Naturschützer aus Rheinland-Pfalz klagen vor Bundesverwaltungsgericht in Leipzig gegen den A1-Weiterbau. Die Entscheidung soll am 18. November fallen.
A1-Weiterbau vor GerichtWird der Grauspecht das neue Haselhuhn der Eifel?

Wenn die A1 weitergebaut werden soll, rollen hier die Bagger: Für den Abschnitt von der Anschlussstelle Kelberg (im Bild) bis nach Adenau gibt es einen Planfeststellungsbeschluss. Gegen den hat der BUND allerdings Klage vor dem Bundesverwaltungsgericht Leipzig eingereicht.
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Vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat am Dienstag die mündliche Verhandlung über den geplanten Weiterbau der A1 in Rheinland-Pfalz begonnen. Es geht um den 10,5 Kilometer langen Abschnitt zwischen dem derzeitigen Autobahn-Ende bei Kelberg (Landkreis Vulkaneifel) und der Anschlussstelle Adenau.
Dem Thema Vogelschutz kommt dabei eine zentrale Bedeutung zu: Der Landesverband Rheinland-Pfalz des Bundes für Umwelt und Naturschutz in Deutschland (BUND) hat Klage gegen den Weiterbau der Eifel-Autobahn eingereicht, weil – so heißt es in der 500 Seiten starken Begründung unter anderem – die Auswirkungen auf bestehende Schutzgebiete nicht hinreichend untersucht worden seien.
Seltene Vogelart sorgte schon einmal für eine Verzögerung in der Eifel
Es gebe eine erhebliche Beeinträchtigung der Lebensräume zahlreicher Vogelarten, argumentierten die Klagevertreter in Leipzig. Konkret geht es um Arten wie den Grauspecht und den Schwarzstorch. Da werden zwangsläufig Erinnerungen an das Haselhuhn wach, das einst auf nordrhein-westfälischer Seite der A1-Lücke für eine Verzögerung der Trassenplanung bei Lommersdorf führte. Im Gegensatz zum seltenen Haselhuhn ist das Vorkommen des stark bedrohten Grauspechts und des seit den 1980er-Jahren wieder in der Eifel brütenden Schwarzstorchs jedoch hinlänglich dokumentiert.
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Man habe neben den bisherigen Brut- und Nahrungsräumen der Vögel auch Ausweichlebensräume ausgewiesen, betonte dagegen der Vertreter des vom Land Rheinland-Pfalz beauftragten Planungsbüros. Demnach verblieben auch nach der Realisierung der Baumaßnahme noch ausreichend Lebensräume für die Tiere.
Es gibt viele offene Fragen und ich habe den Eindruck, dass das Gericht die Verhandlung dazu nutzt, sich ein umfassendes Bild zu machen.
Die BUND-Landesvorsitzende Sabine Yacoub sieht ihre Position indes durch eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) bestätigt. Der Termin der mündlichen Verhandlung in Leipzig war zweimal bis in den November verschoben worden, um eine EuGH-Entscheidung abzuwarten. Ergebnis: Die Richter in Luxemburg sahen es als richtig an, dass die EU-Mitgliedsstaaten Vögel konsequenter schützen müssen, als sie es bislang getan haben. Dies gelte nicht nur für gefährdete, sondern für alle heimischen Wildvogelarten.
Bundesverkehrsminister sieht enorme Belastung für die Anwohner
„Das Thema Vogelschutz wird intensiv erörtert. Es gibt viele offene Fragen und ich habe den Eindruck, dass das Gericht die Verhandlung dazu nutzt, sich ein umfassendes Bild von den verschiedenen Argumenten zu machen“, sagte Yacoub in einer Verhandlungspause im Gespräch mit dieser Redaktion.
Der aus der Eifel stammende Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) hält den Lückenschluss an der Autobahn 1 in der Region für dringend erforderlich. Derzeit würden Ortsgemeinden und Städte – insbesondere im Landkreis Vulkaneifel – enorm von Schwerlastverkehr belastet, hatte der Politiker im Spätsommer bei einem Ortstermin am Autobahnende bei Kelberg erklärt.

Im Sommer kam Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) zu einem Ortstermin am Autobahnende bei Kelberg.
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Anwohner in Dreis-Brück in der Nähe von Daun hatten kürzlich zum wiederholten Mal gegen den stark zugenommenen Verkehr protestiert, der sich zwischen Tondorf und Kelberg verschiedene Routen sucht, um die 25 Kilometer lange Lücke im Autobahnnetz zu überwinden. Auch im unmittelbar ans Blankenheimer Gemeindegebiet angrenzenden Dorf Nohn (Verbandsgemeinde Gerolstein) ist die Zunahme des Durchgangsverkehrs tagtäglich zu erleben – mit allen negativen Auswirkungen wie Lärm und Dieselabgasen von Schwerlast-Brummis.
Gericht will Entscheidung in wenigen Wochen in Leipzig bekanntgeben
Sollte das Gericht die Klage der Naturschützer abweisen, würde Baurecht für den Abschnitt zwischen Kelberg und Adenau bestehen – es könnte also theoretisch mit dem Bau begonnen werden. Schnieder hatte erst vor wenigen Wochen erklärt, dass alle Autobahnprojekte, für die Baurecht bestehe, auch zeitnah begonnen werden sollen.
Der Bund geht derzeit von Gesamtkosten in Höhe von rund 730 Millionen Euro für die insgesamt drei Abschnitte zwischen dem rheinland-pfälzischen Kelberg und Blankenheim in Nordrhein-Westfalen aus.
Wenn das Gericht der Klage des BUND stattgebe, müsse die zuständige Autobahn GmbH des Bundes entscheiden, ob und gegebenenfalls wie eine Neuplanung des Projektes umgesetzt werden könnte, „oder ob die begrenzten Finanzmittel des Bundes nicht wesentlich dringlicher an anderer Stelle benötigt werden“, sagte Dirk Teßmer. Der Rechtsanwalt aus Frankfurt vertritt zusammen mit seinem Kollegen Tobias Kroll den BUND vor Gericht.
Eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts soll nach derzeitigem Stand am 18. November verkündet werden.
A1: Entwässerung wurde nach der Flut 2021 neu geplant
Defizite sehen die Kläger nicht nur beim Vogelschutz, sondern auch bei der Rückhaltung von Niederschlagswasser. Die Planungen für den Abschnitt Adenau-Kelberg hatten im Sommer 2021 schon kurz vor dem Abschluss gestanden. Dann wurde nach der Flutkatastrophe eine Überprüfung des Entwässerungsplans für den Ausbau neu angesetzt. In der Folge wurden unter anderem höhere Niederschlagswerte zugrunde gelegt und größere Regenrückhaltebecken entlang der A1 geplant.
Der Planfeststellungsbeschluss für den Abschnitt wurde dann im Juli 2023 erteilt. Zunächst hatten auch einige rheinland-pfälzische Ortsgemeinden gegen den Beschluss geklagt, die Klage dann aber wieder zurückgezogen.

