Zehnjähriges BestehenNach Auflagen zum Start hat die Gesamtschule Eifel heute 700 Schüler

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Elisabeth Weißkopf zeigt die umweltfreundlichen Artikel, die aus alten Plakaten der Gesamtschule Eifel hergestellt wurden.

Upcycling: Elisabeth Weißkopf präsentiert Federmäppchen, Mappen und Taschen. Die haben Schülern in einem Workshop aus ausgedienten Schulplakaten hergestellt.

Zehn Jahre besteht die Gesamtschule Eifel. Das war nicht unbedingt zu erwarten. Doch jetzt wurde am Standort Blankenheim kräftig gefeiert.

Rückblicke gehörten auch zu dieser von den Abiturientinnen Anne Reetz und Luuxa Benitez-Weißkopf moderierten Jubiläumsfeier dazu. In diesem Fall schauten sie auf spannende Monate in den Jahren 2012 und 2013. Schon 2009 war die Idee aufgekommen, eine Gemeinschaftsschule für die Region zu gründen.

Das Schulmodell gibt es derzeit an die 20-mal im NRW. Nachdem man damit 2011 beim NRW-Bildungsministerium vorstellig geworden war, passierten seltsame Dinge: Die damalige Ministerin Sylvia Löhrmann sagte die Gründung zu. Mehr als 100 Anmeldegespräche mit Eltern wurden geführt – da zog das Ministerium die Zusage zurück. Eine Woche vor Beginn der Sommerferien 2011. 100 Eltern musste abgesagt werden.

Bedenkenträger und Skeptiker gab es vor der Gründung genug

Grund war unter anderem die Klageandrohung eines Gymnasiums aus dem Kreisgebiet. „Dazu gab es Bedenkenträger, Skeptiker und Menschen, die an alten Strukturen festhalten wollten“, fasste Bernd Herold, stellvertretender Schulpflegschaftsvorsitzender der Gesamtschule Eifel, die Stimmung der Kritiker zusammen.

Die Vertreter der Schulfamilie haben sich zum Gruppenfoto aufgestellt.

Vertreter der Schulfamilie: Landrat Markus Ramers (v.l.), Nettersheims Bürgermeister Norbert Crump, Amtskollegin Jennifer Meuren (Blankenheim), die Schulleitung mit Eva Balduin und Henning Schneider, die Gründerväter und Alt-Bürgermeister Wilfried Pracht und Rolf Hartmann sowie Ralf Schmitz, Vorsitzender des Schulzweckverbands.

Eine Gesamtschule gab es im Kreisgebiet vor zehn Jahren zwar schon in Weilerswist, in der Nordeifel war sie aber noch etwas Neues. Und ein Mitbewerber um die Schüler trat so auf den Plan. „Doch Rolf Hartmann und Wilfried Pracht haben immer gesagt: Wir sehen das als Gemeinschaftsaufgabe, wir lassen uns nicht auseinanderdividieren“, so Landrat Markus Ramers bezogen auf das, was folgte.

Dann sollte es eben eine Gesamtschule mit der Option von zwei Abschlüssen werden: dem nach der zehnten Klasse in der Sekundarstufe I (Klassen 5 bis 10) und dem Abitur nach Ende der Sekundarstufe II (11. bis 13. Klasse). Das sei, so die Verwaltungsjuristen in den Gemeinden, die den Beschulungsauftrag erhalten wollten, nicht beklagbar. Aber wäre es auch genehmigungsfähig bei der Aufsichtsbehörde, der Bezirksregierung Köln?

Blankenheimer und Nettersheimer ließen sich nicht beirren

Der Bedarf war ja gegeben: Die Schülerzahlen an den Hauptschulstandorten Blankenheim und Nettersheim gingen drastisch zurück, beide Schulgebäude waren sanierungsbedürftig, es gab Ausnahmegenehmigungen für den Schulbetrieb.

Die brauchte Johannes Mertens, Leiter der Realschule Blankenheim, zwar nicht. Aber er war bereit, seine Schule mit der neuen Gesamtschule Eifel zu fusionieren. Also machten sich Wilfried Pracht für die Gemeinde Nettersheim und Erwin Nelles, heute wie damals Allgemeiner Vertreter des Bürgermeisters, auf den Weg nach Köln.

