Krach am RingKonkurrenz durch neue Rennserie am Nürburgring – Fahrer sind auf Kollisionskurs

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Rennfahrer Alex Kroker steht in voller Montur mit dem Rücken zur Kamera in der fast leeren Boxengasse.

Steht er allein auf weiter Flur? Der Zülpicher Rennfahrer Alex Kroker steht der NES offen gegenüber.

Am Wochenende 22./23. März startet auf dem Nürburgring die neue Langstreckenserie. So äußern sich Fahrer aus dem Kreis Euskirchen darüber.

Der Deutsche Motorsportbund (DMSB) ruft zur Zusammenarbeit auf der Nordschleife auf. Der Deutsche Sportfahrerkreis (DSK) mahnt zu Vernunft und Verantwortung im Langstreckensport. Grund für diese Presseinformationen, die vermutlich nicht zufällig beinahe gleichzeitig am Montag versendet wurden, ist die neu entstandene Konkurrenz-Situation um die Langstreckenrennen auf dem Nürburgring. Neben der NLS (Nürburgring Langstreckenserie), deren erstes Rennen für den 6. April geplant ist, gibt es dieses Jahr erstmals die NES (Nürburgring Endurance Series), die am 22./23. März beginnt.

Welche Teams oder Fahrer dort antreten werden, ist noch nicht bekannt. „Da die Anmeldung bis Donnerstag vor der Veranstaltung offen ist, können wir dazu noch keine Aussagen treffen“, teilt René de Boer, Pressesprecher der NES mit. Und mit Humor fügt er an: „Das Auftaktwochenende findet auf jeden Fall statt. Sogar die langfristige Wetterprognose sagt keinen Schnee voraus, somit sollte es also klappen.“

Eintritt zur Auftaktveranstaltung der NES ist für die Besucher kostenlos

Die Vertragsbedingungen für die Durchführung von Langstreckenrennen auf dem Nürburgring habe die NES ordnungsgemäß und rechtzeitig erfüllt. Zum Kennenlernen sei der Eintritt für Besucher in alle geöffneten Zuschauerbereiche, ins Fahrerlager, auf allen geöffneten Tribünen und ins Motorsport-Erlebnismuseum Ring-Werk kostenlos. Auch Parkgebühren entfielen, so de Boer.

Ich bin sehr froh, dass sich niemand von der NES bei mir gemeldet hat. Vermutlich wäre mir vor Lachen das Handy aus der Hand gefallen. Und so ein iPhone ist teuer!
Björn Simon, Rennfahrer aus Weilerswist

Alle Teams und Fahrer, ganz gleich aus welcher Rennserie, seien willkommen. Nur die im NES-Reglement festgelegten Bedingungen müssten erfüllt werden. Fahrzeuge, die nach dem Reglement der NLS an den Start gingen, könnten ohne Änderungen auch bei der NES teilnehmen.

Ralph-Gerald Schlüter: NES sichert Langstreckensport auf Nordschleife

Forsch ist NES-Geschäftsführer Ralph-Gerald Schlüter: Die neue Serie sei eine Alternative, den Langstreckensport auf der Nordschleife langfristig zu sichern und die zuletzt negativen Entwicklungen schrittweise umzukehren. „Wir konzentrieren uns auf unsere Arbeit und bleiben fair.“ Man sei offen für Gespräche, um eine Koexistenz beider Langstreckenserien auf Basis von gegenseitigem Respekt zu ermöglichen, so Schlüter weiter.

Teams aus der Eifel hätten sich bei der NES bereits angemeldet, aus dem Kreis Euskirchen allerdings noch nicht. Einer, der dem ganzen offen gegenübersteht, ist der Rennfahrer Alex Kroker aus Zülpich. „Ich habe nichts gegen die Rennserie und hoffe, dass die Unruhen bald ein Ende haben, denn das macht den Sport am ehesten kaputt“, sagt er. Ob eine zweite Langstreckenserie nötig gewesen sei, spiele keine Rolle. „Ich kenne einige Teams, die in der NES starten werden. Auch ich betreue ein Kundenfahrzeug bei einzelnen Läufen“, teilt er mit.

