semester hinweg verfügbar sind und eine hilfreiche Unterstützung für den Studienerfolg in diesem Semester bieten.“ Weitere Infos auf der Homepage der FH. (mdh)

www.h-brs.de

Und wie kommt das digitale Lehrangebot bei den Studierenden an? Viele seien beruhigt, dass es weitergeht, erklärt Buchholz. Eine Studierende sitze derzeit etwa in Südtirol fest und sei froh über die Gewissheit, dass das Sommersemester stattfindet. „Das muss momentan unser Hauptziel sein, wieder ein bisschen Normalität zu erreichen“, so die Professorin. Auch viele Kommilitonen von Rafaela Bohl sind zurzeit nicht in Rheinbach und froh darüber, dass sie jetzt etwas tun können, wie die 20-Jährige sagt. Auch wenn man sich erst auf die Online-Arbeit einstellen müsse.

Darin sieht Professorin Christine Buchholz die größte Herausforderung in der aktuellen Situation. „Diejenigen in höheren Semestern sind natürlich etwas routinierter in ihrem Lernverhalten, für Erstsemester ist das jetzt schwieriger, sich auf die digitale Lehre einzustellen.“ Rund 140 neue Studierende fangen laut Buchholz im Sommersemester im Wirtschaftsbereich an. Diese müsse man nun besonders abholen. „Man muss extrem darauf achten, dass sie nicht in ein reines Konsumverhalten verfallen, also nur zuhören statt auch mitzudenken. Die Gefahr ist in einer interaktiven Vorlesung natürlich weniger da.“ Ähnlich sieht das auch Rafaela Bohl: „Die Interaktion fehlt natürlich schon ein bisschen. Da muss man eine ganz andere Motivation haben, wenn die Vorlesung nur ein Video ist und nicht zu einer festen Zeit an einem bestimmten Ort stattfindet. Andererseits gibt es gerade natürlich auch nicht so viele andere Dinge, mit denen man sich beschäftigen und ablenken kann“, wie die 20-Jährige findet.

Alanus

Maßnahmen zum Umgang mit dem Coronavirus sind auch an der Alanus Hochschule in Alfter getroffen worden. Bereits seit Mitte März gilt ein Betretungsverbot für alle Räumlichkeiten der Hochschule. Der Beginn der Präsenzveranstaltungen ist auf den 20. April verschoben worden. Der Lehrbetrieb soll bis dahin aber in Form von digitalen Angeboten stattfinden. Prüfungen finden bis zum 19. April nicht statt, über Möglichkeiten von Online-Prüfungen müsse jeder Fachbereich selbst entscheiden.

Beratungsgespräche für Studieninteressierte können unter Tel. (0 22 22) 93 21-0 oder via E-Mail wahrgenommen werden. Wirtschaft: bis 29. Mai, Durchwahl 16 10, wirtschafts@alanus.edu; Architektur: bis 23. April, 16 00, architektur@alanus.edu; Eurythmie: bis 23. April, 12 75. Lehramt Kunst: bis 30. April, 15 48, lehramt-kunst@alanus.edu; Kindheitspädagogik: bis 30. April, 15 18 (Vollzeit) und 15 11 (Teilzeit), kindheitspaedagogik@alanus.edu; Pädagogik: bis 27. April, 15 45 (Pädagogik/Waldorfpädagogik) und 15 21 (Pädagogik/Praxisforschung), koordination.bildungswissenschaft@alanus.edu; Bildende Kunst: bis 20. April, simons.halfmayer@alanus.edu; Kunst-Pädagogik-Therapie: bis 30. April, 15 46, nils.kegler@alanus.edu. Darüber hinaus finden virtuelle Informationsvorträge statt. Weitere Infos dazu auf der Homepage der Hochschule. (mdh)

www.alanus.edu

Wann Rafaela Bohl ihre analoge Tutorinnen-Premiere geben kann, dass weiß auch Christine Buchholz derzeit nicht. Sie geht aktuell davon aus, dass die digitale Lehre auch nach dem 20. April weitergeht. „Wir stellen uns zumindest darauf ein und bereiten den Online-Stoff vorsichtshalber auch über diesen Zeitpunkt hinaus vor.“ Die Prüfungstermine im Juli sollen vorerst aber weiterhin Bestand haben. „Bis dahin hat sich die Lage vielleicht ja wieder verbessert“, hofft Buchholz.

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