Fitness-Check des ADACSeniorenforum empfiehlt Fahrcheck in Rheinbach

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Dr. Michael Vollert aus Rheinbach am Steuer seines VW Golf Sportsvan

Dr. Michael Vollert aus Rheinbach am Steuer seines VW Golf Sportsvan

Das Seniorenforum in Rheinbach wirbt für den Fahr-Fitness-Check des ADAC. Vorstandsmitglied Michael Vollert hat ihn an der Seite von Fahrlehrer Wilfried Rang absolviert. 

Die politische Diskussion über regelmäßige Fahrprüfungen für Senioren haben zu einer Zusammenarbeit des Vereins Rheinbacher Seniorenforum und der Fahrschule Rang geführt.  Den Fahr-Fitness-Check des Allgemeinen Deutschen Automobil-Clubs (ADAC) bietet Wilfried Rang zwar bereits seit etwa zehn Jahren an, doch derzeit gibt es einen regelrechten Boom für die freiwillige Überprüfung, und das Seniorenforum will dafür noch richtig die Werbetrommel rühren. Sein Vorstandsmitglied für die Öffentlichkeitsarbeit, Dr. Michael Vollert, war das Versuchskaninchen.

Der Proband

Wenn Michael Vollert aus Rheinbach sich mit seinen 85 Jahren ans Steuer seines schwarzen VW Sportsvan setzt, dann hat er kein schlechtes Gewissen. Ganz frisch hat sich der einstige Bundeswehroffizier einem Fahr-Fitness-Check an der Seite von Fahrlehrer Wilfried Rang unterzogen. „Und den habe ich mit Bravour bestanden.“

„Außer dass ich an einigen Stellen etwas zu schnell war, vielleicht“, schränkt Vollert ein, und altersbedingt reißt er beim Schulterblick auch nicht mehr den Kopf nach hinten wie ein junger Fahrschüler, was ihm natürlich Kritik einbrachte, weil die Warnlampe im Außenspiegel kein vollwertiger Ersatz ist. Und die neuen Verkehrsregeln? In die Fahrradstraßen, in die in Rheinbach nur Anlieger mit dem Auto fahren dürfen, sei er nicht hineingefahren: „Die kenne ich ja als überzeugter Fahrradfahrer! Auch wenn ich diese Sackgassen für ein Ärgernis halte.“

Seinen Führerschein - inzwischen in eine Plastikkarte umgetauscht - hat Vollert mit 20 Jahren gemacht, also vor 65 Jahren. Da war er schon bei der Bundeswehr, in Husum. In Rheinbach lebt er mit seiner Frau seit 30 Jahren. Sein erstes Auto? Das sei ein Fiat 500 gewesen, den er unwissentlich in Lila gekauft habe. „Der war so richtig lila, wie die bekannte Schokoladenverpackung“, beschwert sich seine Ehefrau auch Jahre später: „Damals wussten wir noch nicht, dass er farbenblind ist.“ Anschließend fuhr Vollert Käfer, wie seine Frau. Nur musste sie ihren nach der Heirat verkaufen, weil er mehr Kilometer runter hatte. 

Die Teilnahmebestätigung gibt Michael Vollert Sicherheit

Die Teilnahmebestätigung gibt Michael Vollert Sicherheit

Bei gemeinsamen Fahrten, etwa zu den Kindern in die Schweiz, fährt sie, er döst dann gern mit Zusatzkopfstützen auf der Beifahrerseite. „Ich bin der schlechtere Beifahrer“, sagt sie, er fühlt sich an ihrer Seite sicher. Das passt.

Unfallfrei ist Vollert nicht durchs Autofahrerleben gekommen. „1969 hatte ich einen schweren Unfall. Aber ohne Personenschaden. Da ist mir jemand draufgefahren.“ Ansonsten sei nichts Aufregendes passiert. „Wir wollen vom Vorstand aus, dass sich möglichst viele Senioren, die sich Gedanken machen, ob sie den Führerschein behalten sollen, für einen Fitness-Check entscheiden. Auch wegen der Seh- und Reaktionsfähigkeit.“ 

Der Fahrlehrer

Wilfried Rang, der dieses Jahr 58 Jahre alt wird, bietet den Fitness-Check seit etwa zehn Jahren an. „Beim Check geht es nicht darum, das Fahren zu untersagen. Die Leute werden doch immer älter, wollen mobil bleiben und sind im Beruf oder im Ehrenamt aktiv“, erklärt Rang. Er fände es gut, wenn der Check so normal wie eine Routineuntersuchung beim Hausarzt oder beim Augenarzt würde.