Alex Kroker: Teams wollen durch Veranstaltungen Geld verdienen

Kroker sieht auch monetäre Gründe. „Die meisten Teams wollen durch die Veranstaltungen Geld verdienen. Deshalb wird vor allem kleineren Teams egal sein, in welcher der beiden Rennserien sie antreten. Der Endkunde freut sich auf ein cooles Event und ist heiß aufs Fahren. Die Strecke ist die gleiche.“

Björn Simon steht vor einem Fahrzeug und reckt den Daumen in die Höhe.

Björn Simon, hier beim 24-Stunden-Rennen 2023, ist ein Gegner der NES.

Bei Routinier Frank Stippler aus Bad Münstereifel ist die Lage noch unklar. „Es sind bei mir Einsätze auf der Nordschleife geplant. Wie die genau aussehen, ist durch die unübersichtliche Gesamtsituation noch nicht fixiert“, teilt er mit, ergänzt aber auch: „Ich finde es sehr schade, dass in Zeiten, in denen durch äußere Einflüsse genügend Herausforderungen für den Motorsport bestehen, nicht im Sinne des Sports gemeinsam an einem Strang gezogen wird.“

Sven Oepen und Björn Simon gehen mit NES hart ins Gericht

Klare Gegner der NES und ebenso klare Befürworter der NLS sind Sven Oepen aus Mechernich und Björn Simon aus Weilerswist. Letzterer gehört auch der Interessengemeinschaft Langstrecke Nürburgring an. Auf die Frage dieser Zeitung, ob schon jemand von der NES bei ihm angefragt habe, antwortete Simon: „Ich bin sehr froh, dass sich niemand von der NES bei mir gemeldet hat. Vermutlich wäre mir vor Lachen das Handy aus der Hand gefallen. Und so ein iPhone ist teuer!“ Bei der NES aktiv zu werden, sei „das Letzte, was mir einfallen würde“. Er geht davon aus, dass Fahrer, die bei der NES starten, am Nürburgring ihr Gesicht verlieren würden. „Und das zurecht!“, so Simon.

Was er von der NES hält, macht er auch deutlich: „Die alteingesessene NLS/VLN wird von der neu formierten NES in einen ruinösen Wettbewerb gedrängt.“ Die neue Serie sei „mit massiver Hilfe des aktuellen Nürburgring-Eigentümers aufgebaut worden. Der AvD ist der planlose Steigbügelhalter und ehemalige erfolglose Funktionäre der alten VLN-Welt sollen jetzt die neue Serie in die Zukunft führen“.

Dem neuen Eigentümer gehe es nicht um den Motorsport, sondern darum, möglichst alle Veranstaltungen am Ring künftig zu übernehmen und die anderen Veranstalter zu verdrängen. Innerhalb der NLS-Teams und der Sportwarte-Organisation gebe es eine sehr klare Haltung gegen die NES, so Simon, dessen eigene Teilnahme an der NLS derzeit nicht feststeht, was aber an anderen Faktoren liege.

„Der russische Eigner des Nürburgrings, ein gewisser Automobilclub und gewisse, am Nürburgring bekannte Einzelpersonen, versuchen eine Langstreckenserie, die es seit 1977 gibt und die seitdem allen Teams eine Plattform bietet und der Region viel gebracht hat, einfach abzuschaffen“, stößt Sven Oepen ins gleiche Horn. Es sei nun an den Fahrern, Teams, Fans und Streckenposten, der NES direkt beim ersten Lauf zu zeigen, „dass sie sich an dem Drops NLS verschlucken werden“. Als Fahrer habe man keine Möglichkeit gehabt, den Verkauf des Nürburgrings zu unterbinden. „Umso mehr freue ich mir, dass wir jetzt wenigstens gegen die Übernahme des Langstreckensports alle zusammen mit einem Boykott etwas bewirken können.“

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