In Bonn vor GerichtMann aus Ruppichteroth vergewaltigt Stieftochter – acht Jahre Haft

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Das Landgericht in Bonn 

Bonn/Ruppichteroth – Die Stille im Bonner Gerichtssaal war fast unerträglich, als die 8. Große Strafkammer in einem Missbrauchsfall das Urteil sprach: Acht Jahre Haft für einen 38-Jährigen aus Ruppichteroth. Er hatte seine damals neunjährige Stieftochter, die ihm seit ihrem dritten Lebensjahr anvertraut war, über fast 14 Monate missbraucht. Die Taten geschahen offenbar immer, wenn seine Ehefrau, mit der er noch eine gemeinsame jüngere Tochter hat, Schichtdienst hatte, vor allem an Wochenenden. Die 38-Jährige saß gestern als Nebenklägerin im Raum: Sie war ganz still, es liefen Tränen.

In der Urteilsbegründung zählte Kammervorsitzender Volker Kunkel in einer beklemmenden Auflistung Fall für Fall auf, insgesamt 13 belegte Übergriffe, davon allein zehn Vergewaltigungen. Er schilderte, wie der Angeklagte, ein arbeitsloser Müllwerker und Fernfahrer, für seine sexuellen Begierden ein raffinierte Drohkulisse aufbaute. So drohte er seiner Stieftochter unter anderem, ihren Hund zu vergiften oder ihr das Handy abzunehmen. „Das Mädchen hatte die Bedrohungen ernst genommen“, so Kunkel, „aus Angst vor Konsequenzen hat es sich nicht gewehrt.“

Mutter zeigte Ehemann wegen Vergewaltigung der Tochter an

Schließlich jedoch hielt das Kind es nicht mehr aus. Am Abend des 21. September 2021 hatte der Angeklagte erneut versucht, sie im Wohnzimmer zu missbrauchen. Seine Zigarettenpause nutzte sie zur Flucht: Sie weinte und offenbarte sich der Mutter, die bereits schlief und flehte sie an, die Polizei zu rufen. Dann versteckte sie sich unter dem Bett, aus Angst vor dem Stiefvater.

Die Mutter konfrontierte den 38-Jährigen, der alles bestritt. Das Kind würde lügen, es sei bösartig und zickig, man sollte es ins Heim stecken, soll er gesagt haben. Die Mutter jedoch glaubte ihrer Tochter; mit ihren beiden Kindern flüchtete sie nach Freiburg, wo die Schwiegermutter lebt und zeigte ihren Ehemann an.

Mann aus Ruppichteroth gab sexuellen Missbrauch vor Gericht nicht zu

Auch im Prozess hatte der Angeklagte kein gutes Haar an der Stieftochter gelassen und seine Taten nicht zugegeben. Als Begründung, warum das Mädchen die Geschichte erfinden sollte, vermutete er, dass es sich wohl rächen wollte, weil er es oft zu streng erzogen habe. Sein Verteidiger hatte entsprechend Freispruch gefordert.

Für die Bonner Richter jedoch war die Einlassung des Angeklagten eine „Schutzbehauptung, die wir nicht nachvollziehen können.“ Von der als Zeugin vernommenen Stieftochter, die heute elf Jahre alt ist, hatte die Kammer einen gänzlich anderen Eindruck: „Still, schüchtern, ängstlich, auch nachdenklich und sexuell völlig unbedarft.“

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Vier Mal habe sie ihre Geschichte erzählen müssen, zuletzt im Prozess. In allen vier Aussagen, so Kunkel, habe sie „das Kerngeschehen identisch“ erzählt. Für eine Elfjährige sei es nahezu unmöglich, ein solches Szenario zu entwerfen, wenn die Geschichten erfunden wären. „Wir haben selten eine so klare, überzeugende Aussage einer kindlichen Zeugin gehört. Sie hat die Geschichte so erzählt, wie sie passiert ist.“

Die Bonner Richter haben den Angeklagten zudem verurteilt, der missbrauchten Stieftochter 30.000 Euro Schmerzensgeld zu zahlen. Auch sämtliche zukünftigen, materiellen und immateriellen Schäden, die bei ihr noch entstehen könnten, muss er übernehmen.

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