„Es geht darum, sich einem Profi anzuvertrauen, der mal drüber guckt. Da wird kein Wissen abgefragt.“ Die meisten Testkandidaten werden ihm vom ADAC vermittelt, zumal Rang dort als Moderator für Rheinbach und Swisttal registriert ist. In Bornheim gibt es zudem die Fahrschule Lambertz, die an dem Programm teilnimmt, in Meckenheim Franz Schulze, in Königswinter die Fahrschule Lehmacher.

Beim obligatorischen Vorgespräch erkundet Rang vor allem die Motivation. Überwiegend nähmen Männer teil: etwa im Verhältnis 65/35. Aber macht das sein Sohn, der auch Fahrlehrer ist, auch? „Nein, der ist noch recht jung. Wir haben da ja ein anderes Publikum, Menschen mit sehr viel Fahr- und Lebenserfahrung. Sie erzählen, von den vielen Kilometern, die sie schon absolviert haben. Das will ich auch nicht abwerten, das ist ja so.“

Der Test geht nach Erfahrung von Rang zu 99 Prozent positiv aus. Zweimal habe das Amtsgericht Brühl den Check allerdings auch zur Auflage gemacht, als es um unerlaubtes Entfernen vom Unfallort ging. Da sind die Bedingungen weit freundlicher als bei einer amtlichen Prüfung.  „Wenn das Straßenverkehrsamt eine Fahrprüfung anordnet, dann mit TÜV-Prüfer und Gutachter in einem fremden Auto“, sagt Rang. Er findet jedoch: „Das würde das Bild verfälschen.“

Beim Check geht es deshalb für die Senioren im eigenen Auto auf vertrauter Strecke auf Tour. „Ein ganz großer Teil der Teilnehmer besitzt ein Auto mit den heute üblichen Assistenzhilfen und kennt sich auch damit ganz gut aus. Ich kann dann aber doch noch den ein oder anderen Tipp geben.“ Dass jemand mit seinem 25 Jahre alten Ford Fiesta vorfährt, sei doch die absolute Ausnahme.

Senioren machen teilweise durch Bewegungseinschränkung den Schulterblick nicht. Wenn da aber was im Spiegel aufblinkt, dann gucken die auch richtig rum.
Wilfried Rang, Moderator des ADAC Fahr-Fitness-Checks für Rheinbach und Swisttal

Unter den Fahrassistenzsystemen ist der „Tote Winkel-Assistent“ für Rang „die wichtigste Hilfe“. „Senioren machen teilweise durch Bewegungseinschränkung den Schulterblick nicht. Wenn da aber was im Spiegel aufblinkt, dann gucken die auch richtig rum.“

Rang schaut sich auch immer den Führerschein an. Ohne gibt es keine Fahrt, und manchmal rät er dann auch, einen neuen zu beantragen. 45 Minuten ist zwar die vorgegebene Zeit. Doch die Fahrt wird meist länger. „Das entscheide ich nach Gefühl, zudem will ich bei einigen wissen, ob vielleicht nach 60 Minuten die Konzentration nachlässt.“ 

Die größten Probleme haben Senioren mit den neuen Verkehrsregeln. „Alle fahren in Rheinbach in die neue Fahrradstraße, wenn am Ende der  Schweigelstraße kein Parkplatz frei ist“, betont Rang: „Für meine Begriffe ist das vollkommen falsch beschildert, diese Regelung macht an dieser Stelle auch keinen Sinn. Aber darum geht es hier ja nicht, ich will den Senioren die Regeln vermitteln.“