Die entscheidende Auflage für den Start der Gesamtschule Eifel im Schuljahr 2013/14 war die Schülerzahl der ersten Klassen: 100 mussten es ausschließlich aus den Gemeinden Blankenheim und Nettersheim sein. Aus Dahlem kamen einige dazu.

Die Gesamtschule startete mit 116 Schülern und vier Klassenräumen

„Es waren sogar 116, dazu acht Lehrerinnen und Lehrer, die in vier Klassenräumen unterrichteten, dazu gab es ein Lehrerzimmer, wie man das damals nannte“, so Schulleiterin Eva Balduin. Sie und ihr Stellvertreter Henning Schneider besprachen „bei Kaffee und Kuchen“ (Balduin), wie die Idee einer guten Schule Realität werden könne.

Heute hat die Gesamtschule 700 Schüler an den Standorten Blankenheim und Nettersheim. 110 Lehrerinnen und Lehrer, Projektleiter sowie Mitarbeiter in der Verwaltung bilden das organisatorische Rückgrat der Schule, die jährlich gut 100 neue Schüler dazubekommt. Gerade wurde der zweite Abiturjahrgang verabschiedet.

Sechs Lehrerinnen und Lehrer sitzen mit Perücken auf einer Bank.

Den Sketch „Sechs auf der Bank“ hatten Schulleiter und Lehrer der Gesamtschule Eifel zum Festakt einstudiert.

„Das ist einfach ein tolles Beispiel, wie eine Schule an zwei Standorten in zwei Gemeinden in einem Schulzweckverband funktionieren kann“, betonte Ramers. Er verglich durchaus etwas gewagt den Mut und die Vision einer ersten Gesamtschule Eifel, die Hartmann, Pracht, Balduin und Schneider hatten – und die beiden Letztgenannten täglich noch haben – mit dem der Begründer der mittelalterlichen Dombauhütte am Kölner Dom: Die Überzeugung, dass ein für unmöglich gehaltenes Werk gelingen werde. Vollendet ist es noch nicht.

In Blankenheim und Nettersheim bislang 19 Millionen Euro investiert

Bislang elf Millionen Euro am Standort Blankenheim und acht in Nettersheim wurden investiert, so Blankenheim Bürgermeisterin Jennifer Meuren, die wie ihr Nettersheimer Amtskollege Norbert Crump das Projekt Gesamtschule Eifel auf der Trägerseite weiterführt. Und es muss weiter investiert werden. „Das wäre alles ohne die große Förderung seitens des Landes nicht möglich“, betonte Meuren.

Die Gesamtschule Eifel steht vor allem für Zusammenhalt, Toleranz, Inklusion und vieles mehr. „Zusammen sind wir groß und stark“, sangen Schüler das selbst komponierte Schullied. An der Schule sei „kein Platz für Rassismus“, urteilte Ramers und bezog das auf die grundsätzliche Haltung und nicht auf einen Projektwochentitel.

Zudem sei hier „Schule als Reallabor“ zu sehen. Von Anfang an haben Schüler und Eltern die Entwicklung ihrer Schule mitgestalten können. Die Schule sei international orientiert über das Erasmus-Programm der EU und auf dem Weg zur naturwissenschaftlich ausgerichteten MINT-Schule. Zudem besteht eine Kooperation mit dem Nationalpark Eifel und Vogelsang ip.

Das alles kommentierten „Sechs auf der Bank“, eine Senioren-Lehrer-Gang, bissig, aber nicht altersweise. Man sei offenbar „schon wieder am Feiern“, hieß es von der Bühne im Jahr 2063, in dem der Sketch spielte. Das Jahr, in dem die Gesamtschule Eifel ihr 50-jähriges Bestehen feiert.

Das mit dem Dauerfeiern-Vorwurf hatte aber durchaus seine Berechtigung: Nach dem Festakt war vor dem Nachmittagsprogramm und der abschließenden „Ehemaligenfeier“  mit der „Pauker-Band“ und DJ-Musik. Dass es eine solche Party einmal geben würde – mit dabei auch einige aus den beiden schon entlassenen Abi-Jahrgängen –, hätte vor 13 Jahren nicht jeder für möglich gehalten.

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