Die Fahrten liefern jedoch für die Person am Steuer nicht immer die gewünschte Bestätigung. „Im vorigen Jahr hatte ich jemanden, der sorgte sich nach einer Unterschenkelamputation, ob er damit Autofahren könnte. Doch es zeigte sich: Die Prothese war nicht sein Problem, sondern tatsächlich das Alter. Er hat fast einen Senior am Zebrastreifen überfahren. Da hat nicht viel gefehlt.“

Es gibt aber auch Dinge, die Senioren fast alle besser machen als junge Autofahrer: „Senioren blinken noch, viele Jugendliche nicht. Sie fummeln auch nicht am Handy rum. Sie schnallen sich an und kennen die Regeln“, fasst Rang zusammen. „Sie erkennen auch sehr wohl die Probleme im Straßenverkehr.“ Rang findet die Fahrten auch unterhaltend und erfährt Dinge aus dem Straßenverkehr von früher. „In den Kreisel rein blinken, machen noch drei von zwei. Das dürfen sie in Deutschland aber nicht mehr.“ An einem Bus mit eingeschalteter Warnblinker rauchen viel vorbei, obwohl das lange schon anders vorgeschrieben ist.

Seine älteste Teilnehmerin war 97 Jahre alt und aus Bad Breisig: „Aber das ist schon lange her, vermutlich lebt sie gar nicht mehr.“

Wenn es mal im Check nicht funktioniert, zeigt Rang Alternativen zum Autofahren auf. Es gibt Seniorenfahrdienste und andere Möglichkeiten. Darum arbeitet er auch gerne mit dem Seniorenforum in Rheinbach zusammen. Es muss nicht so weit kommen, dass ein Autofahrer denkt, die Polizei hätte sich gegen ihn verschworen, nur weil er tatsächlich nicht mehr in der Lage ist, und einen Unfall baut. „Ich habe einen Kunden, der macht den Check jedes Jahr, so wie er auch regelmäßig zum Arzt geht. Und bei einem Ehepaar in Buschhoven gehört immer auch Kaffeetrinken mit zum Check.“

Und manchem nimmt der Check einfach unnötige Sorgen: „Voriges Jahr bin ich mit jemandem gefahren, der an Krebs erkrankt ist, aber mit seinem feuerroten Wohnmobil und der Frau noch einmal an die Mosel wollte. Und das funktionierte. Er konnte sich gut einschätzen, auch was den Bedarf an Pausen angeht. Er ist dann auch auf Tour gegangen.“ Rang: „Ich denke aber nicht, dass ich ihn noch mal sehen werde, wegen der Krankheit.“  

Der Check

Der Fahr-Fitness-Check des ADAC ist speziell für ältere Menschen gedacht, die regelmäßig Auto fahren und von einem qualifizierten Fahrlehrer eine Einschätzung ihrer momentanen Fähigkeiten wünschen. Selbstzweifel können einen Check ratsam machen. „Oder wenn jemand den Fahrstreifen nicht einhalten kann oder nicht mehr gerade parkt, dann besser checken lassen“, rät Rang. Der Fitness-Check ist auch für Menschen mit Handicap gedacht, etwa nach einem Schlaganfall. 

In der Regel dauert der Check 45 Minuten und kostet 95 Euro (ADAC-Mitglieder zahlen 75 Euro). Eventuell kostet eine weitere Anfahrt zusätzlich Geld. So nimmt Rang etwa, wenn er nach Kall im Kreis Euskirchen fährt, 30 Euro extra.

Die Statistik

Laut dem Statistischen Bundesamt haben im Jahr 2021 Menschen ab 65 Jahre 17,4 Prozent der Unfälle mit Personenschaden verschuldet, die von Pkw-Fahrern verursacht wurden. Also weniger Unfälle, als ihrem Bevölkerungsanteil von rund 22 Prozent entsprechen würde, hat der ADAC festgestellt. „Senioren sind zudem durch ihre erhöhte Anfälligkeit für Verletzungen eher Gefährdete als Gefährder“, sagt ADAC-Verkehrspsychologe Ulrich Chiellino. Dies betrifft die Teilnahme von Senioren am Straßenverkehr allgemein, also auch als Fußgänger oder Radfahrer. Mehr als jeder zweite (56 Prozent) tödlich Verunglückten ist 65 Jahre oder älter, hat der ADAC ermittelt.

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